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Übergabe einer renovierten, unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Wohnung
Unzulässige Endrenovierungsklauseln, Farbvorgaben und starre Fristen
23.11.2014 (GE 21/2014, S. 1370) Das Amtsgericht Dortmund, Abteilung 425 (RiAG Dr. Ulf Börstinghaus), befasst sich in einem Rundumschlag mit einer Klausel, wonach der Mieter die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen übernimmt, er sich nicht darauf berufen kann, dass bei Anmietung der Räume notwendige Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt waren, bei Vertragsende die Räume weiß gestrichen zurückgegeben werden müssen, der vermietete Teppichboden nach fünf Jahren erneuert werden muss.
DER FALL: Im Mietvertrag vom 8. Juni 2008 hieß es u. a.: Der Mieter ist verpflichtet, auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, dass bei Anmietung der Räume notwendige Schönheitsreparaturen nicht durchgeführt waren. Bei Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Wohnung nach Weisung des Vermieters in fachgerecht renoviertem Zustand zu übergeben. Die Räume werden weiß gestrichen übergeben. Bei Vertragsende sind die Räume auch weiß gestrichen zu übergeben. Im „Wohnungsabnahmeprotokoll“ zu Beginn des Mietverhältnisses hieß es, der Mieter verpflichte sich, den verlegten Teppichboden bei Auszug zu reinigen. Lägen zwischen Einzug und Auszug mehr als fünf Jahre , sei der Teppichboden vom Mieter zu erneuern. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 30. September 2013. Mit der Klage verlangte er Schadensersatz wegen bei der Rückgabe der Wohnung festgestellter Mängel, nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und Kosten für einen neuen Teppichboden.
DAS URTEIL: Das Amtsgericht Dortmund wies die Klage ab. Die Vereinbarungen seien insgesamt unwirksam. Der Mieter habe weder die laufenden Schönheitsreparaturen durchzuführen gehabt noch eine Endrenovierung vorzunehmen oder den Teppichboden auszutauschen. Die entsprechenden Regelungen seien gemäß § 307 BGB unwirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH dürfte die Abwälzung von Schönheitsreparaturen bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung unwirksam sein (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014, GE 2014, 245). Dabei komme es vorliegend gar nicht darauf an, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben worden sei; bei der im AGB-Recht vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung sei die Klausel hier so formuliert, dass sie auch bei unrenoviert übergebenen Wohnungen gelte. Eine geltungserhaltende Reduktion scheide aus. Die Verpflichtung, die Wohnung zum Ende des Mietverhältnisses nach Weisung des Vermieters in fachgerecht renoviertem Zustand zurückzugeben, sei als unzulässige Endrenovierungsklausel zu verstehen und für sich genommen unwirksam, was zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führe. Die Vereinbarung, dass bei Vertragsende die Räume weiß gestrichen zurückgegeben werden müssen, sei eine zusätzliche Regelung über die Endrenovierung. Es sei nicht ansatzweise vorgetragen, dass diese Klausel aufgrund von Verhandlungen zwischen den Parteien in den Mietvertrag aufgenommen worden sei. Darüber hinaus sei die Festlegung auf „weiß“ unangemessen, weil es auch andere hell deckende Farben gäbe, die dem Vermieterinteresse, eine problemlose Weitervermietung zu ermöglichen, gerecht würden. Die „Teppichbodenklausel“ im Übergabeprotokoll sei als AGB zu behandeln. Diese Pflicht falle nicht unter die Schönheitsreparaturen nach § 28 Abs. 4 II. BV. Ferner sei die bedarfsunabhängige Austauschpflicht nach Ablauf einer starren Frist unwirksam. Aber selbst wenn man die Vereinbarung als Individualvereinbarung sehen würde, ergäbe sich nichts anderes. Die Unwirksamkeit aller Vereinbarungen ergebe sich nämlich auch aus der Summierung der auf den Mieter abgewälzten Verpflichtungen. Nach BGH (u. a. GE 2006, 706) liege ein derartiger Summierungseffekt vor, wenn jeweils für sich unbedenkliche, aber inhaltlich zusammengehörige Klauseln in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führten. Das gelte auch dann, wenn die zu prüfende Formularklausel mit einer Individualvereinbarung zusammentreffe. Der Summierungseffekt führe sogar dann, wenn zwei eigentlich für sich unbedenkliche, aber inhaltlich zusammengehörige Klauseln in ihrer Gesamtwirkung den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen, zur Unwirksamkeit beider Klauseln. Auch wenn vielleicht gegen die Wirksamkeit der Individualvereinbarung über die Endrenovierung und den Teppichbodenaustausch bei isolierter Betrachtung keine Bedenken bestehen sollten, seien diese Vereinbarungen hier nach § 139 BGB unwirksam. Die Bestimmungen seien als einheitliche Regelung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen zu verstehen. Der Vermieter habe die Wohnung schlicht in dem Zustand zurückbekommen wollen, in dem er sie übergeben hatte. Das sei mietrechtlich nicht möglich, da der Mieter die Mietsache gebrauchen dürfe, und die Gebrauchsspuren prinzipiell zu Lasten des Vermieters gingen. Ferner sei davon auszugehen, dass die Nutzungsdauer eines Teppichs grundsätzlich zehn Jahre betrage, so dass der Vermieter ohnehin mindestens 50 %„neu für alt“ in Abzug bringen müsste. Es gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, dass der Mieter Dübel setze und Kacheln, insbesondere in Bädern und in der Küche, anbohren dürfe. Die Grenze für das Gebrauchsrecht des Mieters sei das verkehrsübliche Maß. Soweit der Vermieter es unterlassen habe, in einem Bad die Halterung für die üblichen Installationsgegenstände wie Spiegel, Konsole, Handtuchhalter, Seifenschale usw. anzubringen, sei der Mieter berechtigt, das nachzuholen. Dass hier eine über das verkehrsübliche Maß hinausgehende Anzahl von Bohrlöchern vorgelegen habe, sei nicht vorgetragen.
ANMERKUNG: Das Amtsgericht wusste zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils noch nicht, dass der BGH wegen Hauptsachenerledigung in der dem Beschluss vom 22. Januar 2014 zugrunde liegenden Sache nicht mehr entscheiden kann. Er hat jedoch in der Revision gegen das Urteil des LG Heilbronn (in diesem Heft Seite 1453) Gelegenheit, die in dem Beschluss geäußerten Bedenken gegen die Vereinbarung von Schönheitsreparaturen zu Lasten des Mieters zu vertiefen. Virulent ist vor allem die Frage, ob in Zukunft auch bei Übergabe einer renovierten Wohnung die Überwälzungsklausel auf den Mieter kippen kann, weil auch hier die kundenfeindlichste Auslegung gilt. Die Ausführungen hierzu in dem amtsgerichtlichen Urteil sind wohl dahin zu verstehen, dass eine Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen auf den Mieter sich im Prinzip sowohl auf eine unrenovierte als auch auf eine renovierte Wohnung beziehen könne. Bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel müsse dann angenommen werden, dass es sich um eine unrenovierte Wohnung handelt mit der Folge, dass die Überwälzungsklausel unwirksam wäre. In diesem Zusammenhang könnte dann argumentiert werden, es könne ja im Schadensersatzprozess durch Beweisaufnahme festgestellt werden, dass die Wohnung renoviert übergeben worden sei. Im Gegenzug könnte argumentiert werden, dass das möglicherweise nach Jahr und Tag nicht mehr festzustellen ist. Zum anderen komme es auf den Zeitpunkt der Verwendung der Klausel und nicht auf später erst feststellbare Tatsachen an. Letzteres dürfte richtig sein.
