Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Reparatur verhindert: Keine Ersatzvornahme erlaubt
Mieter lehnt Mangelbeseitigungsmaßnahme ab
08.02.2016 (GE 01/2016, S. 27) Wenn der Mieter gegen den Vermieter ein Urteil auf Mangelbeseitigung erstritten hat, kann er sich vom Gericht ermächtigen lassen, die Arbeiten selbst ausführen zu lassen und dafür auch Vorschuss vom Vermieter verlangen. Die 63. Kammer des Landgerichts Berlin hatte gemeint, das gelte auch dann, wenn der Mieter die Handwerker mehrfach nicht in die Wohnung eingelassen habe (GE 2012, 1170). Die 65. Kammer ist da – zu Recht – anderer Auffassung.
Der Fall

Der Vermieter war verurteilt worden, in der Dachgeschosswohnung der Mieterin einen Wärmeschutz anbringen zu lassen. Er hatte mehrfach einen Termin zur Mangelbeseitigung angeboten; die Mieterin ließ durch ihren Rechtsanwalt mitteilen, die Anbringung von Sonnenschutzfolien würde zu Nachteilen führen. Die Mieterin beantragte, sie zu ermächtigen, eine Wärmeschutzmaßnahme selbst herzustellen und verlangte Vorschusszahlung vom Vermieter. Dieser reichte Unterlagen ein, wonach die von ihm geplanten Maßnahmen den Regeln der Technik entsprachen. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg ermächtigte die Mieterin antragsgemäß und verpflichtete den Vermieter zur Zahlung eines Vorschusses. Die Beschwerde war erfolgreich.


Der Beschluss

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2015 verwies das Landgericht Berlin darauf, dass schon nach dem Wortlaut des § 887 ZPO eine Ermächtigung voraussetze, dass die titulierte Verpflichtung nicht erfüllt wurde. Hier habe dagegen die Mieterin die angebotene Erfüllung abgelehnt, die den Regeln der Technik entsprochen habe. Wie der Vermieter einen Mangel beseitige, sei in sein Ermessen gestellt; der Gläubiger könne nicht durch eigenes rechtsmissbräuchliches Verhalten im Zwangsvollstreckungsverfahren eine bestimmte Art und Weise der Mangelbeseitigung durchsetzen, auf die kein Anspruch bestehe. Die treuwidrige Verhinderung der Erfüllung der titulierten Verpflichtung schließe eine Ermächtigung nach § 887 ZPO aus.


Anmerkung

Der Beschluss der 63. Kammer (mit ablehnender Anmerkung von Beuermann, GE 2012, 1134) wird in ZPO-Kommentaren wie Musielak/Voit, 12. Auflage 2015 (Rn. 19 zu § 887), und Stürner in BeckOK, Stand 1. September 2015 (Rn. 23 zu § 887) zustimmend zitiert, obwohl die Begründung kaum tragfähig und die Rechtsprechungszitate nicht einschlägig waren (zustimmend auch AG Brandenburg, Beschluss vom 1. April 2015 - 34 C 195/11 - juris). Überzeugender ist der ausführlich begründete Beschluss der 65. Kammer.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 59 und in unserer Datenbank)


Links: