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Urteil unvollständig: Kein grobes Verschulden
Kostenbelastung des Verwalters
20.03.2015 (GE 4/2015, S. 229) Beruht die fehlerhafte Einschätzung einer baulichen Veränderung auf einem unvollständigen Hinweis in einem früheren Urteil, kann dies dem Verwalter nicht als grobes Verschulden bei einer nachgeholten Beschlussfassung angerechnet werden.
Der Fall: In einem Vorprozess wird eine Jahresabrechnung z.T. für ungültig erklärt, weil eine abgerechnete Sanierungsmaßnahme nicht durch einen Mehrheitsbeschluss gedeckt war. Der Verwalter lässt den Mehrheitsbeschluss mit nur einfacher Mehrheit nachholen, obwohl ein Holz-Jägerzaun durch einen Metallgitterzaun ersetzt worden war. Dieser Mehrheitsbeschluss wird auf Anfechtung für ungültig erklärt, weil es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung gehandelt hat, die Zustimmung aller Wohnungseigentümer braucht.

Die Entscheidung: Eine Kostenbelastung des Verwalters nach § 49 Abs. 2 WEG wird abgelehnt: Der Austausch des Jägerzauns durch einen Metallgitterzaun ist eine bauliche Veränderung, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedurft hätte. Eine Modernisierung i. S. von § 22 Abs. 2 WEG liegt auch nicht vor. Jede optische Beeinträchtigung geht grundsätzlich über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus (KG, NJW-RR 1992, 1232). Dass für den Zaunaustausch die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich war, ist aber für den Verwalter nicht so offensichtlich gewesen, dass ihm grobes Verschulden vorgeworfen werden kann. Im Vorprozess (über die Teilungültigkeit der Jahresabrechnung) ist der Verwalter zwar darauf hingewiesen worden, dass der Zaunaustausch einen Beschluss erforderte, nicht jedoch darauf, dass er einstimmig sein müsse.

Anmerkung: Die Entscheidung ist vertretbar. An sich hätte der Verwalter sich bei der erheblichen baulichen Umgestaltung der Zaunanlage selbst darüber Gedanken machen müssen, ob eine bauliche Veränderung anzunehmen ist, was nicht ganz fern lag. Das AG hat aber selbst die Verantwortung übernommen, nämlich dass der Hinweis in dem früheren Urteil nicht vollständig genug war (vgl. zur nicht „schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung“ auch LG Berlin, GE 2015, 132).

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 263 und in unserer Datenbank)
Autor: VRiKG a.D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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