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Ab 1. Mai 2014 gilt das Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum in der gesamten Stadt Berlin
Internet-Portale belegen: In allen Bezirken gibt es genügend freien Wohnraum
31.03.2014 (GE 6/14, 343) Der Berliner Senat hat die Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung) – nach Stellungnahme durch den Rat der Bürgermeister – endgültig beschlossen und damit den Schlussstein für die Anwendung des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes vom Dezember 2013 gesetzt. Durch die Verordnung wird das Zweckentfremdungsverbot für das gesamte Stadtgebiet Berlins als anwendbar erklärt und die Grundlagen des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes weiter ausgeführt. Die Verordnung und damit das generelle Zweckentfremdungsverbot treten am 1. Mai 2014 in Kraft, obwohl es genügend freie Wohnungen gibt.

Ab 1. Mai 2014 gilt das Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum in der gesamten Stadt Berlin

Mit der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Verordnung) wird das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz vom Dezember 2013 umgesetzt. § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes ermächtigt den Senat, durch Rechtsverordnung festzustellen, ob im Land Berlin oder in einzelnen Bezirken die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot vorliegen. Mit der jetzt verabschiedeten Verordnung hat der Berliner Senat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und für ganz Berlin die Voraussetzungen für ein Zweckentfremdungsverbot als gegeben angesehen. Voraussetzung ist, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

Die maßgeblichen Regelungen enthält bereits das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (vgl. ausführlich dazu bereits Schultz, GE 2014 [2] 96 ff.). Die jetzt verabschiedete Zweckentfremdungsverbot-Verordnung enthält darüber hinaus noch ein ganze Reihe zusätzlicher, meist klarstellender und ergänzender Regelungen, die nachstehend kurz erläutert werden.

■ Öffentlich geförderter Wohnraum unterfällt nicht dem Zweckentfremdungsverbot (dafür gelten die Spezialnormen des Wohnraumförderungsgesetzes).

■ Die Wohnfläche spielt im Rahmen des Zweckentfremdungsverbots an mehreren Stellen eine Rolle (z. B. beim Überwiegen der Gewerbenutzung oder im Rahmen der Ausgleichszahlung). Die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung belässt es zwar grundsätzlich bei der Berechnung nach der Wohnflächenverordnung, aber: Abweichend von deren Regelungen bleiben die Grundflächen von Wintergärten, Schwimmbädern und ähnlichen, nach allen Seiten geschlossenen Räumen sowie Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen unberücksichtigt.

■ Die Umwandlung von Räumlichkeiten in einen Nebenraum, insbesondere in einen Baderaum, sowie die Zusammenlegung von Räumlichkeiten oder deren Zuordnung zu einer anderen Wohnung stellen keine Zweckentfremdung dar, wenn im Anschluss eine Wohnnutzung erfolgt.

■ Werden Räumlichkeiten, die zur dauernden Wohnnutzung geeignet sind, erst ab dem 1. Mai 2014 zu Wohnzwecken gewidmet (rechtlich und tatsächlich) oder zu Wohnzwecken genutzt, findet das Zweckentfremdungsverbot Anwendung. Wer also künftig einen Laden zu Wohnzwecken vermietet, stellt ihn zukünftig unter das Verbot der Zweckentfremdung.

■ Eine zweckfremde Nutzung kann rückwirkend genehmigt werden. Das soll für Fälle gelten, in denen nachweislich unbeabsichtigt vor Antrag auf Genehmigung gegen das Zweckentfremdungsverbot verstoßen wurde.

■ Mieter, die einen Antrag auf Zweckentfremdung stellen wollen, müssen dem Antrag die Zustimmung des Vermieters beifügen.

■ Wohnungsunternehmen, die Gästewohnungen vermieten, müssen das überwiegende Interesse an einer solchen Vermietung nicht gesondert begründen, wenn die Gästewohnungen im Verhältnis zum Wohnungsbestand des Unternehmens von zu vernachlässigender Bedeutung sind. Gleiches gilt für die Vermietung von Gästewohnungen durch Gewerkschaften, Universitäten und ähnliche Institutionen.
■ Genehmigte Zweckentfremdungen sind im Regelfall auf die Dauer des Nutzungsverhältnisses zu befristen.

■ Bei umfangreichen Umbauten, längerem Leerstand als sechs Monaten oder beabsichtigtem Abriss gilt anstelle einer Zweckentfremdungsgenehmigung auch eine solche nach § 144 Abs. 1 Baugesetzbuch – BauGB – (Maßnahmen in Sanierungsgebieten), ein Modernisierungs- oder Instandsetzungsgebot nach § 177 Abs. 1 BauGB, ein Abbruchgebot nach § 179 Abs. 1 BauGB, eine Mietaufhebungsverfügung nach § 182 BauGB oder ein entsprechender städtebaulicher Vertrag zwischen dem Land Berlin und dem Grundstückseigentümer. Auch bei einem wohnungsaufsichtsrechtlichen Benutzungsverbot braucht man keine Zweckentfremdungsgenehmigung.


