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Weintrinkende Wasserprediger wollen Wohnen weiter verteuern
Petitionsausschuss fordert obligatorische Mietschuldenfreiheitsbescheinigung
23.02.2015 (GE 3/2015, S. 146) Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages unterstützt einstimmig (!) Forderungen nach Schaffung einer gesetzlichen Pflicht für die Erstellung von Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen durch die Vermieter von Wohnungen. In der Sitzung am 12. November 2014 beschlossen die Abgeordneten, eine dahin gehende Petition dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz als Material zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben. Dass damit die Verwaltungskosten erhöht werden und das Wohnen letztlich weiter verteuert wird, scheint die Mitglieder des Petitionsausschusses nicht weiter zu stören. Heuchelei stirbt nicht aus.
Der Petent fordert in der Eingabe, Vermieter zu verpflichten, auf Antrag des Mieters eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung innerhalb einer Frist von maximal 14 Tagen auszustellen. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die Erstellung einer solchen Bescheinigung derzeit vom Wohlwollen des Vermieters abhänge. Ohne Vorlage einer solchen Bescheinigung aber scheide man als Mitbewerber um einen neuen Mietvertrag unter Umständen aus dem Kreis der Interessenten aus, was zu Einschränkungen der Mobilität von Arbeitnehmern führe. Deshalb müsse der Mieter entweder einen gesetzlichen Anspruch auf eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung haben, oder das Verlangen des Vermieters nach einer solchen müsse gesetzlich verboten werden. In dem Gesetz müsse auch vorgesehen werden, dass ein Mieter nicht auf Schadensersatzansprüche verzichten müsse ,und dass er fehlende Beträge wegen Streit unter Vorbehalt zahlen könne, um die Bescheinigung erst mal zu bekommen, und die strittigen Beträge – z. B. wegen Mietminderung - später nachfordern könne. Aus der Bescheinigung dürfe deshalb für den nächsten Vermieter auch nicht hervorgehen, dass die Mietzahlung unter Vorbehalt erfolgte. Außerdem müsse, so der Petent, der Mieter einen Anspruch auf Schadensersatz erhalten, wenn die Bescheinigung verspätet erteilt wird.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08 - GE 2009, 1485) ist ein Vermieter nicht verpflichtet, seinem bisherigen Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses eine umfassende Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zu erteilen; der Mieter hat lediglich
Anspruch auf Erteilung einer Quittung über die vom Mieter geleisteten Mietzahlungen. Der BGH begründet dies damit, dass dem Vermieter selbst nach Beendigung des Mietverhältnisses eine angemessene Prüffrist bis zur Freigabe der Mietsicherheit zustünde. Da die Bundesregierung die weiteren tatsächlichen Entwicklungen auf diesem Gebiet sowieso beobachte und prüfen wolle, ob der Anspruch eines Mieters auf Ausstellung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gegen den Vermieter einer generellen Regelung bedürfe, sei die vorliegende Petition aus Sicht des Petitionsausschusses geeignet, bei der laufenden Prüfung miteinbezogen zu werden. Dafür, dass sich der Petitionsausschuss einstimmig (!) für einen solchen Anspruch ausspricht, gibt es – vom Stimmenfang mal abgesehen – keinen tragfähigen Grund. Das Thema scheint – außer ein paar Funktionären – auch niemandem wirklich am Herzen zu liegen.

Ganze 139 Unterstützer hat die Petition in der Bundesrepublik gefunden, wie man auf der Website des Petitionsausschusses nachlesen kann. Damit wurde das notwendige Quorum für eine öffentliche Beratung der Petition meilenweit verfehlt (wird eine Petition nach Eingang innerhalb von vier Wochen – bei öffentlichen Petitionen rechnet die Frist ab der Veröffentlichung im Internet – von 50.000 oder mehr Personen unterstützt, wird über sie im Regelfall im Petitionsausschuss öffentlich beraten, und der Petent wird zu dieser Beratung eingeladen und darf sein Anliegen persönlich vor den Abgeordneten des Petitionsausschusses vorbringen).

Interessant ist es, sich die – sehr überschaubaren – Diskussionsbeiträge anzusehen, die der Petitionsausschuss auf seiner Website im Forum zur Petition veröffentlicht hat. Dort stößt der Vorstoß überwiegend auf Ablehnung.

Ein paar Zitate dazu:
■ „Es gibt aber nicht nur Großvermieter, sondern sehr, sehr viele kleine Vermieter, die wie jeder andere Mensch auch mal Urlaub machen möchten, vielleicht ‚eine Woche‘ oder sogar ‚14 Tage‘. Die sollen sich dann vertreten lassen oder schadensersatzpflichtig werden? Dann würde aus gewöhnlicher Wohnungsvermietung eine Art Hotelbetrieb mit Rund-um-die-Uhr-Service.“
■ „Dass Mieter einen grundsätzlichen Anspruch auf solche Bestätigungen haben sollten, stelle ich nicht in Abrede, aber das kann nur eine Zumutbarkeitsregel sein, vielleicht auch entgeltlich, wie alles, was Arbeit macht, während ansonsten die Einzahlungsquittungen reichen sollten ...“
■ „Warum muss der Vermieter dann wieder zeitaufwendig Bescheinigungen ausstellen und auch noch dem nächsten Vermieter für die Richtigkeit haften? Also den Mietvertrag und alle Nebenkostenabrechnungen raussuchen und mit den eigenen Kontoauszügen alle Zahlungen belegen. So einfach kann das Leben sein!“
■ „Mannomann – wohin soll das noch führen?“

■ „Was im Petitionsbegehren sichtbar wird, ist das staatliche Versagen, einen angemessenen Vermieterschutz bei Nichtzahlung der Miete herzustellen, so dass Vermieter auf die bizarrsten Ideen kommen müssen, um sich doch abzusichern – bis hin zu Wegen, die ich als massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Wohnungsinteressenten werte.“
■ „Zum Anmieten einer Wohnung muss ein Einkommensnachweis bzw. das Angebot einer Sicherheit für einen Zeitraum, der lang genug ist, um in ihm das Zwangsräumungsverfahren durchzuführen, ausreichen. Wenn die Durchführung einer Räumungsklage aber über ein Jahr dauert, ist das der wahre Kern des Problems: Der Fisch stinkt vom Kopf, und das ist die ZPO mit ihren unmöglichen Verfahrensgängen auch bei einfachen Streitigkeiten.“

Praxistipp: Offenbar hat auch die CDU, deren Fraktionsmitglieder im Petitionsausschuss den Beschluss mitgetragen haben, aus dem Ausscheiden der FDP den Schluss gezogen, dass der deutsche Mittelstand eine zu vernachlässigende Größe unter den Wählern ist. Machen Sie wenigstens dieser Partei klar, dass sie sich irrt. Schreiben Sie dem für Ihren Wahlkreis zuständigen Bundestagsabgeordneten, was Sie von diesem neuen Vorstoß halten!