Der Leitsatz des Amtsgerichts zur Berechtigung des Mieters, im Bad Bohrlöcher in die Fliesen zu setzen, wenn er übliche Ausstattungsgegenstände anbringen wolle, ist recht apodiktisch. Das ergibt sich auch nicht so aus dem zitierten Urteil des BGH vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 10/92, GE 1993, 359. In dem dortigen Verbandsklageverfahren ist die Formularklausel, wonach Dübellöcher ordnungsgemäß und unkenntlich zu verschließen, etwa durchbohrte Kacheln durch gleichartige zu ersetzen seien, deswegen als unwirksam angesehen worden, weil eine Einschränkung der Beseitigungspflicht des Mieters nicht getroffen worden sei, wenn Bohrlöcher zum vertragsgemäßen Gebrauch unerlässlich gewesen seien. Damit hat der BGH nicht gesagt, dass es zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre, dass der Mieter Dübel setze und Kacheln anbohren darf. Dübellöcher sind nach allgemeiner Meinung tunlichst in Fugen zu setzen (vgl. auch Schach in GE 2002, 233).
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2014, Seite 1455 und in unserer Datenbank)
DAS URTEIL: Das Amtsgericht Dortmund wies die Klage ab. Die Vereinbarungen seien insgesamt unwirksam. Der Mieter habe weder die laufenden Schönheitsreparaturen durchzuführen gehabt noch eine Endrenovierung vorzunehmen oder den Teppichboden auszutauschen. Die entsprechenden Regelungen seien gemäß § 307 BGB unwirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH dürfte die Abwälzung von Schönheitsreparaturen bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung unwirksam sein (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014, GE 2014, 245). Dabei komme es vorliegend gar nicht darauf an, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben worden sei; bei der im AGB-Recht vorzunehmenden kundenfeindlichsten Auslegung sei die Klausel hier so formuliert, dass sie auch bei unrenoviert übergebenen Wohnungen gelte. Eine geltungserhaltende Reduktion scheide aus. Die Verpflichtung, die Wohnung zum Ende des Mietverhältnisses nach Weisung des Vermieters in fachgerecht renoviertem Zustand zurückzugeben, sei als unzulässige Endrenovierungsklausel zu verstehen und für sich genommen unwirksam, was zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel führe. Die Vereinbarung, dass bei Vertragsende die Räume weiß gestrichen zurückgegeben werden müssen, sei eine zusätzliche Regelung über die Endrenovierung. Es sei nicht ansatzweise vorgetragen, dass diese Klausel aufgrund von Verhandlungen zwischen den Parteien in den Mietvertrag aufgenommen worden sei. Darüber hinaus sei die Festlegung auf „weiß“ unangemessen, weil es auch andere hell deckende Farben gäbe, die dem Vermieterinteresse, eine problemlose Weitervermietung zu ermöglichen, gerecht würden. Die „Teppichbodenklausel“ im Übergabeprotokoll sei als AGB zu behandeln. Diese Pflicht falle nicht unter die Schönheitsreparaturen nach § 28 Abs. 4 II. BV. Ferner sei die bedarfsunabhängige Austauschpflicht nach Ablauf einer starren Frist unwirksam. Aber selbst wenn man die Vereinbarung als Individualvereinbarung sehen würde, ergäbe sich nichts anderes. Die Unwirksamkeit aller Vereinbarungen ergebe sich nämlich auch aus der Summierung der auf den Mieter abgewälzten Verpflichtungen. Nach BGH (u. a. GE 2006, 706) liege ein derartiger Summierungseffekt vor, wenn jeweils für sich unbedenkliche, aber inhaltlich zusammengehörige Klauseln in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führten. Das gelte auch dann, wenn die zu prüfende Formularklausel mit einer Individualvereinbarung zusammentreffe. Der Summierungseffekt führe sogar dann, wenn zwei eigentlich für sich unbedenkliche, aber inhaltlich zusammengehörige Klauseln in ihrer Gesamtwirkung den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen, zur Unwirksamkeit beider Klauseln. Auch wenn vielleicht gegen die Wirksamkeit der Individualvereinbarung über die Endrenovierung und den Teppichbodenaustausch bei isolierter Betrachtung keine Bedenken bestehen sollten, seien diese Vereinbarungen hier nach § 139 BGB unwirksam. Die Bestimmungen seien als einheitliche Regelung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen zu verstehen. Der Vermieter habe die Wohnung schlicht in dem Zustand zurückbekommen wollen, in dem er sie übergeben hatte. Das sei mietrechtlich nicht möglich, da der Mieter die Mietsache gebrauchen dürfe, und die Gebrauchsspuren prinzipiell zu Lasten des Vermieters gingen. Ferner sei davon auszugehen, dass die Nutzungsdauer eines Teppichs grundsätzlich zehn Jahre betrage, so dass der Vermieter ohnehin mindestens 50 %„neu für alt“ in Abzug bringen müsste. Es gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, dass der Mieter Dübel setze und Kacheln, insbesondere in Bädern und in der Küche, anbohren dürfe. Die Grenze für das Gebrauchsrecht des Mieters sei das verkehrsübliche Maß. Soweit der Vermieter es unterlassen habe, in einem Bad die Halterung für die üblichen Installationsgegenstände wie Spiegel, Konsole, Handtuchhalter, Seifenschale usw. anzubringen, sei der Mieter berechtigt, das nachzuholen. Dass hier eine über das verkehrsübliche Maß hinausgehende Anzahl von Bohrlöchern vorgelegen habe, sei nicht vorgetragen.
