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Konkludente Zustimmung durch Nutzung
Erweiterung des Mietvertrags durch Wohnflächenvergrößerung
29.09.2014 (GE 17/2096, S. 1096) ZueinereinseitigenÄnderungdesVertragsgegenstandesistderVermieternichtberechtigt, soweit nicht eine Modernisierungsmaßnahme vorliegt. Der Mieter kann allerdings ein Änderungsangebot auch konkludent annehmen, indem er etwa bei einer Vergrößerung der Wohnfläche auch die Zusatzfläche nutzt.
DER FALL: Der Vermieter wollte den im Krieg zerstörten Anbau des Hauses wiedererrichten und kündigte die Bauarbeiten der Mieterin unter Hinweis auf eine geplante Mieterhöhung an. Die Parteien vereinbarten, dass die Mieterin dem Anbau zustimme, sich aber den Einwand vorbehalte, zur Duldung der Maßnahmen nicht verpflichtet gewesen zu sein. Nach dem Wiederaufbau des Anbaus wurde die Wohnung der Mieterin vergrößert; die Mieterin nutzte auch den Anbau. Der Vermieter verlangte hierfür eine zusätzliche Miete; die Klage wurde von AG und LG abgewiesen, weil eine Einigung auf Vergrößerung der Mietfläche nicht vereinbart worden sei.
DAS URTEIL: Auf die zugelassene Revision gab der BGH der Klage statt. Mit der Nutzung des Anbaus habe die Mieterin das Angebot des Klägers auf Gebrauchsüberlassung der erweiterten Wohnfläche gegen Zahlung einer erhöhten Nettomiete konkludent angenommen. Aus der Vereinbarung, in der sich die Mieterin den Einwand vorbehalten hatte, zur Duldung nicht verpflichtet zu sein, ergebe sich nichts anderes. Schließlich habe sie dahin gehende Einwände nicht geltend gemacht, sondern im Gegenteil durch ihr Nutzungsverhalten zu verstehen gegeben, dass sie die Vergrößerung der Wohnfläche billige.
ANMERKUNG: Das Urteil betrifft zwar einen nicht allzu häufigen Sonderfall; die Erwägungen des BGH treffen jedoch auch auf andere Fälle der Vertragserweiterung zu, insbesondere nach Modernisierungsmaßnahmen. Das KG hatte in einer älteren Entscheidung gemeint, der Mieter schulde bei nachträglichem Einbau eines Fahrstuhls, für den eine Mieterhöhung nicht verlangt werden kann, jedenfalls ein Nutzungsentgelt aus ungerechtfertigter Bereicherung (GE 1992, 920). Diese Entscheidung ist zwar zu Recht in Literatur (Palandt/Weidenkaff, 72. Auflage, Rn. 17 zu § 559 BGB) und Rechtsprechung (AG Schöneberg GE 1998, 1217 und – ausführlich – AG Dortmund WuM
2009, 120) auf Kritik gestoßen, weil neben vertraglichen Ansprüchen solche aus ungerechtfertigter Bereicherung grundsätzlich ausscheiden. In Betracht kommt aber eine Vertragsänderung durch konkludente Annahme eines Vertragsangebots des Vermieters. In der Entscheidung vom 2. November 1989 (BGHZ 109, 177) heißt es ausdrücklich: „Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswillens, Geschäftswillens) liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat.“ Diese Grundsätze für eine „fiktive“ Willenserklärung gelten auch für schlüssiges Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein.
