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Keine besonderen Schutzmaßnahmen für Pappeln und andere Weichhölzer
Bundesgerichtshof zur Verkehrssicherungspflicht bei gesunden Bäumen
06.05.2014 (GE 8/14, 497) Die nach den einschlägigen straßenrechtlichen Vorschriften verkehrssicherungspflichtige Körperschaft (Gemeinde) muss bei gesunden Straßenbäumen auch dann keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn bei diesen – wie z. B. bei der Pappel oder auch bei anderen Weichhölzern – ein erhöhtes Risiko besteht, dass im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden verursacht werden können. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
DER FALL: Der Kläger wohnt in Suhl (Thüringen) in einem Mietshaus. Vor dem Wohnblock befinden sich auf beiden Seiten der Straße öffentliche Parkplätze, die auch von den Anwohnern genutzt werden. An die Parkplätze grenzt ein der beklagten Stadt gehörender Grünstreifen, auf dem im Jahre 2011 einige etwa 50 bis 60 Jahre alte Pappeln standen. Der Kläger stellte im Juni 2011 abends seinen Pkw auf einem der Parkplätze in der Nähe der Pappeln ab. Am nächsten Morgen stellte er Schäden an seinem Fahrzeug fest; von einer der Pappeln war ein grün belaubter Ast auf das Auto gefallen. Der Kläger hat die beklagte Stadt auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage auf Schadensersatz abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der BGH hat auf die zugelassene Revision der beklagten Stadt hin das Urteil des OLG aufgehoben und das klagabweisende landgerichtliche Urteil bestätigt.

DAS URTEIL: Nach der Rechtsprechung des BGH erstreckt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht grundsätzlich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume. Der Verkehrssicherungspflichtige muss daher Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr konkret gefährden, insbesondere wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen.

Weil aber auch völlig gesunde Bäume von Stürmen geknickt oder entwurzelt werden können, andererseits eine Baumerkrankung auch nicht immer von außen erkennbar ist, kann die Verkehrssicherungspflicht nicht darin bestehen, jedwede Gefahr zu beseitigen. Die Behörden genügen ihrer diesbezüglichen Sicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie – außer der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse – eine eingehende Untersuchung der Bäume dann vornehmen, wenn besondere Umstände – wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung, sein statischer Aufbau oder Ähnliches – sie angezeigt erscheinen lassen. Ihre diesbezüglichen Pflichten habe die Beklagte, die Baumkontrollen durchgeführt hat, nicht verletzt. Die streitgegenständliche Pappel und der den Schaden verursachende Ast waren vor dem Schadensfall gesund. Allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten ein erhöhtes Risiko besteht, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, führt nicht dazu, dass diese Bäume als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen eingestuft werden müssten und der Verkehrssicherungspflichtige weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen hat.

Ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, gehört auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken.

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt es nicht, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden. Gehören damit aber die Folgen eines natürlichen Astabbruchs grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko, bedarf es auch keiner sonstigen Maßnahmen, wie der Absperrung des Luftraums unter Pappeln oder der Aufstellung von Warnschildern. Dies würde die Anforderungen an die insoweit allgemein geltende Verkehrssicherungspflicht überspannen.

BGH, Wortlaut GE 2014 Seite 518