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„Mietpreisbremse“ nützt Gutverdienern und schädigt den mittelständischen Hausbesitz
Gesetzesvorgaben zur Deckelung der Miete
04.08.2014 (GE 13/2014, S. 828) Die „Mietpreisbremse“ wurde von allen Parteien als Wahlgeschenk versprochen. Inzwischen wächst – wie beim jüngsten Rentenpaket – die Einsicht, dass damit ein falscher Weg beschritten wird, weil davon die Falschen profitieren. Aber wie bei der Rente wird auch der Marsch in den Holzweg nicht abgebrochen.
Eine Begrenzung der Neuvertragsmieten führt ganz sicher nicht zu mehr, sondern tendenziell zu weniger Wohnungen, aber was noch fataler ist: Es werden die belohnt und bevorzugt, für die eine Mietbegrenzung nicht gedacht ist. Profitieren werden die Wohlhabenden und Gutverdiener, die Einkommensschwachen haben nichts davon, sie haben es nur schwerer, eine Wohnung zu finden. Und zusätzlich wird der mittelständische Hausbesitz, der durch staatliche Überregulierung ohnehin auf dem Rückmarsch ist, weiter geschädigt. Dabei stellt er doch die Vermieter, von denen das Land noch ein paar mehr gebrauchen könnte.
Wie die meisten privaten mittelständischen Vermieter „ticken“, schildern ein Brief und ein paar Fotos, die uns unser Leser Christhard Richter schickte, und den wir nachstehend mit seiner Erlaubnis wiedergeben. Er sei besonders den Politikern unter unseren Lesern zur Lektüre empfohlen.
***
Christhard Richter schreibt: „Ich bin Rentner (75) und habe von meiner Großmutter ein Mietshaus in Berlin/Prenzlauer Berg mit 40 Wohnungen geerbt; es sollte wie bei ihr die Alterssicherung sein.
Ich habe das Haus aus eigenen Mitteln und mit Bankkrediten endlich in die Zone der ‚schwarzen Zahlen‘ gebracht. Zum größten Teil meiner Mieter habe ich ein fast freundschaftliches Verhältnis. Muss ein Mieter ausziehen, dann habe ich kein Problem, Nachmieter auszusuchen, die in mein Ambiente passen. Trotzdem wohnen bei mir betagte Mieter – die älteste Mieterin ist gerade 90 Jahre alt geworden. Wohnen neue Mieter erst einmal bei mir und suchen aus familiären Gründen eine größere Wohnung, dann warten sie oft lieber so lange, bis bei mir eine größere Wohnung frei wird. Wird ein Kind hier geboren, dann bekommt es 30 € Mietnachlass pro Monat. Dies nur, um zu zeigen, aus was für einem Holz ich geschnitzt bin.
Warum schreibe ich das?
Nachdem die Weihrauchschwaden verzogen sind, kann ich Ihnen mein Dilemma schildern, das ich mit der Androhung einer Mietendeckelung auf mich zukommen sehe:
● Die Restaurierung des Gebäudes, der Fassaden, des Treppenhauses, der Einbau der Zentralheizung, der Austausch der Abwasser- und Wasserrohre und die anderen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen hätte ich ohne Darlehen "bis zum Anschlag" nicht ausführen können. Brauchte ich ein neues Darlehen, dann musste ich der Bank erst einmal nachweisen, dass die Mieteinnahmen das erlauben, und dass sie gestiegen sind, Jahr für Jahr.
● Bei Neuvermietungen blieb ich stets moderat etwa 3-4 €/ m2 unter dem, was der Markt tatsächlich hergegeben hätte. Mir war wichtig, dass der Mieter als Person in "mein Ensemble" passte. Trotzdem liegen meine Neuvermietungen mit 8-10 €/m2 um einiges über dem Mietspiegel. Das brauchte ich aber für meine Finanzierung.
