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Haftung wegen unzureichender Baumkontrolle
Ast beschädigt Pkw – Gemeinde haftet
04.03.2015 (GE 3/2015, S. 158) Eine Gemeinde schuldet dem Halter eines durch einen herabstürzenden Ast beschädigten Pkw Schadensersatz, wenn sie eine ausreichende Stabilitätskontrolle des Baumes versäumt hat, so das OLG Hamm.
Der Fall: Der Kläger parkte im Mai 2012 seinen Pkw in einer Parkbucht auf einer Straße in Dortmund. Im Verlauf des Tages brach ein Ast von der am Straßenrand stehenden Linde ab und beschädigte das Dach des klägerischen Pkw. Der Kläger hat von der beklagten Stadt ca. 4.700 € Schadensersatz verlangt, weil diese ihre Verkehrssicherungspflichten durch unzureichende Baumkontrolle verletzt habe. Die Beklagte hat die bei dem Baum zweimal im Jahr durchgeführte Sichtkontrolle für ausreichend gehalten. Die Klage hatte Erfolg.

Das Urteil: Das OLG Hamm hat – sachverständig beraten – eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der beklagten Stadt festgestellt und sie antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte habe gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen, weil sie die Stabilität des Baumes unzureichend kontrolliert habe.
Zur Abwehr der von Bäumen ausgehenden Gefahren habe eine Stadt diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zum Schutz gegen Astbruch und Windwurf erforderlich seien, wobei diese unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestandes der öffentlichen Hand auch zumutbar sein müssten. In der Regel genüge eine in angemessenen Abständen ordnungsgemäß durchgeführte Sichtprüfung. Eine eingehendere fachmännische Untersuchung sei aber vorzunehmen, wenn es konkrete Anhaltspunkte für eine mangelhafte Stabilität des Baumes gebe.
Ausgehend hiervon seien die Kontrollen der Beklagten im vorliegenden Fall nicht ausreichend gewesen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen habe die Linde konkrete Anzeichen für eine besondere Gefährdung aufgewiesen, die eine intensivere Kontrolle erfordert hätten. Die direkt an einer Hausecke stehende Linde habe einen ungünstigen Standort, weil sie besonders dem Wind ausgeliefert sei. Zudem habe sie eine grob belastete, von der Hauswand weggeneigte, sehr kopflastige Krone entwickelt, die ein Stabilitätsrisiko sei. Hinzu komme eine mangelnde Vitalität der Linde. Sie sei als mittelstark bis stark geschädigt einzustufen. Die Linde habe ein geringes Dickenwachstum von lediglich 2 cm in 20 Jahren, weise eine überdurchschnittliche Menge an Totholz auf und habe einen ihre Vitalität beeinträchtigenden Stammschaden. Die in ihrer Stabilität gefährdete Linde habe deswegen weitergehend als von der Beklagten veranlasst kontrolliert werden müssen.
Das Urteil ist rechtskräftig.


Anmerkung: Die Ausführungen des OLG gelten nicht nur für eine Gemeinde, sondern für jeden Verkehrssicherungspflichtigen, also auch jeden Grundstückseigentümer.


(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2015, Seite 186 und in unserer Datenbank)


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