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Bundesjustizministerium kennt nicht den Unterschied zwischen „vereinbarter“ und „geschuldeter Miete“
Mietpreisbremse von rechtlichen Laien entworfen?
10.04.2014 (GE 8/14, 883) Das Bundesjustizministerium hat sich in seinem Entwurf für ein Mietrechtsnovellierungsgesetz (vgl. GE 2014, 415 ff.) einen richtigen handwerklichen Korken geleistet, der – sollte er nicht schleunigst beseitigt werden – noch für sehr viel mehr Prozesse sorgen wird, als der Bundesjustizminister durch das Gesetz ohnehin vermutet. Der Grund: Das Gesetz spricht in § 556 e BGB von „geschuldeter“ Miete, meint aber die „vereinbarte“.
Wie berichtet will der Bundesjustizminister mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz eine Beschränkung der zulässigen Mieterhöhung bei Neuvermietung vorschreiben. Regelfall soll danach sein, dass bei Abschluss eines Mietvertrages über Wohnraum, der in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt, die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 % übersteigen darf (§ 556 d Abs. 1 BGB).
Von diesem Regelfall soll es mehrere Ausnahmen geben, die in den §§ 556 e und 556 f BGB geregelt sind. Dabei trifft § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB folgende Regelung:

„Ist die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete), höher als die nach § 556 e Abs. 1 zulässige Miete, so darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden.“

Gemeint ist allerdings nicht die geschuldete Miete, sondern die vereinbarte Miete, wie aus der Begründung des Gesetzentwurfs bei gutem Willen hervorgeht, auch wenn dort geschuldete und die vereinbarte Miete wieder freihändig vermengt werden.
Um den Unterschied zu verdeutlichen: Wenn mit dem Mieter eine Miete von 800 € vereinbart ist, der Mieter aber am Ende seiner Mietzeit die Miete wegen vorhandener Mängel um 50 % mindern durfte, schuldete er keine 800 € mehr, sondern nur noch 400 €.

Beispiel:

Ortsübliche Miete für die Wohnung: 600 €
mit dem bisherigen Mieter vereinbarte Miete: 800 €
berechtigte Minderung um 50 % im letzten Mietmonat, geschuldete Miete mithin: 400 €

Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs dürfte der Vermieter bei einer Neuvermietung lediglich eine Miete von 660 € (ortsübliche Miete + 10 %) vereinbaren.
Wird dagegen nicht auf die geschuldete, sondern die vereinbarte Miete abgestellt, dürfte der Vermieter bei der Neuvermietung 800 € verlangen.

Letzteres soll wohl auch geregelt werden, wurde es aber nicht, denn der Entwurf ist sprachlich eindeutig. Nach früherer Rechtsauslegung war, auch wenn der Gesetzgeber möglicherweise etwas anderes damit zum Ausdruck bringen wollte, der Wortlaut ausschlaggebend, sofern er eindeutig und sinnstiftend war.

Inzwischen sieht das Bundesverfassungsgericht das etwas anders und verlangt im Zweifel eine Orientierung am gesetzgeberischen Willen, wie er etwa aus Gesetzesbegründungen zu ermitteln ist. Dass aber alle Instanzrichter auf der Höhe der Verfassungsrechtsprechung sind, ist ungewiss.

Der dem Mietrechtsnovellierungsgesetz vom Bundesjustizminister beigegebenen Begründung zu § 556 e BGB ist zu entnehmen, dass sie den “Bestandsschutz zugunsten des Vermieters (regelt), wenn im bisherigen Mietverhältnis eine § 556 d BGB übersteigende Miete vereinbart war.“
Dann heißt es wörtlich:

„Diese Vormiete kann dann rechtswirksam als zulässige Miete auch im nachfolgenden Mietverhältnis vereinbart werden.“

Der nachfolgende Absatz der Gesetzesbegründung, der eine spezielle Begründung für die Regelung in § 556 e Abs. 1 BGB enthält, sorgt dann aber für erneute Verwirrung, wenn es dort heißt:

„Abs. 1 Satz 1 enthält eine Bestandsschutzregelung für den Fall, dass die im vorherigen Mietverhältnis GESCHULDETE Miete (Vormiete) die nach § 556 d BGB zulässige Miete übersteigt. In diesem Fall soll der Vermieter nicht gezwungen sein, die Miete im nachfolgenden Mietverhältnis zu senken, denn Zweck der neu eingefügten Vorschrift ist nicht die Absenkung bereits VEREINBARTER Mietentgelte, sondern die Unterbindung unangemessener Preissprünge bei Wiedervermietung. Rechtsfolge der Regelung in Abs. 1 ist, dass die Vertragsparteien eine Miete in Höhe der Vormiete als Obergrenze wirksam vereinbaren können.“ (Hervorhebungen durch die Redaktion)

Man sieht, dass es auch in der Gesetzesbegründung mit der Begrifflichkeit wild durcheinander geht. Mal geht es um die geschuldete, mal um die vereinbarte Miete, im Idealfall sind die Beträge deckungsgleich, wenn aber berechtigterweise gemindert wird, nicht.
Wie heißt es doch so schön und treffend in der Gesetzesvorlage des Bundesjustizministers?

„Auseinandersetzungen zwischen den Vertragsparteien über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in den von der Neuregelung betroffenen Gebieten werden voraussichtlich zu einer zusätzlichen, der Höhe nach nicht prognostizierbaren Kostenbelastung für Vermieter, Mieter und Justiz führen.“

Zu einer der Höhe nach ebenfalls nicht prognostizierbaren Kostenentlastung für Vermieter, Mieter und Justiz würde es dagegen führen, wenn § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB wie folgt lautete:

„Ist die Miete, die mit dem vorherigen Mieter zuletzt vereinbart war (Vormiete), höher als die nach § 556 d Abs. 1 zulässige Miete, so darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden.“