● Meine Altmieter sind mir lieb und teuer, zumal einige noch meine Oma und eine Mieterin sogar mich als Kind kannten. Aber mit Kaltmieten unter 6 €/ m2 tragen sie wenig zur Kostendeckung bei. Deshalb wurden deren Mieten – je nach Vermögen – mehr oder weniger an den Modernisierungskosten beteiligt (Aufzug, Fenster). So kam ich wenigstens in die Größenordnung von 7 €/m2. Was würde bei einer Deckelung von 10 % über dem Mietspiegel passieren?
● Wird eine jener Altmieterwohnungen frei, für die ich nur durch die Modernisierungsmaßnahmen Mieten bekam, die aber um einiges über dem Mietpreisspiegel und über diesem "Deckel" liegen –, dann muss ich diese Wohnung grundsanieren. Sie haben zwar inzwischen neue Fenster, aber der Rest ist Vorkriegs- oder – mit Verlaub – DDR-Standard. Erfahrungsgemäß kostet die Renovierung zwischen 7.000 und 10.000 € je Wohnung. Vermiete ich diese Wohnung neu, bekäme ich trotzdem dann weniger als vorher! Woher sollte man die Motivation hernehmen, sie vorher zu renovieren?
● Wenn ich eine Wohnung im lmmobilienscout24 anbiete – ich brauche keinen Makler –, dann trudeln die Bewerbungen zu Hunderten in meiner Hausverwaltung ein. (Ich schicke Ihnen ein paar Bilder, damit Sie nachvollziehen können, warum.) Bei 2- bis 3-Zimmerwohnungen sind das üblicherweise Akademikerfamilien, bei den vielen 1-Zimmerwohnungen in den Hinterhäusern sind es Studenten – vorrangig Musikstudenten, sonst eher "unbeliebte" Mieter, bei mir aber willkommen – oder Alleinstehende mit Job.
Müsste ich die Wohnung mit gedeckelter Miethöhe anbieten, dann sind folgende Szenarien denkbar: Die Wohlbetuchten würden sich mit allen möglichen Tricks ein Vorrecht erkaufen wollen. Vielleicht liegt ein 10.000-€-Schein im Antrag, vielleicht macht man einen wie auch immer gearteten Vertrag neben dem offiziellen Mietvertrag, der jedenfalls nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Abgesehen davon, dass ich mich ungern in eine unübersichtliche Lage hineinbegeben möchte, in der ich möglicherweise in unschöne Rechtsstreitigkeiten gezogen werde: Mich rettet das nicht aus meinem Dilemma, meiner Bank belegen zu müssen, dass die Mieteinnahmen die Finanzierungskosten decken.
● Zieht ein Mieter aus, der beispielsweise 9 €/m2 bezahlt hatte, weil die Wohnung total saniert ist (geschliffene Dielen, moderne Fenster, neues Bad): Mit welcher Logik soll diese Wohnung zu einem Preis Mietspiegel + 10 % vermietet werden, wo neben ihr eine Altwohnung mit DDR-Standard über 7 €/m2 kostet?
● Kurzum: Durch die Deckelung bekommen nicht die minderbemittelten Schichten eine neue Chance, sondern die Wohlhabenden könnten sich noch mehr freuen, so günstig hier wohnen zu können.“
***
Soweit der Brief dieses Lesers, der anschaulich schildert, wie er zwischen "Bankenaufsicht" und Mietrecht den bislang offenbar gelungenen Versuch macht, seinen Mietern ein wirkliches Heim und sich eine auskömmliche Altersrente zu sichern. Dabei übersehen wir nicht, dass einige seiner Befürchtungen unbegründet sind, weil jedenfalls nach dem vorliegenden Referentenentwurf bei der Neuvermietung keine Reduzierung der bisherigen Miete erzwungen wird; sie genießt vielmehr Bestandsschutz, von dem aber die Inflation jedes Jahr ein Stück Wert abknabbert.
Bislang konnten die Eigentümer aber das – und auch den Umstand, dass viele von ihnen die Mieten im Bestand viel seltener erhöht haben, als es möglich und zulässig gewesen wäre – dadurch kompensieren, dass sie eben bei Neuabschluss auch höhere Mieten vereinbart haben als „ortsübliche Miete plus 10 %“. Diese mieterschonende Taktik wird sich mit der Einführung der Mietpreisbremse erledigen, denn die finanzielle Schonung von Bestandsmietern kann künftig nicht mehr durch höhere Neuvertragsmieten kompensiert werden. Dass wohnungssuchende Gutverdiener von der Neuregelung profitieren, zahlen Bestandsmieter mit höheren Mieten und der Vermieter u.U. mit mehr Unfrieden im Haus.
Wie die meisten privaten mittelständischen Vermieter „ticken“, schildern ein Brief und ein paar Fotos, die uns unser Leser Christhard Richter schickte, und den wir nachstehend mit seiner Erlaubnis wiedergeben. Er sei besonders den Politikern unter unseren Lesern zur Lektüre empfohlen.
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Christhard Richter schreibt: „Ich bin Rentner (75) und habe von meiner Großmutter ein Mietshaus in Berlin/Prenzlauer Berg mit 40 Wohnungen geerbt; es sollte wie bei ihr die Alterssicherung sein.
Ich habe das Haus aus eigenen Mitteln und mit Bankkrediten endlich in die Zone der ‚schwarzen Zahlen‘ gebracht. Zum größten Teil meiner Mieter habe ich ein fast freundschaftliches Verhältnis. Muss ein Mieter ausziehen, dann habe ich kein Problem, Nachmieter auszusuchen, die in mein Ambiente passen. Trotzdem wohnen bei mir betagte Mieter – die älteste Mieterin ist gerade 90 Jahre alt geworden. Wohnen neue Mieter erst einmal bei mir und suchen aus familiären Gründen eine größere Wohnung, dann warten sie oft lieber so lange, bis bei mir eine größere Wohnung frei wird. Wird ein Kind hier geboren, dann bekommt es 30 € Mietnachlass pro Monat. Dies nur, um zu zeigen, aus was für einem Holz ich geschnitzt bin.
Warum schreibe ich das?
Nachdem die Weihrauchschwaden verzogen sind, kann ich Ihnen mein Dilemma schildern, das ich mit der Androhung einer Mietendeckelung auf mich zukommen sehe:
● Die Restaurierung des Gebäudes, der Fassaden, des Treppenhauses, der Einbau der Zentralheizung, der Austausch der Abwasser- und Wasserrohre und die anderen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen hätte ich ohne Darlehen "bis zum Anschlag" nicht ausführen können. Brauchte ich ein neues Darlehen, dann musste ich der Bank erst einmal nachweisen, dass die Mieteinnahmen das erlauben, und dass sie gestiegen sind, Jahr für Jahr.
● Bei Neuvermietungen blieb ich stets moderat etwa 3-4 €/ m2 unter dem, was der Markt tatsächlich hergegeben hätte. Mir war wichtig, dass der Mieter als Person in "mein Ensemble" passte. Trotzdem liegen meine Neuvermietungen mit 8-10 €/m2 um einiges über dem Mietspiegel. Das brauchte ich aber für meine Finanzierung.
● Meine Altmieter sind mir lieb und teuer, zumal einige noch meine Oma und eine Mieterin sogar mich als Kind kannten. Aber mit Kaltmieten unter 6 €/ m2 tragen sie wenig zur Kostendeckung bei. Deshalb wurden deren Mieten – je nach Vermögen – mehr oder weniger an den Modernisierungskosten beteiligt (Aufzug, Fenster). So kam ich wenigstens in die Größenordnung von 7 €/m2. Was würde bei einer Deckelung von 10 % über dem Mietspiegel passieren?