■ Über eine Zweckentfremdungsgenehmigung muss das Bezirksamt binnen vier Wochen entscheiden (§ 3 Abs. 5 Zweckentfremdungsverbot-Gesetz); das Bezirksamt kann diese Frist einmalig um sechs Wochen verlängern, sonst gilt die Genehmigung als erteilt. Antragstellern gibt die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung ein Recht auf schriftliche Auskunft über den Ablauf dieser Fristen.

■ Eine Zweckentfremdungsgenehmigung wird in der Regel mit einer Ausgleichszahlung verbunden, allerdings nicht in Fällen von längerem Leerstand (mehr als sechs Monate), auch nicht, wenn ein vorrangiges öffentliches Interesse an der Zweckentfremdung besteht oder wenn angemessener Ersatzraum geschaffen wird.

■ Für eine genehmigte Zweckentfremdung ist eine laufende monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von bis zu 5 €/m2 zweckentfremdeter Wohnfläche zu leisten; bei Umwandlung in Gewerberaum oder Abriss ist eine einmalige Ausgleichszahlung in Höhe von bis zu 2.000 €/m2 zweckentfremdeter Wohnfläche zu leisten; da bei Schaffung von angemessenem Ersatzraum grundsätzlich keine Ausgleichszahlung zu leisten ist, wird – obwohl das nicht ausdrücklich geregelt ist – auch keine Zahlung bei Abriss verlangt werden können, wenn anschließend neu gebaut werden soll. Führt die Festsetzung einer Ausgleichszahlung in voller Höhe nachweislich zu einer Existenzgefährdung von Freiberuflern oder Gewerbetreibenden, kann die Ausgleichszahlung auf Antrag oder von Amts wegen abgesenkt werden.

■ Soweit für die Nutzung von Räumlichkeiten zu anderen als Wohnzwecken eine Genehmigung nicht erforderlich ist, muss das zuständige Bezirksamt auf Antrag ein Negativattest darüber ausstellen.

Wohnraum, der bereits vor Inkrafttreten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung für gewerbliche oder berufliche Zwecke genutzt wurde, bleibt bis zum Auslaufen des jeweiligen Vertrags weiter geschützt und braucht nicht gekündigt zu werden. Das Gleiche gilt für eingerichtete und ausgeübte gewerbliche oder freiberufliche Betriebe, deren Fortführung in den betreffenden Räumlichkeiten gewährleistet wird. Wegen der Kurzfristigkeit der Vermietung von Ferienwohnungen und im Beherbergungsgewerbe wird ein Übergangszeitraum von zwei Jahren zugesprochen, um dem jeweiligen Eigentümer ausreichend Zeit zu gewähren, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.

Darüber hinaus besteht für zweckfremde Nutzungen auch über den Ablauf des bestehenden Mietverhältnisses hinaus die Möglichkeit, die Erteilung einer Genehmigung zu beantragen, die im Einzelfall auf überwiegende private oder öffentliche Interessen Rücksicht nimmt. Vorrangige öffentliche Interessen sind beispielsweise gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen, Betreuungseinrichtungen (die der Stabilisierung und Verbesserung sozial schwieriger Nachbarschaften dienen) oder für Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke verwendet werden soll. Eine im öffentlichen Interesse liegende Zwischennutzung liegt auch vor, wenn Aussiedler, Asylbewerber und sonstige Personengruppen, auch bei Vermietung von Wohnraum an soziale Träger, untergebracht werden sollen.

Begründet hat der Berliner Senat den Erlass der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung für ganz Berlin inhaltlich wie schon die Kappungsgrenzen-Verordnung und die Kündigungsschutzklausel-Verordnung (vgl. GE 2013 [11] 703 f; 2013 [16] 1027 ff.) durch Heranziehen verschiedener, wohl absichtlich verschleiernder Parameter.

Die Wohnungsangebote in den Online- und Printmedien sprechen eine andere Sprache. Die nachstehende und uns vom ivd Berlin-Brandenburg zur Verfügung gestellte Übersicht listet alle Angebote von August 2013 bis Januar 2014 auf. Die erhobenen Daten sind um Dubletten bereinigt. Sie bilden nur einen Teil des Mietwohnungsangebotes ab, weil der größte Teil des genossenschaftlichen Angebots überhaupt nicht durch kommerzielle Anzeigen zu erfassen ist und weil vor allem in besonders angesagten Bezirken und Ortsteilen eine Vielzahl von Wohnungen gar nicht mehr inseriert werden müssen, sondern über Mund-zu-Mund-Propaganda und die klassische Nachmietersuche (Zettel am Baum) weitervermittelt wird. Damit dürfte das tatsächliche Angebot deutlich höher liegen.