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Ruhegehalt für André Schmitz?
02.03.2014 (GE 5/14, 270) Preisfrage: Was haben Klaus Wowereit, Frank Henkel, Michael Müller, Dilek Kolat, Sandra Scheeres, Dr. Ulrich Nußbaum, Mario Czaja, Thomas Heilmann und Cornelia Yzer gemeinsam? Eine – auf der Hand liegende – Antwort lautet: Sie bilden zusammen den Senat von Berlin. Damit enden die Gemeinsamkeiten aber nicht.
Jedenfalls nicht aus der Sicht des prominenten Berliner Anwalts und Kunstbesessenen Peter Raue. Aus dessen Sicht gehören die neun Genannten nämlich nicht zu den „denkenden Menschen“. Raues Verdikt über die Berliner Regierungsmannschaft lässt sich bekanntlich nicht mit seiner Jugendlichkeit und Friedrich Schiller entschuldigen („Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort, das schwer sich handhabt wie des Messers Schneide; aus ihrem heißen Kopfe nimmt sie keck der Dinge Maß, die nur sich selber richten“, Wallensteins Tod), denn der Mann hat die 70 schon deutlich überschritten. Aber er ist der Anwalt des früheren Kulturstaatssekretärs André Schmitz und darf schon berufsbedingt zu Übertreibungen neigen. Zudem sind Schmitz und Raue echte Brüder im Geiste, wenn es um die Berliner Kulturlandschaft geht. Gemünzt waren die Worte des Anwalts Raue auf das Rücktrittsgesuch seines Mandanten, der den Regierenden Bürgermeister gebeten hatte, ihn von seinen Aufgaben „zu entbinden“. Wowereit und seine gesamte Senatsmannschaft hatten das als Bitte „um Entlassung“ verstanden – angesichts der steuerrechtlichen Verfehlungen war ein solches Verständnis auch keineswegs fernliegend, zumal Schmitz angekündigt hatte, das ihm eventuell zustehende Übergangsgeld spenden zu wollen. Also entließ der Berliner Senat seinen Kulturstaatssekretär aus dem Beamtenstatus. Schmitz widersprach postwendend seiner Entlassung und bat um Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Dieser Status bringt ihm noch für drei Monate die vollen Bezüge (Basis ohne Zuschläge rund 8.450 € monatlich brutto), anschließend drei Jahre ein erhöhtes Ruhegehalt von 71 % des Gehalts und danach seine Versorgungsbezüge entsprechend seiner anrechenbaren Zeiten im öffentlichen Dienst. Wäre Schmitz – wie zunächst entschieden – entlassen worden, hätte er alle Ansprüche aus der Beamtenversorgung verloren, und das Land hätte nur den Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung für die Dauer der Dienstzeit nachzahlen müssen. Aus – wohl zwingenden – rechtlichen Gründen hat der Senat die beschlossene Entlassung des Staatssekretärs aufgehoben und ihn stattdessen in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der Landespressedienst meldete in des Wortes jetzt doppelter Bedeutung verschmitzt: Fristgemäß habe der Staatssekretär sein „Rücktrittsschreiben“ zurückgenommen und erklärt, die damalige Bitte um Entbindung von seinen Aufgaben sei nicht als Entlassungsbitte gemeint gewesen. Oder wie sein Anwalt Peter Raue es formulierte: „kein denkender Mensch ...“ Wenn ein Beamter rund 22.000 € für hinterzogene Steuern nachzahlen muss und am Ende als Belohnung dafür den zehnfachen Betrag als Übergangsgeld erhält, sollte sich niemand wundern, wenn die kleinen Leute ihre eigenen Überlebensmodelle konstruieren. Der Gesetzgeber jedenfalls ist aufgefordert, die Ansprüche an das sogenannte erhöhte Ruhegehalt präziser zu formulieren. Der Hintergrund dieser Zahlung ist doch der, dass ein politischer Beamter ohne Gründe jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt (und von dort auch zurückbeordert) werden kann, damit sich Senatoren und Minister jeweils Mitarbeiter mit genehmem Parteibuch und/oder persönlichem Anforderungsprofil aussuchen können. Das erhöhte Ruhegehalt ist nicht für jene gedacht, die aufgrund persönlicher Verfehlungen den Hut nehmen müssen.
Autor: Dieter Blümmel