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Quotenabgeltung generell und Renovierungsklauseln bei unrenovierter Übergabe bald unwirksam?
Schönheitsreparaturen: Der nächste große Knall aus Karlsruhe kommt
21.02.2014 (GE 4/14, 211) Ein Beschluss des VIII. Senats des BGH (Wortlaut Seite 245) gibt zu weitreichenden Spekulationen Anlass: Offenbar steht (wieder einmal) eine tiefgreifende Änderung der Rechtsprechung des BGH zu Schönheitsreparaturen bevor – jedenfalls für unrenovierte/ renovierungsbedürftig übergebene Wohnungen und alle Quotenklauseln.
Worum geht es: Am 13. November 2013 fand eine mündliche Verhandlung in der Revisionssache eines klagenden Mieters vor dem VIII. Senat statt. Ein Verkündungstermin wurde zum 22. Januar 2014 angesetzt. In diesem Termin wurde ein Beschluss verkündet, dass erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten werden solle. Aufgrund der durchgeführten Beratung hätten sich bislang nicht (ausreichend) erörterte Fragen ergeben, zu denen Gelegenheit zur Stellungnahme bestehe.

Dem liegt das Urteil des LG Itzehoe vom 28. September 2012 - 9 S 27/12- zugrunde. Das Mietverhältnis dauerte vom 16. Februar 2007 bis 21. März 2010. Der Mietvertrag enthielt eine Schönheitsreparaturklausel mit weichen Fristen. Ferner war eine Quotenabgeltungsklausel für den Fall vereinbart, dass das Mietverhältnis vor Ablauf der Fristen endet. Der Anteil an den Kosten wurde mit spezifizierten prozentualen Quoten aufgelistet. Ferner wurde der Mieter verpflichtet, Dübeleinsätze zu entfernen, gebohrte Löcher ordnungsgemäß und unkenntlich zu verschließen.

Der Mieter machte nach Mietende ein Kautionsguthaben klageweise geltend. Dagegen rechnete der Vermieter mit einem Anspruch wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und im Hinblick auf die Quotenklausel auf. Das AG gab der Klage des Mieters statt, das LG wies sie ab. Die mietvertraglichen Klauseln (also auch die Quotenklausel) seien nicht zu beanstanden. Die Ansicht des AG, die Vertragsbestimmungen zu den Bohr-/Dübellöchern seien unwirksam, weil damit auch eine Endrenovierung verbunden sei, was die Schönheitsreparaturklausel als solche unwirksam mache, sei unzutreffend. Das LG ließ die Revision zu, weil höchstrichterlich nicht geklärt sei, ob Klauseln, die die Pflicht des Mieters zur Rückgabe der Mietsache konkretisierten und im Ergebnis auf eine renovierungsähnliche Pflicht hinauslaufen könnten, mit einer Klausel zu laufenden Schönheitsreparaturen zu vereinbaren seien.

In seinem jetzigen Beschluss, der nahelegt, dass der BGH sämtliche Quotenklauseln und für den Fall einer unrenoviert vermieteten Wohnung auch sämtliche bislang gebräuchlichen wirksamen Klauseln zu Schönheitsreparaturen für unwirksam hält, erörtert der BGH folgende Fragen:

1. Im Urteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, GE 2007, 1622 habe der Senat bereits Bedenken geäußert, ob eine Quotenabgeltungsklausel bei unrenoviert/renovierungsbedürftig überlassener Wohnung § 307 Abs. 1 BGB standhalte. Die Zweifel habe er damit begründet, dass, wenn der Mieter während der Mietzeit keine Schönheitsreparaturen durchgeführt habe, sich am Ende der Mietzeit nicht feststellen lasse, in welchem Umfang die Abnutzung durch den Mieter selbst und wie weit sie durch den Vormieter herbeigeführt worden sei. Gleiches gelte, wenn der Mieter im Laufe seiner Mietzeit renoviert habe und möglicherweise doppelt belastet werde, weil er zusätzlich zu den Schönheitsreparaturen mit einer anteiligen Kostenquote belastet werde, obwohl er die von ihm (jedenfalls auch zur Beseitigung der Abnutzung durch den Vormieter) vorgenommenen Dekorationsarbeiten noch nicht vollständig abgenutzt habe. Wenn diese Bedenken – entgegen BGH VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, GE 1988, 266 – für durchgreifend erachtet würden, käme es im Streitfall darauf an, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben worden sei, wozu das LG keine Feststellungen getroffen habe.

2. Diese Überlegungen, so der BGH, könnten zur Folge haben, dass bei unrenoviert/ renovierungsbedürftig überlassener Wohnung auch bereits die (Grund-) Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter als unangemessen benachteiligend anzusehen wäre. Denn auch hier würde der Mieter zur Beseitigung von Gebrauchsspuren verpflichtet, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht habe. 3. Unabhängig davon stelle sich die grundsätzliche Frage, ob Quotenabgeltungsklauseln der Inhaltskontrolle überhaupt standhalten könnten. Der Senat habe zwar in den genannten Urteilen eine entsprechende Klausel über eine vom Vermieter renoviert überlassene Wohnung für unbedenklich gehalten, wenn sie eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustandes dergestalt ermögliche, dass für die Quotenberechnung das Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich sei, nach dem bei der hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde. Es sei jedoch fraglich, ob sich auf Basis des tatsächlichen Zustands der Wohnung bei Mietende eine realistische Feststellung dazu treffen lasse, welcher hypothetischen Nutzungsdauer bei „normaler“ Nutzung der bei Mietende bestehende Abnutzungsgrad der einzelnen Wohnräume entspreche, und ob darüber hinaus eine empirische Prognose über den (hypothetischen) Zeitpunkt des voraussichtlich eintretenden Renovierungsbedarfs bei unterstellter Fortdauer des tatsächlichen Nutzungsverhaltens des Mieters zuverlässig möglich sei, oder ob dies nicht vielmehr einer Fiktion gleichkomme. Darin könnte eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gesehen werden. Auf die Frage, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert überlassen worden sei, käme es dann nicht an. Die Parteien haben nur Gelegenheit, zu den aufgeworfenen Problemen Stellung zu nehmen.

Es kann eine Prognose gewagt werden: Nach der Entscheidung des BGH zu VIII ZR 143/06 (GE 2007, 1622) ist schon von der Literatur angezweifelt worden, ob die Berechnungsmethode des BGH praktikabel ist (vgl. Schach in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 7. Aufl., § 535 BGB Rn. 171). Das scheint der BGH jetzt einzuräumen, so dass die Quotenklausel wohl endgültig begraben wird.

Noch spannender wird es zur Grundüberwälzung der Schönheitsreparaturen. Wirksame Klauseln werden bei Vermietung einer renovierten Wohnung (noch) Bestand haben, bei Überlassung einer unrenovierten/ renovierungsbedürftigen Wohnung aber wohl nicht mehr. Bisher durfte nach der Rechtsprechung des BGH dem Mieter auch eine unrenovierte Wohnung übergeben werden, die üblichen Renovierungsfristen liefen dann erst ab Beginn des Mietverhältnisses.

Es rächt sich jetzt, dass der Gesetzgeber bei der Mietrechtsreform dieses Problem nicht angegangen ist. Das Problem und seine Lösung wird uns wohl das ganze Jahr beschäftigen.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 4 /2014, 245)
Autor: Klaus Schach