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Unklare Abwälzung führt zur Bruttomiete
Betriebskostenvereinbarung im Mietvertrag nicht eindeutig
29.04.2015 (GE 6/2015, S. 356) Ist im Mietvertrag die Vereinbarung „in der Miete sind die Betriebskosten enthalten/nicht enthalten” nicht durch Ausstreichen verdeutlicht, handelt es sich um eine Bruttowarmmiete, die sämtliche Betriebskosten einschließlich der Heiz- und Warmwasserkosten enthält.
Der Fall: Die Parteien vereinbarten im Mietvertrag „in der Miete sind die Betriebskosten enthalten/nicht enthalten”.
Der Vermieter verlangte die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung, was in erster Instanz erfolglos blieb. Dagegen legte der Vermieter Berufung ein und verlangte neben der Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete eine Vereinbarung über die Tragung und Abrechnung der Heizkosten.

Das Urteil: Die Berufung hatte Erfolg. Nach Ansicht der Einzelrichterin der ZK 67 des LG Berlin war das Mieterhöhungsverlangen formell wirksam, da der Vermieter von der bislang geschuldeten Inklusivmiete die Betriebskosten abgezogen habe. Da die Parteien als Miete einen Gesamtbetrag ausgewiesen hätten, sei eine Inklusivmiete vereinbart worden. Aus der Vereinbarung, wonach die Betriebskosten „in der Miete ... enthalten/nicht enthalten” seien, ergebe sich nichts anderes. Hier seien auch die Heiz- und Warmwasserkosten nicht gesondert abzurechnen gewesen, da gem. § 2 HeizkV die HeizkV auf die Wohnung in einem Gebäude mit nur zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter bewohnte, keine Anwendung finde.

Anmerkung: Haben die Parteien einen bestimmten Betrag als Miete vereinbart, ohne die Umlage von Betriebskosten und Vorschüssen zu vereinbaren, ist im Zweifel von der gesetzlichen Miete auszugehen, die eine Bruttomiete ist.
Soweit die Betriebskosten – wie im Regelfall – formularmäßig vereinbart werden, muss dies eindeutig sein. Unklarheiten gehen zu Lasten des Vermieters (§ 305 c). So, wenn die Vereinbarung „in der Miete sind die Betriebskosten enthalten/nicht enthalten” nicht durch Ausstreichen verdeutlicht wird. Sind formularmäßig nur die „folgenden Betriebskosten gem. § 2 BetrKV von dem Mieter zu tragen“, die aber nicht definiert sind (LG Berlin, urteil vom 12. April 2002, 65 T 1902, GE 2002, 1063), oder von denen nur einzelne Arten aufgeführt sind, liegt keine wirksame
Überwälzung vor (Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 50 m.w.N.).
Hat der Mieter nach dem Vertrag nur die „nachstehenden Nebenkosten“ zu tragen, und sind in der Spalte für die „nachstehenden Vorschüsse“ diese nur für einige Betriebskostenarten betragsmäßig ausgewiesen, sind auch nur diese auf den Mieter abgewälzt (LG Berlin, urteil vom 3. Dezember 2002, 64 S 241/02). Eine derartige Klausel verpflichtet den Mieter daher nicht, sämtliche Betriebskosten aus § 2 BetrKV zu tragen, sondern nur die im Einzelnen aufgeführten (Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 51 m.w.N.).
Sind im Vertrag zwar alle Betriebskostenarten des § 2 BetrKV im Einzelnen aufgeführt – ohne generellen Hinweis, dass der Mieter die Kosten gem. § 2 BetrKV zu tragen hat –, jedoch nur einzelne durch Ankreuzen hervorgehoben, sind auch nur die angekreuzten umlagefähig (Schmidt-Futterer/ Langenberg, § 556 BGB Rn. 51; LG Frankfurt/ Main, urteil vom 30. August 1985, 2/17 S 178/85, WuM 1986, 93 [LS]; Staudinger/ Weitemeyer, § 556 Rn. 51).
Sind in den nach den einzelnen Betriebskostenarten vorgesehenen Rubriken überhaupt keine Betriebskosten angekreuzt, hat der Mieter neben der Miete überhaupt keine Betriebskosten zu tragen.
Die Vereinbarung einer derartigen Bruttomiete für preisfreien Wohnraum ist grundsätzlich nur für die sog. „kalten Betriebskosten“ zulässig. Soweit über die Heiz- und Warmwasserkosten verbrauchsabhängig nach der HeizkostenV abzurechnen ist, was grundsätzlich der Fall ist, sind Bruttowarmmieten unzulässig (BGH, urteil vom 19. Juli 2006, VIII ZR 212/05, GE 2006, 1094; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 Rn. 14, 15). Hier war aber die Abrechnung nach § 2 HeizkostenV entbehrlich (s. o.). Die in der Bruttowarmmiete enthaltene Pauschale für verbrauchsabhängig abzurechnende Heiz- und/oder Warmwasserkosten brauchte daher nicht – wie sonst – in einen Vorschuss für diese „warmen Betriebskosten“ umgewandelt zu werden (vgl. dazu BGH, urteil vom 19. Juli 2006, VIII ZR 212/05, aaO.; Langenberg, Betriebskostenrecht, B. III. Rn. 11).


(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 387 und in unserer Datenbank)
Autor: Harald Kinne


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