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Angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis:
Keine Pflicht für Heizöleinkauf zum niedrigsten Preis
Auch überdurchschnittlich hohe Heizkosten können umlagefähig sein
12.10.2014 (GE 18/2014, S. 1168) Auch überdurchschnittlich hohe Kosten der Heizungsanlage sind im Rahmen eines angemessenen Kosten­Nutzen­Verhältnisses umlagefähig. Für Beeinträchtigungen durch Arbeiten an der Fassade und im Treppenhaus sowie eine Vorhangplane ist eine Minderung trotz Mietzahlung gerechtfertigt, wenn der Mieter unter Vorbehalt gezahlt hat.
DER FALL: Die Mietvertragsparteien stritten über die Umlage von Heizkosten, die über dem optimalen Einkaufspreis lagen, und darüber, ob diese Überhöhung und der überdurchschnittliche Heizenergieverbrauch des Gebäudes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen würden. Ferner darüber, ob der Mieter die wegen Minderung für die durch Arbeiten an der Fassade und im Treppenhaus sowie eine Vorhangplane entstehenden Lärm-, Staub- und Sichtbeeinträchtigungen zu viel gezahlte Miete zurückfordern könne. Gegen das Urteil, durch das der Heizkostennachzahlungsklage des Vermieters stattgegeben und die Widerklage des Mieters auf Mietrückzahlung abgewiesen worden ist, legte der Mieter Berufung ein.


DAS URTEIL: Die ZK 65 des LG Berlin wies die Berufung zurück, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Nachzahlung der Heizkosten richtete. Die erhöhten Kosten seien umlegbar, da sie sich im Rahmen eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses hielten. Der Vermieter schulde nicht einen Einkauf zum bestmöglichen Preis. Soweit der Betriebsstromverbrauch auf das Alter der Heizungsanlage zurückzuführen sei, sei der Vermieter nicht zu einer Modernisierung verpflichtet. Das gelte auch für den überdurchschnittlichen Energieverbrauch, der im Übrigen auf das Nutzerverhalten des Mieters zurückzuführen sei.
Der Widerklage auf Zahlung der geminderten Miete gab die ZK 65 statt. Die Miete sei wegen der durch Arbeiten an der Fassade und im Treppenhaus sowie eine Vorhangplane entstehenden Lärm-, Staub- und Sichtbeeinträchtigungen gemindert gewesen (Fassade und Plane: 12 %, Treppenhaus: 5 %). Da die Miete auch unter Vorbehalt gezahlt worden sei, könne Rückzahlung verlangt werden.


ANMERKUNG: Dem Urteil ist zuzustimmen. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bezeichnet die vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 28. November 2007, VIII ZR 243/06, GE 2008, 116). Der Vermieter muss aber in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden Ermessens nicht die billigste Lösung wählen, sondern kann bei seiner Entscheidung alle sachlichen Gesichtspunkte heranziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. März 2013, I-24 U 115/12, GE 2013, 1273).
Aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot lässt sich auch ein Anspruch des Mieters auf Modernisierung einer vorhandenen und den vertraglichen Vereinbarungen entsprechenden Heizungsanlage nicht ableiten (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2007, VIII ZR 261/06, GE 2007, 1686; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2013, XII ZR 80/12, GE 2014, 245), zumal dies mit weiteren Kosten verbunden ist.
Zutreffend bejaht die Kammer auch den Rückzahlungsanspruch wegen Minderung der gezahlten Miete, nachdem der Mieter diese nur unter Vorbehalt geleistet hatte. Ob der Vorbehalt sich konkret auf den entsprechenden Zeitraum bezog, was erforderlich ist (AG Hermeskeil, Urteil vom 1. Februar 2005, 1 C 284/04, WuM 2005, 239), ist aus dem Urteil nicht ersichtlich. Die Minderungsquoten sind vertretbar; so ist z. B. für die durch ein Baugerüst an der Südseite einer Wohnung verminderte Sonneneinstrahlung und die Belästigung durch Arbeiten an und auf dem Baugerüst eine Minderungsquote von 15 % bzw. 10 % angesetzt worden (AG Ibbenbühren, Urteil vom 10. Dezember 2003, 3 C 554/03, WuM 2007, 405).



(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2014, Seite 1203 und in unserer Datenbank)
Autor: Harald Kinne


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