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Auch eine unbeschränkte Untervermietungserlaubnis umfasst nicht eine Vermietung an Touristen
BGH setzt Stoppschild – Kündigung möglich
26.02.2014 (GE 4/14, 220) Auch die einem Mieter sachlich unbeschränkt erteilte Genehmigung zur Untervermietung berechtigt den Mieter nicht, die Wohnung Touristen zu überlassen, entschied der Bundesgerichtshof und hob die gegenteilige Entscheidung des Landgerichts Berlin (vgl. GE 2013, 1231, 1277) auf. Wir hatten die Entscheidung des Landgerichts bereits damals als „sehr zweifelhaft“ kritisiert. Der BGH sah das jetzt ebenso.
Der Fall: Der Beklagte ist seit dem 1. März 2003 Mieter einer Zwei-Zimmer-Wohnung (42,85 m2) in Berlin. Die Kläger sind im Jahr 2011 als Vermieter in den Vertrag eingetreten.
Im Jahr 2008 erbat der Beklagte von der damaligen Vermieterin die Erlaubnis zur Untervermietung, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am Wochenende zu einem Besuch seiner Tochter nutze, und er sie deshalb zeitweise untervermieten wolle. Die Vermieterin erteilte mit Schreiben vom 13. Februar 2008 eine Erlaubnis zur Untervermietung „ohne vorherige Überprüfung“ gewünschter Untermieter.
In dem Schreiben heißt es weiter: „Sie verpflichten sich, Ihren Untermietern Postvollmacht zu erteilen. Das bedeutet, dass alle Willenserklärungen, Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen etc. [...] als ordnungsgemäß zugestellt gelten, wenn sie in Ihrem Briefkasten [...] landen, auch wenn sie vielleicht durch Ihre Untermieter nicht an Sie weitergegeben sein sollten.“ Im Mai 2011 bot der Beklagte die Wohnung im Internet zur tageweisen Anmietung von bis zu vier Feriengästen an. Die Kläger beanstandeten eine derartige Nutzung als vertragswidrig und mahnten den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2011 unter Androhung einer Kündigung ab. Der Beklagte erwiderte, die Vermietung an Touristen sei von der erteilten Untervermietungserlaubnis umfasst; er wolle lediglich eine Deckung der Leerstandsunkosten erreichen und betrachte damit die Abmahnung als gegenstandslos. Die Kläger mahnten ihn daraufhin erneut ab. Im November 2011 und August 2012 war das Internetangebot des Beklagten wiederum im Internet abrufbar. Die Kläger kündigten das Mietverhältnis daraufhin am 12. Januar 2012, am 5. Dezember 2012 sowie mit Klageerhebung fristlos und hilfsweise fristgemäß. Der Beklagte hat sich im Prozess unter Beweisantritt darauf berufen, dass er die Vermietung an Touristen nach der Abmahnung unverzüglich eingestellt und die Internetanzeigen gelöscht habe. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen (vgl. GE 2013, 1231, 1277). Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg.
Das Urteil: Der u. a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Beklagte nicht zur Untervermietung an Touristen berechtigt war und die Räumungsklage deshalb jedenfalls nicht mit der vom Landgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden durfte. Das Landgericht Berlin (ZK 65) habe bei der Auslegung der Untervermietungserlaubnis rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen sich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung unterscheide und deshalb nicht ohne Weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst sei. Hier habe die Vermieterin zudem verlangt, dass der Beklagte den Untermietern Postvollmacht erteilen solle; schon daraus sei erkennbar gewesen, dass sich die Erlaubnis nicht auf die Vermietung an Touristen habe beziehen können, die eine derartige Funktion offensichtlich nicht wahrnehmen können.
Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.
Anmerkung: Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Auffassung vertreten, dass der Mieter nicht zur Untervermietung an Touristen berechtigt war, weil die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen sich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung unterscheide und deshalb nicht ohne Weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst sei. Demgegenüber hat der V. Zivilsenat in mehreren Entscheidungen (Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 72/09, GE 2010, 345; Urteil vom 1. Oktober 2010 - V ZR 220/09, GE 2010, 1604) die Auffassung vertreten, zwar würden im Unterschied zu Mietern, die eine Eigentumswohnung als Haupt- oder Nebenwohnung anmieten, Feriengäste und vergleichbare Mieter nur für kurze Zeit die Wohnung nutzen, der dadurch bedingte häufige Wechsel des Mieters führe als solcher aber nicht zu Beeinträchtigungen, die sich signifikant von denen anderer Formen der Wohnnutzung abheben.
Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Vielmehr dürfte der VIII. Zivilsenat mit seiner Auffassung richtig liegen, dass eine Erlaubnis zur Untervermietung nicht die Erlaubnis zur tageweisen Vermietung an Touristen umfasst, weil sich eine derartige Nutzung nicht mehr in dem durch den Wohnzweck vorgegebenen Rahmen hält, der eine dauerhafte Nutzung der Wohnung durch den Mieter selbst – und nicht durch kurzfristig wechselnde Touristen – vorgibt. Kurzfristig wechselnde Touristen „wohnen” nicht in den Räumen, sondern benutzen die Räume nur als vorübergehende Unterkunft, wie bei der Anmietung von Zimmern in Beherbergungsunternehmen. Weder versehen sie die Wohnung mit eigenen Einrichtungsgegenständen noch bauen sie eine Nachbarschaftsbeziehung auf, wie sie sich zwischen den Mietern von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entwickelt. Der ständig wechselnde Nutzerkreis kann auch die Sicherheit der Mieterschaft beeinträchtigen, zumindest das Sicherheitsgefühl der Mieter beeinträchtigen, die die wechselnden Nutzer nicht näher kennenlernen. Zudem liegen bei durchreisenden Touristen konkrete Störungen näher als bei ständigen Mitbewohnern.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 4 /2014, 248)
Im Jahr 2008 erbat der Beklagte von der damaligen Vermieterin die Erlaubnis zur Untervermietung, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am Wochenende zu einem Besuch seiner Tochter nutze, und er sie deshalb zeitweise untervermieten wolle. Die Vermieterin erteilte mit Schreiben vom 13. Februar 2008 eine Erlaubnis zur Untervermietung „ohne vorherige Überprüfung“ gewünschter Untermieter.
In dem Schreiben heißt es weiter: „Sie verpflichten sich, Ihren Untermietern Postvollmacht zu erteilen. Das bedeutet, dass alle Willenserklärungen, Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen etc. [...] als ordnungsgemäß zugestellt gelten, wenn sie in Ihrem Briefkasten [...] landen, auch wenn sie vielleicht durch Ihre Untermieter nicht an Sie weitergegeben sein sollten.“ Im Mai 2011 bot der Beklagte die Wohnung im Internet zur tageweisen Anmietung von bis zu vier Feriengästen an. Die Kläger beanstandeten eine derartige Nutzung als vertragswidrig und mahnten den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2011 unter Androhung einer Kündigung ab. Der Beklagte erwiderte, die Vermietung an Touristen sei von der erteilten Untervermietungserlaubnis umfasst; er wolle lediglich eine Deckung der Leerstandsunkosten erreichen und betrachte damit die Abmahnung als gegenstandslos. Die Kläger mahnten ihn daraufhin erneut ab. Im November 2011 und August 2012 war das Internetangebot des Beklagten wiederum im Internet abrufbar. Die Kläger kündigten das Mietverhältnis daraufhin am 12. Januar 2012, am 5. Dezember 2012 sowie mit Klageerhebung fristlos und hilfsweise fristgemäß. Der Beklagte hat sich im Prozess unter Beweisantritt darauf berufen, dass er die Vermietung an Touristen nach der Abmahnung unverzüglich eingestellt und die Internetanzeigen gelöscht habe. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen (vgl. GE 2013, 1231, 1277). Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg.
Das Urteil: Der u. a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Beklagte nicht zur Untervermietung an Touristen berechtigt war und die Räumungsklage deshalb jedenfalls nicht mit der vom Landgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden durfte. Das Landgericht Berlin (ZK 65) habe bei der Auslegung der Untervermietungserlaubnis rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen sich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung unterscheide und deshalb nicht ohne Weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst sei. Hier habe die Vermieterin zudem verlangt, dass der Beklagte den Untermietern Postvollmacht erteilen solle; schon daraus sei erkennbar gewesen, dass sich die Erlaubnis nicht auf die Vermietung an Touristen habe beziehen können, die eine derartige Funktion offensichtlich nicht wahrnehmen können.
Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.
Anmerkung: Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Auffassung vertreten, dass der Mieter nicht zur Untervermietung an Touristen berechtigt war, weil die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen sich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung unterscheide und deshalb nicht ohne Weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst sei. Demgegenüber hat der V. Zivilsenat in mehreren Entscheidungen (Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 72/09, GE 2010, 345; Urteil vom 1. Oktober 2010 - V ZR 220/09, GE 2010, 1604) die Auffassung vertreten, zwar würden im Unterschied zu Mietern, die eine Eigentumswohnung als Haupt- oder Nebenwohnung anmieten, Feriengäste und vergleichbare Mieter nur für kurze Zeit die Wohnung nutzen, der dadurch bedingte häufige Wechsel des Mieters führe als solcher aber nicht zu Beeinträchtigungen, die sich signifikant von denen anderer Formen der Wohnnutzung abheben.
Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Vielmehr dürfte der VIII. Zivilsenat mit seiner Auffassung richtig liegen, dass eine Erlaubnis zur Untervermietung nicht die Erlaubnis zur tageweisen Vermietung an Touristen umfasst, weil sich eine derartige Nutzung nicht mehr in dem durch den Wohnzweck vorgegebenen Rahmen hält, der eine dauerhafte Nutzung der Wohnung durch den Mieter selbst – und nicht durch kurzfristig wechselnde Touristen – vorgibt. Kurzfristig wechselnde Touristen „wohnen” nicht in den Räumen, sondern benutzen die Räume nur als vorübergehende Unterkunft, wie bei der Anmietung von Zimmern in Beherbergungsunternehmen. Weder versehen sie die Wohnung mit eigenen Einrichtungsgegenständen noch bauen sie eine Nachbarschaftsbeziehung auf, wie sie sich zwischen den Mietern von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entwickelt. Der ständig wechselnde Nutzerkreis kann auch die Sicherheit der Mieterschaft beeinträchtigen, zumindest das Sicherheitsgefühl der Mieter beeinträchtigen, die die wechselnden Nutzer nicht näher kennenlernen. Zudem liegen bei durchreisenden Touristen konkrete Störungen näher als bei ständigen Mitbewohnern.
(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 4 /2014, 248)
Autor: Harald Kinne