Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Videokamera am Einfamilienhaus
Europarechtlich nur eingeschränkt zulässig
09.11.2015 (GE 19/2015, S. 1197) Eine private Videoüberwachung soll Straftaten verhindern, muss dazu aber notwendigerweise Daten von möglicherweise unbeteiligten Dritten wiedergeben oder aufzeichnen. Das wäre problemlos möglich, wenn es sich um eine Datenverarbeitung handelt, die in Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union verneint.
Der Fall: Ein Hauseigentümer in Tschechien war seit Jahren Ziel eines unbekannten Angreifers, der auch mehrfach die Fenster eingeschlagen hatte. Nachdem eine Videokamera installiert worden war, die den Eingang des Hauses und den öffentlichen Straßenraum überwachte und die Daten aufzeichnete, wurden die Täter ermittelt und die Aufzeichnungen von dem Strafverfahren verwertet. Ein Angeklagter beantragte die Überprüfung der Rechtmäßigkeit beim tschechischen Amt für den Schutz personenbezogener Daten, das einen Gesetzesverstoß des Hauseigentümers feststellte. Im Rechtsmittelverfahren gegen diese Entscheidung legte das Tschechische Oberste Verwaltungsgericht dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob es sich hierbei um eine Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten gehandelt habe.

Das Urteil: Mit Urteil vom 11. Dezember 2014 verneinte der EuGH diese Frage, denn bei der Videoüberwachung mit Aufzeichnung von Personen auch auf einer kontinuierlichen Speichervorrichtung handele es sich um eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die nur ausnahmsweise eine Tätigkeit persönlicher oder familiärer Art sei. Damit seien nur Tätigkeiten wie der Schriftverkehr oder die Führung von Anschriftenverzeichnissen gemeint, die nebenbei auch das Privatleben anderer Personen betreffen oder betreffen könnten. Das treffe hier nicht zu, so dass grundsätzlich der Datenschutz eingreife. Dies schließe allerdings nicht aus, dass die berechtigten Interessen des Betroffenen – wie im Ausgangsverfahren – zu berücksichtigen seien, wenn es um den Schutz des Eigentums, der Gesundheit und des Lebens gehe.

Anmerkung der Redaktion: Die vom EuGH zitierte Richtlinie zu den berechtigten Interessen des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen betrifft
d) die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten ...

g) den Schutz der betroffenen Person und der Rechte und Freiheiten anderer Personen.
Das entspricht auch dem deutschen Recht, wonach eine Videoüberwachung grundsätzlich eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten darstellt und Ausnahmen sich auf das absolut Notwendige beschränken müssen. So hat der BGH (V ZR 220/12, Urteil vom 24. Mai 2013, GE 2013, 500) die Überwachung einer Wohnungseigentumsanlage mit einer Videokamera nur dann für zulässig angesehen, wenn ein berechtigtes Überwachungsinteresse der Gemeinschaft den Schutz der Privatsphäre überwiegt. Solche berechtigten Interessen können die Verhinderung von Straftaten sein, nicht aber die Verhinderung von vertragswidriger Nutzung durch einen Sondereigentümer.

(Den Wortlaut des Urteils finden in unserer Datenbank)


Links: