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Für Balkon und Fahrstuhl je 3 %
Minderung bei verzögerter Sanierung
10.07.2014 (GE 2014, S. 706) Bauarbeiten sind meist mit Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs verbunden, so dass, sofern es sich nicht um eine energetische Modernisierung handelt, der Mieter i. d. R. zur Minderung berechtigt ist.
DER FALL: Bei Vertragsschluss wurde das Haus gerade umfassend saniert; Balkone und Fahrstuhl wurden aber später als vereinbart fertiggestellt. Die Mieter der Wohnung im Quergebäude machten deshalb eine Mietminderung geltend und begründeten das zusätzlich mit dem im Innenhof gelagerten Baumaterial und der Einrüstung des Vorderhauses; zusätzlich beriefen sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht.

DAS URTEIL: Das AG Tempelhof-Kreuzberg gab der Zahlungsklage des Vermieters statt, da jedenfalls keine höhere Minderungsquote als die vom Vermieter eingeräumten 7 % angemessen sei. Der im März (Winter) nur eingeschränkt nutzbare Balkon rechtfertige nur eine Minderung von 3 %. Dasselbe gelte für den Fahrstuhl, da die Wohnung der Mieter im 2. OG auch ohne Fahrstuhl gut erreichbar sei. Eine Minderung für die im Hof gelagerten Baumaterialien scheide aus, da die Bauarbeiten bei Vertragsschluss schon stattfanden oder erkennbar waren. Eine Beeinträchtigung der Wohnungen des Quergebäudes durch das Baugerüst am Vorderhaus liege nicht vor.

ANMERKUNG DER REDAKTION: Über einzelne Minderungsquoten kann man immer streiten. Im entschiedenen Fall hatten die (anwaltlich vertretenen) Parteien allerdings Grundsätzliches unzutreffend vorgetragen:
1. Ein Ausschluss des Minderungsrechts des Wohnungsmieters ist immer unwirksam, gleichgültig ob formular- oder individualvertraglich. Möglich ist nur eine Beschaffenheitsvereinbarung, die also den Soll-Zustand der Mietsache beschreibt mit der Folge, dass ein Mietmangel, etwa für Bauarbeiten, nicht vorliegt. Dann ist eben keine Mietminderung möglich.
2. Zusätzlich zur Minderung billigt die Rechtsprechung dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des drei- bis fünffachen Minderungsbetrages zu, das aber nur ein reines Druckmittel zur Wiederherstellung des vertragsgerechten Zustands ist. Nach Mangelbeseitigung entfällt es, und die einbehaltenen Beträge sind nachzuzahlen.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2014, Seite 750)