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Allgemeines Lebensrisiko des Mieters
Kein Anspruch auf Zaun gegen Wildschweine in Waldnähe
05.02.2014 (GE 3/14, 152) Das Amtsgericht Köpenick (GE 2013, 1006) hat einen Mieter für berechtigt gehalten, vom Vermieter die Errichtung eines stabilen Zauns zu verlangen, wenn der mietergarten regelmäßig von Wildschweinen verwüstet wurde. Das Amtsgericht Wedding bezweifelt einen Mietmangel und verneint jedenfalls einen Anspruch auf weiträumige Einfriedung.
Der Fall: Die Wohnung des Mieters im EG mit Terrasse befand sich auf einem waldnahen Gelände mit mehreren Miethäusern und einem Biotop. Zur Wildschweinabwehr hatte der Mieter Elektrodrähte gespannt, die über die Terrasse bis zur Grundstücksgrenze reichten. Der Mieter minderte die Miete und verlangte von der Vermieterin die Ausbesserung oder Errichtung eines neuen Zauns; die Vermieterin verlangte widerklagend Entfernung des Elektrodrahtes.

Das Urteil: Das AG Wedding wies die Klage des Mieters ab und gab der Widerklage statt. Der Mieter könne, wenn überhaupt, nur Einfriedung der Mietsache verlangen, nicht jedoch die Errichtung eines Zauns für ein Gelände, das weit über den räumlichen Bereich der Mietsache hinausgehe. Die Wildschweine stellten auch keinen Mietmangel dar, da eine abstrakte Gefahr dafür nicht ausreiche. Es müssten vielmehr konkrete, nicht unerhebliche Beeinträchtigungen vorliegen. Schließlich sei das Vorhandensein von Wildschweinen in der Nähe von bewaldeten Gebieten dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen; die Vermieter von solchen Wohnungen seien nicht gehalten, alles zu unternehmen, um ihren Mietern Konfrontationen mit Wildschweinen zu ersparen. Anderenfalls, so das AG, könne man mit gleichen Argumenten Vermieter in Problembezirken für verpflichtet halten, „ihre Mieter auch vor randalierenden Jugendbanden zu schützen“.

Der Mieter sei auch verpflichtet, den von ihm angebrachten Elektrodraht zu entfernen, unabhängig davon, ob die frühere Hausverwaltung die Anbringung genehmigt habe. Eine solche Genehmigung sei im Zweifel frei widerruflich, wobei der Widerruf in der Erhebung der Widerklage liege.

Anmerkung der Redaktion: Das Amtsgericht Brandenburg (WuM 2001, 605) hat bei Mäusebefall in einer Stadtwohnung eine Minderung von 100 % (?!) für angemessen erachtet, während das Amtsgericht Prüm Mäuse in einer ländlichen Gegend nicht als Mangel ansieht (ZMR 2001, 808). Dass Tiere sich in Waldesnähe aufhalten, gehört ebenso zur Beschaffenheit einer Mietwohnung wie die Geräusche aus einem schon bei Vertragsbeginn im Hause eingerichteten Gewerbebetrieb; ein Mietmangel liegt darin nicht. Dazu kommt, dass größere Tiere sich immer mehr in der Großstadt heimisch fühlen (außer Wildschweinen auch Waschbären, Füchse und Marder) und damit ein Teil der Umwelt nicht nur in den Außenbezirken sind. Auch das gehört zum allgemeinen Lebensrisiko des Mieters.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 3 /2014, 199)