ANMERKUNG: Das Amtsgericht wusste zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils noch nicht, dass der BGH wegen Hauptsachenerledigung in der dem Beschluss vom 22. Januar 2014 zugrunde liegenden Sache nicht mehr entscheiden kann. Er hat jedoch in der Revision gegen das Urteil des LG Heilbronn (in diesem Heft Seite 1453) Gelegenheit, die in dem Beschluss geäußerten Bedenken gegen die Vereinbarung von Schönheitsreparaturen zu Lasten des Mieters zu vertiefen. Virulent ist vor allem die Frage, ob in Zukunft auch bei Übergabe einer renovierten Wohnung die Überwälzungsklausel auf den Mieter kippen kann, weil auch hier die kundenfeindlichste Auslegung gilt. Die Ausführungen hierzu in dem amtsgerichtlichen Urteil sind wohl dahin zu verstehen, dass eine Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen auf den Mieter sich im Prinzip sowohl auf eine unrenovierte als auch auf eine renovierte Wohnung beziehen könne. Bei kundenfeindlichster Auslegung der Klausel müsse dann angenommen werden, dass es sich um eine unrenovierte Wohnung handelt mit der Folge, dass die Überwälzungsklausel unwirksam wäre. In diesem Zusammenhang könnte dann argumentiert werden, es könne ja im Schadensersatzprozess durch Beweisaufnahme festgestellt werden, dass die Wohnung renoviert übergeben worden sei. Im Gegenzug könnte argumentiert werden, dass das möglicherweise nach Jahr und Tag nicht mehr festzustellen ist. Zum anderen komme es auf den Zeitpunkt der Verwendung der Klausel und nicht auf später erst feststellbare Tatsachen an. Letzteres dürfte richtig sein.
Der Leitsatz des Amtsgerichts zur Berechtigung des Mieters, im Bad Bohrlöcher in die Fliesen zu setzen, wenn er übliche Ausstattungsgegenstände anbringen wolle, ist recht apodiktisch. Das ergibt sich auch nicht so aus dem zitierten Urteil des BGH vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 10/92, GE 1993, 359. In dem dortigen Verbandsklageverfahren ist die Formularklausel, wonach Dübellöcher ordnungsgemäß und unkenntlich zu verschließen, etwa durchbohrte Kacheln durch gleichartige zu ersetzen seien, deswegen als unwirksam angesehen worden, weil eine Einschränkung der Beseitigungspflicht des Mieters nicht getroffen worden sei, wenn Bohrlöcher zum vertragsgemäßen Gebrauch unerlässlich gewesen seien. Damit hat der BGH nicht gesagt, dass es zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre, dass der Mieter Dübel setze und Kacheln anbohren darf. Dübellöcher sind nach allgemeiner Meinung tunlichst in Fugen zu setzen (vgl. auch Schach in GE 2002, 233).
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2014, Seite 1455 und in unserer Datenbank)
Autor: Klaus Schach
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