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Massenhaft gefährdete Zauneidechsen
Namen & Nachrichten
29.07.2015 (GE 12/2015, S. 743) Die Deutsche Bahn wollte den Rangierbahnhof Schöneweide, eine gut 40 Hektar große Brache mit vor sich hin rottenden Bahnschwellen, Schotterflächen und mittendrin sprießendem Grün vermarkten, weil das Gelände zum Bahnbetrieb nicht mehr benötigt wird.
Was bei der Vermarktung – dort sollte ein Gewerbegebiet entstehen – störte, waren Zauneidechsen, angeblich seltene Tierchen, die umgesiedelt werden mussten. Man fand ein Ausweichquartier in Fredersdorf und begann mit der Umsiedlung der 1.700 (!) „seltenen“ Echsen, doch der NABU stoppte die Aktion, weil in Fredersdorf bereits so viele der seltenen Zauneidechsen leben, dass es bei einer so großen Zahl von Neuankömmlingen zu – so der NABU – Konflikten gekommen wäre. Man lernt: Gentrifizierung lauert überall. Wenn wir schon beim NABU sind, ist vielleicht auch das eine Nachricht: Der für ein paar hunderttausend Euro gegen heftigen Anwohnerprotest angelegte Krötentümpel nahe dem Forsthaus
Tegel hat nicht einmal ein halbes Jahr
das Wasser gehalten. Der Tümpel sollte den Kröten aus dem Fließ als Ersatzlaichgebiet angedient werden. Die Tierchen wandern seit ewigen Zeiten aus dem Fließ über den Hermsdorfer Damm in den nahegelegenen Wald, um sich fortzupflanzen – oft genug kamen sie dabei im Wortsinn unter die Räder. Deshalb wurde vor Jahren ein Abfangzaun am Tegeler Fließ errichtet, und NABU-Aktivisten sammelten die Kröten eimerweise ein und brachten sie in den Wald. Weil das
für die Helfer im NABU-Krötenteam selbst gefährlich war, wurde die Hilfsaktion eingestellt – im Gegenzug spendierte das Bezirksamt einen vom NABU geplanten, sündteuren Teich, wo die Kröten hätten laichen sollen. Kalkül: Der geschlüpfte Nachwuchs hätte den Froschtümpel im Tegeler Forst als neue Heimat anstelle des Fließes akzeptiert und nicht mehr über den Hermsdorfer Damm wandern müssen. Doch kaum war der Tümpel mit Wasser gefüllt, konnten Anwohner zusehen, wie das Wasser wieder daraus entwich. Eingriffe in die Natur, auch gut gemeinte, sind am Ende unkalkulierbar. Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass wir Glück hatten, dass es den NABU nicht schon zu Zeiten des Tyrannosaurus rex gegeben hat, sonst stünden wir heute auf dessen Speisezettel.