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Keine Zuständigkeit der WEG-Gerichte im Streit um den Umfang des Sondereigentums
Wem gehört der Kellerraum?
25.09.2015 (GE 16/2015, S. 1009) Der Streit über die sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft – beispielsweise ein Streit um die in der Teilungserklärung vorgenommene Aufteilung eines Kellerraumes – gehört nicht zu den Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 WEG, sondern ist eine allgemeine Zivilsache. Dabei macht es keinen Unterschied, ob abstrakt über den Inhalt des Sondereigentums gestritten wird oder über die sich aus dem Sondereigentum ergebenden Herausgabeansprüche. Wird bei einer solchen Fallkonstellation gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung bei verschiedenen Gerichten eingelegt, handelt es sich dennoch um ein einheitliches Rechtsmittel, das nur verworfen werden darf, wenn keine der Einlegungen erfolgreich war, so der Bundesgerichtshof.
Der Fall: Zwei Eigentümer stritten um die in der Teilungserklärung vorgenommene Aufteilung eines Kellerraumes. Der Kläger verlangt vom Beklagten die Herausgabe eines größeren Teils eines Raumes im Keller der Wohnungseigentumsanlage, der ihm nach seiner Ansicht in der Teilungserklärung in diesem Umfang zusammen mit seinem Sondereigentum als Abstellraum zugewiesen ist. Der Beklagte beansprucht den gesamten Raum für sich und gewährt dem Kläger keinen Zugang.
Das AG hat den Beklagten zur Räumung und Herausgabe des beanspruchten Teils des Kellerraums verurteilt. Dagegen hat der Beklagte bei dem LG Wiesbaden Berufung eingelegt, die als unzulässig verworfen worden ist, weil die Berufung nicht fristgerecht bei dem speziell für Wohnungseigentumssachen zuständigen LG Frankfurt am Main eingelegt worden ist. Daraufhin hat der Beklagte Berufung beim Landgericht Frankfurt eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Diese Berufung ist ebenfalls als unzulässig verworfen worden. Gegen beide Beschlüsse möchte der Beklagte mit Rechtsbeschwerden beim BGH eine Sachentscheidung über seine Berufung erreichen.
Die Entscheidung: Beide Rechtsbeschwerden sind statthaft und auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung durch den BGH ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet.
Die Berufung des Beklagten durfte nicht verworfen werden, weil sie nämlich bei dem zuerst angerufenen LG Wiesbaden form- und fristgerecht eingelegt worden ist. Dieses LG ist auch für die Entscheidung über die Berufung zuständig, weil der Streit der Parteien keine Wohnungseigentumssache ist. Das Sondereigentum ist kein Recht aus dem Gemeinschaftsverhältnis, sondern Teil seiner sachenrechtlichen Grundlagen, der nicht zu den Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 WEG gehört, sondern eine allgemeine Zivilsachen ist (BGHZ 130, 159; vgl. auch BGH GE 2013, 491).
Anmerkung: Der BGH hält an seiner Entscheidung vom 30. Juni 1995 (BGHZ 130, 159) mit der lapidaren Erklärung fest, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu überdenken. Auch das als zweites angerufene, speziell für Wohnungseigentumssachen zuständige LG Frankfurt am Main war für die Entscheidung über die Berufung zwar nicht zuständig, durfte sie aber dennoch nicht verwerfen. Gegen das Urteil des AG gibt es nur ein einziges Rechtsmittel, nämlich die Berufung. Auch wenn dieses Rechtsmittel mehrmals bei verschiedenen Gerichten eingelegt wird, ändert sich nichts an seinem Charakter als einheitliches Rechtsmittel. Dieses darf nur verworfen werden, wenn keine der Einlegungen erfolgreich war. Das später angerufene Gericht muss vielmehr prüfen, ob eine frühere Einlegung der Berufung erfolgreich war. Vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die erste Einlegung der Berufung durfte es über die zweite Einlegung jedenfalls nicht entscheiden (BGHZ 45, 380).
Die Entscheidung hat ca. zwei Jahre beim BGH geschmort. Warum die Fachkompetenz der Wohnungseigentumsgerichte für den Streit über die sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vorzugswürdig wäre, erklärte BGH nur damit, dass er an seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 1995 festhalten wolle. Die Begründung läuft darauf hinaus, dass das Sondereigentum kein Recht aus dem Gemeinschaftsverhältnis ist, das erst in den §§ 10 ff. WEG geregelt ist, während die sachenrechtlichen Grundlagen in den §§ 2 ff. WEG festgelegt sind.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1037 und in unserer Datenbank)
Das AG hat den Beklagten zur Räumung und Herausgabe des beanspruchten Teils des Kellerraums verurteilt. Dagegen hat der Beklagte bei dem LG Wiesbaden Berufung eingelegt, die als unzulässig verworfen worden ist, weil die Berufung nicht fristgerecht bei dem speziell für Wohnungseigentumssachen zuständigen LG Frankfurt am Main eingelegt worden ist. Daraufhin hat der Beklagte Berufung beim Landgericht Frankfurt eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Diese Berufung ist ebenfalls als unzulässig verworfen worden. Gegen beide Beschlüsse möchte der Beklagte mit Rechtsbeschwerden beim BGH eine Sachentscheidung über seine Berufung erreichen.
Die Entscheidung: Beide Rechtsbeschwerden sind statthaft und auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung durch den BGH ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet.
Die Berufung des Beklagten durfte nicht verworfen werden, weil sie nämlich bei dem zuerst angerufenen LG Wiesbaden form- und fristgerecht eingelegt worden ist. Dieses LG ist auch für die Entscheidung über die Berufung zuständig, weil der Streit der Parteien keine Wohnungseigentumssache ist. Das Sondereigentum ist kein Recht aus dem Gemeinschaftsverhältnis, sondern Teil seiner sachenrechtlichen Grundlagen, der nicht zu den Wohnungseigentumssachen nach § 43 Nr. 1 WEG gehört, sondern eine allgemeine Zivilsachen ist (BGHZ 130, 159; vgl. auch BGH GE 2013, 491).
Anmerkung: Der BGH hält an seiner Entscheidung vom 30. Juni 1995 (BGHZ 130, 159) mit der lapidaren Erklärung fest, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu überdenken. Auch das als zweites angerufene, speziell für Wohnungseigentumssachen zuständige LG Frankfurt am Main war für die Entscheidung über die Berufung zwar nicht zuständig, durfte sie aber dennoch nicht verwerfen. Gegen das Urteil des AG gibt es nur ein einziges Rechtsmittel, nämlich die Berufung. Auch wenn dieses Rechtsmittel mehrmals bei verschiedenen Gerichten eingelegt wird, ändert sich nichts an seinem Charakter als einheitliches Rechtsmittel. Dieses darf nur verworfen werden, wenn keine der Einlegungen erfolgreich war. Das später angerufene Gericht muss vielmehr prüfen, ob eine frühere Einlegung der Berufung erfolgreich war. Vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die erste Einlegung der Berufung durfte es über die zweite Einlegung jedenfalls nicht entscheiden (BGHZ 45, 380).
Die Entscheidung hat ca. zwei Jahre beim BGH geschmort. Warum die Fachkompetenz der Wohnungseigentumsgerichte für den Streit über die sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vorzugswürdig wäre, erklärte BGH nur damit, dass er an seiner Rechtsprechung aus dem Jahr 1995 festhalten wolle. Die Begründung läuft darauf hinaus, dass das Sondereigentum kein Recht aus dem Gemeinschaftsverhältnis ist, das erst in den §§ 10 ff. WEG geregelt ist, während die sachenrechtlichen Grundlagen in den §§ 2 ff. WEG festgelegt sind.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 1037 und in unserer Datenbank)
Autor: VRiKG a.D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner
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