● Wird eine jener Altmieterwohnungen frei, für die ich nur durch die Modernisierungsmaßnahmen Mieten bekam, die aber um einiges über dem Mietpreisspiegel und über diesem "Deckel" liegen –, dann muss ich diese Wohnung grundsanieren. Sie haben zwar inzwischen neue Fenster, aber der Rest ist Vorkriegs- oder – mit Verlaub – DDR-Standard. Erfahrungsgemäß kostet die Renovierung zwischen 7.000 und 10.000 € je Wohnung. Vermiete ich diese Wohnung neu, bekäme ich trotzdem dann weniger als vorher! Woher sollte man die Motivation hernehmen, sie vorher zu renovieren?
● Wenn ich eine Wohnung im lmmobilienscout24 anbiete – ich brauche keinen Makler –, dann trudeln die Bewerbungen zu Hunderten in meiner Hausverwaltung ein. (Ich schicke Ihnen ein paar Bilder, damit Sie nachvollziehen können, warum.) Bei 2- bis 3-Zimmerwohnungen sind das üblicherweise Akademikerfamilien, bei den vielen 1-Zimmerwohnungen in den Hinterhäusern sind es Studenten – vorrangig Musikstudenten, sonst eher "unbeliebte" Mieter, bei mir aber willkommen – oder Alleinstehende mit Job.
Müsste ich die Wohnung mit gedeckelter Miethöhe anbieten, dann sind folgende Szenarien denkbar: Die Wohlbetuchten würden sich mit allen möglichen Tricks ein Vorrecht erkaufen wollen. Vielleicht liegt ein 10.000-€-Schein im Antrag, vielleicht macht man einen wie auch immer gearteten Vertrag neben dem offiziellen Mietvertrag, der jedenfalls nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Abgesehen davon, dass ich mich ungern in eine unübersichtliche Lage hineinbegeben möchte, in der ich möglicherweise in unschöne Rechtsstreitigkeiten gezogen werde: Mich rettet das nicht aus meinem Dilemma, meiner Bank belegen zu müssen, dass die Mieteinnahmen die Finanzierungskosten decken.
● Zieht ein Mieter aus, der beispielsweise 9 €/m2 bezahlt hatte, weil die Wohnung total saniert ist (geschliffene Dielen, moderne Fenster, neues Bad): Mit welcher Logik soll diese Wohnung zu einem Preis Mietspiegel + 10 % vermietet werden, wo neben ihr eine Altwohnung mit DDR-Standard über 7 €/m2 kostet?
● Kurzum: Durch die Deckelung bekommen nicht die minderbemittelten Schichten eine neue Chance, sondern die Wohlhabenden könnten sich noch mehr freuen, so günstig hier wohnen zu können.“
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Soweit der Brief dieses Lesers, der anschaulich schildert, wie er zwischen "Bankenaufsicht" und Mietrecht den bislang offenbar gelungenen Versuch macht, seinen Mietern ein wirkliches Heim und sich eine auskömmliche Altersrente zu sichern. Dabei übersehen wir nicht, dass einige seiner Befürchtungen unbegründet sind, weil jedenfalls nach dem vorliegenden Referentenentwurf bei der Neuvermietung keine Reduzierung der bisherigen Miete erzwungen wird; sie genießt vielmehr Bestandsschutz, von dem aber die Inflation jedes Jahr ein Stück Wert abknabbert.
Bislang konnten die Eigentümer aber das – und auch den Umstand, dass viele von ihnen die Mieten im Bestand viel seltener erhöht haben, als es möglich und zulässig gewesen wäre – dadurch kompensieren, dass sie eben bei Neuabschluss auch höhere Mieten vereinbart haben als „ortsübliche Miete plus 10 %“. Diese mieterschonende Taktik wird sich mit der Einführung der Mietpreisbremse erledigen, denn die finanzielle Schonung von Bestandsmietern kann künftig nicht mehr durch höhere Neuvertragsmieten kompensiert werden. Dass wohnungssuchende Gutverdiener von der Neuregelung profitieren, zahlen Bestandsmieter mit höheren Mieten und der Vermieter u.U. mit mehr Unfrieden im Haus.