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Schuldzinsenabzug bei einem Darlehen für die Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes
09.10.2000 (GE 4/2000, 272) BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 - IX R 44/95 -, - IX R 19/96 -, - IX R 29/96 - (BStBl. 1999 II S. 676, 678 und 680) Mit o. a. Urteilen hat der BFH zum Schuldzinsenabzug bei einem Darlehen für die Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes Stellung genommen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Urteilsgrundsätze wie folgt Stellung:
Ein Bauherr, der ein teilweise vermietetes und teilweise selbstgenutztes Gebäude mit Eigenmitteln und Fremdmitteln finanziert, kann Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, soweit er das Darlehen tatsächlich zur Finanzierung der Herstellung des vermieteten Gebäudeteils verwendet.
Voraussetzung für den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten ist zunächst, daß die Herstellungskosten den Gebäudeteilen, die jeweils eigenständige Wirtschaftsgüter bilden, zugeordnet werden. Dabei sind zwei Zuordnungsformen zu unterscheiden:

1. Gesondert auszuweisen sind die in Rechnung gestellten Entgelte für Lieferung und Leistungen, die ausschließlich einen bestimmten Gebäudeteil (z. B. fremdgenutzte Wohnung/Doppelhaushälfte) betreffen (z. B. Aufwendungen für Bodenbeläge, Malerarbeiten oder Sanitärinstallationen in der einzelnen Wohnung). Diese Aufwendungen müssen entweder durch den oder die Unternehmer gesondert abgerechnet oder durch den Steuerpflichtigen in einer gleichartigen Aufstellung gesondert ausgewiesen werden.

2. Kosten, die das Gesamtgebäude (z. B. für den Aushub der Baugrube, den Rohbau, die Dacheindeckung, den Außenanstrich) betreffen, sind den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen auch weiterhin anteilig zuzuordnen. Rechnet der Steuerpflichtige die Kosten für die Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich ab, ist auch künftig nur eine anteilige Zuordnung möglich. Aus diesen Zuordnungsformen folgt für den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten:

1. Bei gesondert zugeordneten Entgelten für Lieferungen und Leistungen ist ein Schuldzinsenabzug in vollem Umfang möglich, wenn die gesondert zugeordneten Entgelte auch tatsächlich mit Darlehensmitteln bezahlt worden sind. Hiervon ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige ein Baukonto ausschließlich mit Darlehensmitteln ausstattet und die Zahlungen zu Lasten dieses Kontos ergehen. Versäumt es der Steuerpflichtige, die den unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen gesondert zugeordneten Aufwendungen getrennt mit Eigen-/Darlehensmitteln zu finanzieren, sind die Schuldzinsen nach dem Verhältnis der Baukosten der einzelnen Gebäudeteile schätzungsweise aufzuteilen.

2. Sind die Herstellungskosten nicht gesondert, sondern nur anteilig im Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen zuzuordnen, ist eine direkte Zuordnung der eingesetzten Fremdmittel nicht zulässig. Typisierend ist vielmehr davon auszugehen, daß die Eigen- und Fremdmittel auch tatsächlich nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen verwendet worden sind.

Beispiel 1: A errichtet ein Zweifamilienhaus mit zwei gleich großen Wohnungen, von denen er eine selbst nutzen, die andere vermieten will. Die Herstellungskosten des Gebäudes betragen insgesamt 800.000 DM. Davon entfallen auf das Gesamtgebäude 550.000 DM (Baugrube, Rohbau, Dach etc.). Die restlichen 250.000 DM entfallen zu 150.000 DM auf die selbst zu nutzende Wohnung und zu 100.000 DM auf die zur Vermietung vorgesehene Wohnung. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die ausschließlich für den sog. Innenausbau des jeweiligen Gebäudeteils angefallen sind. A hat mit den beteiligten Unternehmen eine wohnungsbezogene, getrennte Abrechnung dieser Kosten vereinbart.

A hat das Zweifamilienhaus je zur Hälfte mit Eigen- und Fremdmitteln finanziert. 100.000 DM des Darlehensbetrags werden einem gesonderten Konto gutgeschrieben, von dem A die der vermieteten Wohnung gesondert zugeordneten Kosten bezahlt. Der restliche Betrag wird seinem Girokonto gutgeschrieben, von dem er die übrigen Baukosten begleicht.
Von den in 1999 gezahlten Schuldzinsen i. H. v. 30.000 DM kann A als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen: Die Darlehensmittel von 400.000 DM hat A in Höhe von 100.000 DM zur Finanzierung der zur Vermietung vorgesehenen Wohnung verwendet. Die darauf entfallenden Schuldzinsen i. H. v. 7.500 DM (25 % von 30.000 DM) kann er in vollem Umfang als Werbungskosten abziehen. Die restlichen Schuldzinsen von 22.500 DM entfallen zu 17.681 DM
550.000 DM x 22.500 DM
700.000 DM
auf die Gesamtgebäudekosten und zu 4.819 DM
150.000 DM x 22.500 DM
700.000 DM
auf die Innenausbaukosten der selbstgenutzten Wohnung. Die auf die Gesamtgebäudekosten entfallenden Schuldzinsen kann A entsprechend dem Nutzflächenverhältnis der beiden Wohnungen zur Hälfte (= 8.841 DM) abziehen. Insgesamt ist demnach ein Schuldzinsenabzug von 16.341 DM (= 54 %) möglich.

Beispiel 2: Wie Beispiel 1, jedoch zahlt A die Innenausbaukosten der selbstgenutzten Wohnung von einem weiteren Konto, das er nur mit Eigenmitteln ausgestattet hat. Die auf die Innenausbaukosten der vermieteten Wohnung entfallenden Schuldzinsen i. H. v. 7.500 DM kann A wie in Beispiel 1 in vollem Umfang als Werbungskosten abziehen.
Die restlichen Schuldzinsen von 22.500 DM entfallen in voller Höhe auf die Gesamtgebäudekosten, so daß A sie entsprechend dem Nutzflächenverhältnis der beiden Wohnungen zur Hälfte (= 11.250 DM) abziehen kann. Insgesamt ist demnach ein Schuldzinsenabzug von 18.750 DM (= 62,5 %) möglich.

Beispiel 3: Wie Beispiel 1, jedoch wird das Darlehen in voller Höhe dem Girokonto gutgeschrieben, von dem A die gesamten Herstellungskosten - auch die Innenausbaukosten der vermieteten Wohnung - bezahlt. Von den Schuldzinsen i. H. v. 30.000 DM entfallen 20.625 DM
550.000 DM x 30.000 DM
800.000 DM
auf die Gesamtgebäudekosten und 9.375 DM
250.000 DM x 30.000 DM
800.000 DM
auf die Innenausbaukosten der beiden Wohnungen.
Die auf die Gesamtgebäudekosten entfallenden Schuldzinsen kann A entsprechend dem Nutzflächenverhältnis der beiden Wohnungen zur Hälfte (= 10.312 DM) abziehen. Von den auf die Innenausbaukosten entfallenden Schuldzinsen sind entsprechend dem Verhältnis der Innenausbaukosten der beiden Wohnungen für die vermietete Wohnung 3.750 DM
100.000 DM x 9.375 DM
250.000 DM
abziehbar. Insgesamt kann A demnach Schuldzinsen i. H. v. 14. 062 DM (= 46,9 %) abziehen.

Beispiel 4: Wie Beispiel 1, jedoch hat A die Herstellungskosten des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet, ohne die auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Aufwendungen gesondert auszuweisen. A kann Schuldzinsen i. H. v. 15.000 DM (= 50 %) abziehen.
Die vorstehenden Grundsätze sind auch anwendbar bei einem vom Steuerpflichtigen beruflich genutzten häuslichen Arbeitszimmer, das als selbständiger Gebäudeteil zu behandeln ist. Die vom Steuerpflichtigen vorgenommene tatsächliche Zuordnung von Darlehen bleibt auch maßgebend, wenn er später die vormals selbstgenutzte Wohnung vermietet.
In Erwerbsfällen finden die vorstehenden Grundsätze keine Anwendung. Bei Erwerb eines Gebäudes kann der Steuerpflichtige wie bisher Schuldzinsen nur anteilig im Verhältnis der fremdvermieteten zur selbstgenutzten Wohn-/Nutzfläche des Gebäudes abziehen.

Anmerkung: vgl. auch OFD Rostock GE 23/1999, Seite 1562.