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Keine Festungswand in offener Bauweise
Abriss verfügt

05.01.2016 (GE 22/2015, S. 1438) Eine zwischen Gartenzaun und Haus aufgestellte 30 m lange und 1,90 hohe schwarze undurchsichtige Metallwand zur Straße hin verstößt jedenfalls in einem Gebiet mit offener Bauweise gegen das Verunstaltungsgebot der Berliner Bauordnung.

Keine Festungswand in offener Bauweise

Der Fall: Der Kläger hatte auf seinem Grund- stück in Wannsee zur Straße hin hinter dem Gartenzaun eine„schwarze Wand” gebaut: 30 m lang, 5 cm dick, 1,90 m hoch, konstruiert aus geschlossenen, undurchsichtigen schwarzen Metallplatten. Das Bezirksamt hatte den Abriss verfügt, das VG Berlin hatte die dagegen gerichtete Klage des Grundstückseigentümers abgewiesen. Der Kläger wollte die Zulassung der Berufung zum OVG erreichen – ohne Erfolg.

Der Beschluss: Bauliche Anlagen dürfen nach § 9 Abs. 2 der Berliner Bauordnung (BauO Bln) das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten; eine ähnliche Bestimmung enthält auch § 8 Abs. 2 der Brandenburger Bauordnung (BbgBO). Eine Verunstaltung liegt vor, wenn eine bauliche Anlage deutlich im Widerspruch zu den die Umgebung bestimmenden Gestaltungsmerkmalen tritt. Bloße Unschönheit reicht dafür nicht aus, vielmehr muss ein „besonders gravierender Widerspruch zum Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild der Umgebung vorliegen.
Im vorliegenden Fall sei das aber gegeben. Nach dem geltenden Bebauungsplan sei eine offene Bauweise festgesetzt. Damit sei auch zugleich ein bestimmtes städtebauliches Erscheinungsbild des betreffenden Gebietes angestrebt: eine aufgelockerte Bebauung, in der die einzelnen Gebäude seitlich zu den Nachbargrundstücken und aufgrund der vorgeschriebenen zulässigen Bebauungstiefe oder Bebauungsgrenze auch von Freiflächen umgeben sind. Anders als in geschlossener Bauweise sollen nicht aneinander gebaute Gebäude dominieren, sondern eine ausgewogene Abfolge von Gebäuden und „prinzipiell einsehbaren begrünten Freiflächen”.
Damit sei – ebenso wie bei einer undurchsichtigen seitlichen Grundstückseinfriedung in Gebieten mit offener Bauweise – eine intransparente wandartige Abriegelung unvereinbar.
Nicht überzeugen ließ sich das OVG auch von dem Argument, dass die offene Bau- weise nur die Errichtung von Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand regele, es im konkreten Fall aber um eine zur Straße hin errichtete Wand gehe. Der maßgebliche Bebauungsplan kombiniere die offene Bau- weise mit einer festgesetzten Baugrenze, die in einigem Abstand straßenseitig parallel zur Straße verlaufe. Die festgesetzte vordere Baugrenze habe zur Folge, dass Gebäude und Gebäudeteile diese grundsätzlich nicht überschreiten dürfen mit der Konsequenz, dass auch straßenseitig eine mit Hauptanlagen (in diesem Fall der Metallmauer) nicht überbaubare Grundstücksfläche vorliege: Die auf der nicht überbaubaren Grundstücksfläche errichtete Wand habe eine Wirkung ähnlich wie die Außenwand eines Gebäudes unmittelbar an der Straße.
Das OVG weigerte sich auch, den Rechts- streit auszusetzen. Der Kläger hatte vor- getragen, dass ein vergleichbarer Fall aus Brandenburg in der Berufung beim OVG anhängig sei (OVG 10 B 2.13). Ausgesetzt werden könne nur, wenn u. a. die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von einem Rechtsverhältnis abhänge, das in einem anderen Verfahren Streitgegen- stand sei; nicht ausreichend sei es, wenn sich in dem anderen Verfahren lediglich die gleiche Rechtsfrage stelle.
Auch der Einwand, die Winterzeit sei nichts für einen Zaunabriss, stelle keinen Aussetzungsgrund dar.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1470 und in unserer Datenbank)


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