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Störung der Nachbarn
28.11.2000 (GE 21/2000, 1149) Psychisch kranker Hauseigentümer ärgert die Nachbarschaft
Ein Hauseigentümer terrorisierte die Nachbarschaft. Er lärmte tagsüber und auch nachts, indem er Gegenstände herumwarf, schrie, Selbstgespräche führte, Klopfgeräusche verursachte und das Radio laut laufen ließ. Er sprach teilweise wirres Zeug, schimpfte unflätig und hatte auch schon gedroht, die Häuser in der Nachbarschaft anzuzünden. Wenn der Eigentümer vor seinem Haus - meist mit nacktem Oberkörper - herumlief, traute sich eine Nachbarin nicht mehr aus dem Haus. Sie erhob deshalb Klage mit dem Ziel einer vollständigen Unterlassung der Wohnnutzung durch den Störer.
Grundsätzlich steht nun jedem Grundstückseigentümer gegen einen Störer in bezug auf Lärm- und sonstige Immissionen ein Unterlassungsanspruch insoweit zu, als er diese nicht zu dulden hat. Zu dulden hat er sie, soweit die Einwirkungen die Benutzung seines Grundstücks „nicht oder nur unwesentlich“ - wie es im Gesetz heißt - beeinträchtigt. Für die Frage, wann die Schwelle zur „Wesentlichkeit“ überschritten ist, ist nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr - wie bisher - das Empfinden eines „normalen“, sondern das eines „verständigen“ Durchschnittsmenschen maßgeblich. Nach dem Grundgesetz müssen Behinderte ein Leben frei von - vermeidbaren - Beschränkungen führen dürfen, was von Nachbarn ein erhöhtes Maß an Toleranz fordert. Die Grenze war nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 9. Juni 2000 - 14 U 19/99 - DWW 2000, 199 - noch nicht überschritten. Außerdem stand fest, daß die Krankheit des Störers behandelt werden konnte, die Klage wurde abgewiesen.
Autor: Dr. Franz Otto, Witten