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Wenn Wohnungseigentümer ausgesperrt werden: Unwirksamkeit eines Sondernutzungsrechts
Einziger Zugang darf nicht durch fremde Wohnung führen
07.10.2015 (GE 17/2015, S. 1071) Ein zugunsten einer Wohnung begründetes Sondernutzungsrecht an einer Fläche des Gemeinschaftseigentums ist unwirksam, wenn die Sondernutzungsfläche den einzigen Zugang zu einer anderen Wohnung darstellt und den Eigentümer somit vom Betreten der einzigen Zugangsfläche zu seiner Wohnung ausschließt.
Der Fall: Die Beklagten sind die teilenden Eigentümer der Wohnanlage. Mit 4. Nachtrag zur Teilungserklärung begründeten sie ein Sondernutzungsrecht an einer Fläche des Gemeinschaftseigentums und wiesen dieses einer Wohnung zu. Die Sondernutzungsfläche bildet den einzigen Zugang zum Sondereigentum einer anderen Wohnung. Diese Wohnung veräußerten die Beklagten später an die Kläger. Diese begehren nun wiederum die Feststellung, dass der 4. Nachtrag zur Teilungserklärung unwirksam und das Sondernutzungsrecht daher nicht existent sei.
Die Entscheidung: Das Landgericht hält die Begründung des Sondernutzungsrechts für unwirksam. Zum unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums gehöre der freie Zugang zur Wohnung als Ausprägung sowohl des grundrechtlich verbürgten Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz als auch der grundrechtlich verbürgten UnverletzlichkeitderWohnungnachArt.13 Abs. 1 Grundgesetz. Ein Sondernutzungsrecht, das den Eigentümer einer Wohnung vom Betreten der einzigen Zugangsfläche zu seiner Wohnung ausschließt (weil das Sondernutzungsrecht einer anderen Wohnung zugeordnet ist), greife daher in den unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums ein.
Entgegen der Ansicht der Beklagten könne das Sondernutzungsrecht nicht – nach Treu und Glauben über den Wortlaut der Vereinbarung hinaus – so ausgelegt werden, dass der Sondernutzungsberechtigte den Klägern das Überqueren der Sondernutzungsfläche zum Zwecke des Erreichens ihrer Wohnung gestatten müsse. Diese Lösung trüge der Bedeutung des unantastbaren Kernbereichs des Wohnungseigentums nicht ausreichend Rechnung.
Anmerkung: Das LG München I grenzt sich mit seiner Entscheidung vom OLG Zweibrücken ab, das einen Fall zu entscheiden hatte, in dem das Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksfläche existierte, die zugleich als Zufahrt zu einer Garage diente. Nach Meinung des OLG Zweibrücken war das Sondernutzungsrecht wirksam begründet worden, allerdings mit der ungeschriebenen Maßgabe, dass der Sondernutzungsberechtigte dem Eigentümer der Garage ein Überqueren der Sondernutzungsfläche zu gewähren habe, wenn auf andere Weise ein Erreichen der Garage nicht möglich sei. Das LG München I hält beide Fälle für nicht vergleichbar, weil eine Wohnung regelmäßig den Mittelpunkt privater Lebensführung darstelle, was bei einer Garage nicht der Fall sei. Bei der Begründung des Sondernutzungsrechts hätte daher ausdrücklich geregelt werden müssen, dass es den Zugang zur Wohnung der Kläger unberührt lasse.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1106 und in unserer Datenbank)
Die Entscheidung: Das Landgericht hält die Begründung des Sondernutzungsrechts für unwirksam. Zum unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums gehöre der freie Zugang zur Wohnung als Ausprägung sowohl des grundrechtlich verbürgten Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz als auch der grundrechtlich verbürgten UnverletzlichkeitderWohnungnachArt.13 Abs. 1 Grundgesetz. Ein Sondernutzungsrecht, das den Eigentümer einer Wohnung vom Betreten der einzigen Zugangsfläche zu seiner Wohnung ausschließt (weil das Sondernutzungsrecht einer anderen Wohnung zugeordnet ist), greife daher in den unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums ein.
Entgegen der Ansicht der Beklagten könne das Sondernutzungsrecht nicht – nach Treu und Glauben über den Wortlaut der Vereinbarung hinaus – so ausgelegt werden, dass der Sondernutzungsberechtigte den Klägern das Überqueren der Sondernutzungsfläche zum Zwecke des Erreichens ihrer Wohnung gestatten müsse. Diese Lösung trüge der Bedeutung des unantastbaren Kernbereichs des Wohnungseigentums nicht ausreichend Rechnung.
Anmerkung: Das LG München I grenzt sich mit seiner Entscheidung vom OLG Zweibrücken ab, das einen Fall zu entscheiden hatte, in dem das Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksfläche existierte, die zugleich als Zufahrt zu einer Garage diente. Nach Meinung des OLG Zweibrücken war das Sondernutzungsrecht wirksam begründet worden, allerdings mit der ungeschriebenen Maßgabe, dass der Sondernutzungsberechtigte dem Eigentümer der Garage ein Überqueren der Sondernutzungsfläche zu gewähren habe, wenn auf andere Weise ein Erreichen der Garage nicht möglich sei. Das LG München I hält beide Fälle für nicht vergleichbar, weil eine Wohnung regelmäßig den Mittelpunkt privater Lebensführung darstelle, was bei einer Garage nicht der Fall sei. Bei der Begründung des Sondernutzungsrechts hätte daher ausdrücklich geregelt werden müssen, dass es den Zugang zur Wohnung der Kläger unberührt lasse.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1106 und in unserer Datenbank)
Autor: Dr. Egbert Kümmel, Kanzlei WIR Wanderer und Partner