Nutze der Mieter einen neuen Vertragsgegenstand, den ihm der Vermieter gegen Zahlung einer zusätzlichen Miete angeboten hatte, erwecke er damit den Anschein, er stimme der Vertragsänderung zu. Unerheblich ist es, wenn er eine dahin gehende Willenserklärung nicht abgeben wollte. Der BGH hat deshalb auch die Vereinbarung für unerheblich gehalten, wonach die Mieterin den Einwand behalten sollte, zur Duldung der Maßnahmen nicht verpflichtet gewesen zu sein, da sie ja gerade durch die Nutzung die Änderung gebilligt habe. Eine solche „Willenserklärung durch Ingebrauchnahme“ scheidet nur dann aus, wenn es sich um Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung handelt (etwa Einbau neuer Fenster), die der Mieter zwangsläufig nutzen muss, da er ansonsten gezwungen wäre, aus der Wohnung auszuziehen, um den Anschein der Billigung zu vermeiden (LG Leipzig WuM 2002, 94).
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2014, Seite 1133 und in unserer Datenbank)
DAS URTEIL: Auf die zugelassene Revision gab der BGH der Klage statt. Mit der Nutzung des Anbaus habe die Mieterin das Angebot des Klägers auf Gebrauchsüberlassung der erweiterten Wohnfläche gegen Zahlung einer erhöhten Nettomiete konkludent angenommen. Aus der Vereinbarung, in der sich die Mieterin den Einwand vorbehalten hatte, zur Duldung nicht verpflichtet zu sein, ergebe sich nichts anderes. Schließlich habe sie dahin gehende Einwände nicht geltend gemacht, sondern im Gegenteil durch ihr Nutzungsverhalten zu verstehen gegeben, dass sie die Vergrößerung der Wohnfläche billige.
ANMERKUNG: Das Urteil betrifft zwar einen nicht allzu häufigen Sonderfall; die Erwägungen des BGH treffen jedoch auch auf andere Fälle der Vertragserweiterung zu, insbesondere nach Modernisierungsmaßnahmen. Das KG hatte in einer älteren Entscheidung gemeint, der Mieter schulde bei nachträglichem Einbau eines Fahrstuhls, für den eine Mieterhöhung nicht verlangt werden kann, jedenfalls ein Nutzungsentgelt aus ungerechtfertigter Bereicherung (GE 1992, 920). Diese Entscheidung ist zwar zu Recht in Literatur (Palandt/Weidenkaff, 72. Auflage, Rn. 17 zu § 559 BGB) und Rechtsprechung (AG Schöneberg GE 1998, 1217 und – ausführlich – AG Dortmund WuM
2009, 120) auf Kritik gestoßen, weil neben vertraglichen Ansprüchen solche aus ungerechtfertigter Bereicherung grundsätzlich ausscheiden. In Betracht kommt aber eine Vertragsänderung durch konkludente Annahme eines Vertragsangebots des Vermieters. In der Entscheidung vom 2. November 1989 (BGHZ 109, 177) heißt es ausdrücklich: „Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswillens, Geschäftswillens) liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat.“ Diese Grundsätze für eine „fiktive“ Willenserklärung gelten auch für schlüssiges Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein.
Nutze der Mieter einen neuen Vertragsgegenstand, den ihm der Vermieter gegen Zahlung einer zusätzlichen Miete angeboten hatte, erwecke er damit den Anschein, er stimme der Vertragsänderung zu. Unerheblich ist es, wenn er eine dahin gehende Willenserklärung nicht abgeben wollte. Der BGH hat deshalb auch die Vereinbarung für unerheblich gehalten, wonach die Mieterin den Einwand behalten sollte, zur Duldung der Maßnahmen nicht verpflichtet gewesen zu sein, da sie ja gerade durch die Nutzung die Änderung gebilligt habe. Eine solche „Willenserklärung durch Ingebrauchnahme“ scheidet nur dann aus, wenn es sich um Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung handelt (etwa Einbau neuer Fenster), die der Mieter zwangsläufig nutzen muss, da er ansonsten gezwungen wäre, aus der Wohnung auszuziehen, um den Anschein der Billigung zu vermeiden (LG Leipzig WuM 2002, 94).
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2014, Seite 1133 und in unserer Datenbank)
Autor: Rudolf Beuermann






