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Keine Lizenzgebühren für Weiterleitung im Kabelnetz
Ramses III: Gemeinschaftsantenne in Wohnanlagen

20.01.2016 (GE 24/2015, S. 1572) Ob bei einer Kabelweitersendung von über eine Gemeinschaftsantenne empfangenen Fernsehprogrammen zu den einzelnen Wohnungen eine urheberrechtliche Vergütung geschuldet wird, war bisher umstritten. Teilweise wurde angenommen, dass eine Vergütungspflicht nur dann entfällt, wenn die Empfänger persönlich verbunden sind, was bei einem Wohnhaus mit mehr als zehn Parteien ausscheide (VG Media GE 2013, 508). Der Bundesgerichtshof ist anderer Auffassung.
Der Fall: Beklagte war die Wohnungseigentümergemeinschaft eines Wohngebäudes namens „Ramses“ mit 343 Wohneinheiten. Die von einer Gemeinschaftsantenne empfangenen Fernsehprogramme wurden durch ein Kabelnetz in die einzelnen Wohnungen weitergeleitet. Die GEMA meinte, dafür seien Lizenzgebühren zu entrichten; die Klage war beim Landgericht München (GE 2014, 669) und OLG München (GE 2014, 1335) allerdings erfolglos. Dies wurde jetzt vom Bundesgerichtshof bestätigt.

Das Urteil: Der Bundesgerichtshof verwies darauf, dass keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes vorlag. Zwar liege eine Wiedergabe im Sinne des Gesetzes durch die Weiterleitung im Kabelnetz vor, und es handele sich auch um zwei unterschiedliche technische Verfahren, wenn das Antennensignal ins Kabel eingespeist werde. Auch sei das Merkmal der Weiterleitung an „recht viele Personen“ im Sinne der EU-Richtlinie bei 343 Wohnungen erfüllt.
Eine öffentliche Wiedergabe liege hier aber nicht vor, da die Empfänger eine „private Gruppe“ seien, anders als in einem Hotel, einer Gaststätte oder einer Kureinrichtung. Eine „persönliche Verbundenheit“ darüber hinaus sei nicht erforderlich. Mit der leitungsgebundenen Übertragung der Sendesignale werde kein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des EuGH erreicht. Unerheblich sei auch, dass ein Teil der Bewohner im Lauf des Jahres wechsele. Dass bei mehr als 75 Empfängern immer eine Öffentlichkeit vorliege, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zu berücksichtigen sei hier auch, dass die Weiterleitung nicht Erwerbszwecken diene; auf eine bessere Vermietbarkeit bei Bestehen eines Kabelanschlusses komme es nicht an. Die Rechtslage sei letztlich nicht anders, als wenn die Wohnungseigentümer zahlreiche Einzelantennen installierten und die Sendesignale über Kabel an ihre Wohnungen weiterleiteten.
Im Ergebnis leiteten also hier die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union sei nicht veranlasst, da die entscheidungserheblichen Fragen durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten seien.

Anmerkung der Redaktion: Das Ramses-Urteil ist ohne Weiteres auch auf Miethäuser zu übertragen, da auch die einzelnen Mieter eine „private Gruppe“ im Sinne der Entscheidung sind und der Vermieter bei der Weiterleitung durch das hauseigene Kabelnetz kein Entgelt außer den Betriebskosten für die Antennenanlage fordert. Die vielfach angenommen Grenze von 75 Wohneinheiten, mit der eine Vergütungspflicht beginnt (GE 2013, 507), gibt es nicht. Eine Vorlage an den EuGH war, anders als im Ersuchen des BGH vom 16. August 2012 (I ZR 44/10), hier auch nicht erforderlich, denn dort ging es um die Frage, ob die Betreiberin von Breitbandkabelanschlüssen mit Empfangsanlagen von etwa 9.000 Wohneinheiten lizenzpflichtig ist. Weil die Weiterleitung zu Erwerbszwecken erfolgte, war der Bundesgerichtshof in seinem Vorlagebeschluss grundsätzlich der Auffassung, dass es sich hier um eine öffentliche Wiedergabe handelte (Rn. 22). Die Vorlage hatte sich dann allerdings durch Rücknahme der Revision der Kabelanbieterin erledigt.
Bei Hausverteileranlagen für Miethäuser und WEG-Anlagen bleibt es also bei der schon in GE 2012, 177 ausgesprochenen Warnung, dass die Vereinbarung eines Urheberrechtsentgelts jedenfalls nicht auf den Mieter abgewälzt werden kann, da es sich um unnötige, dem Gebot der Wirtschaftlichkeit widersprechende Betriebskosten handelt.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1589 und in unserer Datenbank)


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