Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Schadet dem (Ver-) Mieter
Mietpreisbremse wirkt flächendeckend!
07.01.2015 (GE 24/2014, S. 1612) Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln untersuchte jüngst die Angebotsmieten in Berlin und Köln im Jahr 2014 in Hinblick auf die Mietpreisbremse. Das Ergebnis: 60 % der relevanten Angebote in Berlin (43 % in Köln) lagen mehr als 10 % über dem Mietspiegel. Die Mietpreisbremse würde sich also flächendeckend auswirken und den Mietwohnungsmarkt als Ganzes treffen und nicht nur einige wenige überzogene Mietforderungen kappen. Die Auswirkungen schaden Mietern wie Vermietern.
Das Mietrechtsnovellierungsgesetz sieht vor, die Neuvertragsmieten in Gebieten mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ bei 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu kappen. Was eine solche Kappung für die im Jahr 2014 angebotenen Wohnungen bedeutet hätte, untersuchte das IW Köln beispielhaft anhand der Angebotsmieten von Berlin und Köln. Dabei wurde auch untersucht, inwieweit die vorhandenen Mietspiegel (ein einfacher in Köln und ein qualifizierter [?] in Berlin) den tatsächlichen Wohnungsmarkt abbilden.
Datenbasis waren die Datenbanken der Transparenzoffensive von ImmobilienScout24 im 1. Halbjahr 2014. Als ortsübliche Vergleichsmiete wurde jeweils das obere Spannenende des Mietspiegels verwendet. Im Ergebnis wären in Berlin besonders kleine Wohnungen unter 40 m2 von der Mietpreisbremse betroffen gewesen. In guten Lagen lagen 98 % der Wohnungen mehr als 10 % über dem Mietspiegel, in einfachen Wohnlagen waren es 80 %. Bei größeren Wohnungen sind die Schwankungen deutlicher ausgeprägt und haben eine Spanne von 26,5 % bis 68,8 %. Allerdings ist der Anteil betroffener Wohnungen in guter Lage unabhängig von der Wohnungsgröße deutlich am höchsten. Insgesamt hätten in Berlin rund 60 % (Köln 43 %) der betrachteten Angebote über der Mietpreisbremse gelegen. Unter der Einbeziehung neu errichteter sowie sanierter Wohnungen, die vom Gesetz ausgenommen sind, sind es immerhin noch ca. 15 % (Köln 20 %).
Die Mietpreisbremse wird also nicht nur einige wenige Wohnungen treffen, in denen im Vergleich zum Gesamtmarkt überzogene Mietforderungen gestellt werden, sondern eine Flächenwirkung im gesamten Mietmarkt entfalten. Auf den ersten Blick existiert also ein erhebliches Kappungspotential, das besonders in hoch nachgefragten Stadtteilen einen preiswerten Zugang zu Wohnraum ermöglichen soll. Internationale Erfahrungen mit ähnlichen Mietstopps, so das IW, zeigen aber, dass genau das nicht passiert. Vielmehr suchen Vermieter nach Alternativen wie den häufig erwähnten überhöhten Abstandszahlungen für Einbauküchen und andere Möbel. Darüber hinaus bietet das Gesetz die Möglichkeit, die Regulierung durch umfassende Modernisierungsarbeiten zu umgehen. Die gute Nachfragesituation legt eine Modernisierung also praktisch nahe. Gleichzeitig sind modernisierte Wohnungen ohnehin teurer als unmodernisierte, wodurch der Anteil günstiger Wohnungen noch weiter sinken dürfte. Vor allem aber werden Eigentümer wohl auf einen Markt ausweichen, bei dem die Preise noch nicht begrenzt sind: Immobilienverkäufe an Selbstnutzer. Erfahrungen mit umfangreiche Regulierungen des Mietwohnungsmarktes konnten bereits in den 70er und 80er Jahren in Spanien und Großbritannien gesammelt werden. Dort hatte der staatliche Eingriff in den freien Markt einen deutlichen Anstieg der Wohneigentumsquote zur Folge. Der Mietwohnungsmarkt verlor dagegen an Bedeutung. Immerhin wäre damit die Diskussion über das Bestellerprinzip vom Tisch.
Andererseits zeigt die Erfahrung, dass ein schwacher Mietmarkt und eine hohe Eigentumsquote oftmals auch finanzschwache Haushalte zu einem Hypothekenkredit zwingt. Das wiederum, so erinnert man sich nicht nur beim IW Köln, war der Ausgangspunkt der Finanzkrise. Zusammenfassend dürfte das, was als Heilmittel für einen an sich gesunden Mietwohnungsmarkt gedacht war, eher zu
einem sinkenden Angebot bei sogar noch steigender Nachfrage führen. Profitieren werden diejenigen, die dem Vermieter den größten Grund bieten, ihnen die Wohnung zu überlassen. Den Zuschlag werden also primär kinderlose Gutverdiener ohne Konflikt- und Mietausfallpotential erhalten. Um die Probleme abzufedern, rät das IW Köln zum Verzicht der Mietpreisbremse und stattdessen punktueller Förderung mittels Wohngeld. Da dies zum jetzigen Zeitpunkt allerdings unrealistisch ist, sollten zumindest die Mietspiegel stets aktuell gehalten werden, um zumindest eine realistische Einschätzung dessen zu liefern, was man dann wohl kaum noch den Wohnungs„markt“ nennen darf. Ein jährlicher Aktualisierungsturnus könnte helfen, die Mietpreisbremse auf die Ausreißer zu begrenzen, die nicht dem Markt entsprechen, ohne dabei das System als Ganzes zu gefährden.
Auch warnt das IW Köln ausdrücklich vor Forderungen nach einer breiteren Basis des Mietspiegels (z. B. zehn Jahre inkl. Sozialwohnungen). Damit gelte die Mietpreisbremse praktisch für alle Mietwohnungen.