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Schadensersatz: Wohnung in neutraler Dekoration übernommen – „Villa Kunterbunt“ zurückgegeben
Weil Neuvermietung dem Vermieter praktisch unmöglich gemacht wird
12.01.2014 (GE 1/14, 24) Der Mieter muss Schadensersatz leisten, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird. Die Verpflichtung zum Schadensersatz darf nicht mit der mietvertraglich vereinbarten Pflicht verwechselt werden, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Der Mieter ist mithin auch dann bei Rückgabe des Mietobjekts in einem ausgefallenen farblichen Zustand zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Mietvertrag keine Vereinbarungen über Schönheitsreparaturen enthält oder die getroffene Vereinbarung unwirksam ist.
Der Fall: Vermietet war eine Doppelhaushälfte, die der Mieter in weißer Farbe frisch renoviert übernommen hatte. Der Mieter strich die Wände des Objekts in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) und gab es bei Mietende so zurück. Der Vermieter ließ sodann die farbig gestalteten Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe überstreichen. Die Kosten machte er als Schadensersatz beim Mieter geltend. Nach Klageabweisung durch das Amtsgericht verurteilte das Berufungsgericht zur Zahlung, was zur zugelassenen Revision des Mieters zum BGH führte.

Das Urteil: Der VIII. Senat des BGH wies die Revision zurück. Der Mieter sei wegen der Rückgabe des – mit neutral (hier: weiß) gestrichenen Wänden übernommenen – Mietobjekts in einem ausgefallenen farblichen Zustand, der eine Neuvermietung der Wohnung praktisch unmöglich gemacht habe, weil er für viele Mieter nicht akzeptabel sei, gegenüber dem Vermieter schadenersatzpflichtig. Das vertragswidrige Verhaltendes Mieters bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehe darin, dass er die Pflicht, auf das berechtigte Interesse des Vermieters an einer baldigen Weitervermietung der zurückgegebenen Doppelhaushälfte in der gebotenen Weise Rücksicht zu nehmen, verletzt habe.

Eine ungewöhnliche Farbwahl bei der Dekoration einzelner Räume führe nach allgemeiner Meinung (Senatsurteil in GE 2008, 1045) zu einer vom Vermieter nicht hinzunehmenden Verschlechterung der zurückgegebenen Mieträume, wenn eine Weitervermietung der Wohnung in diesem Zustand praktisch unmöglich sei. Der Mieter sei nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehalten, eine von ihm angebrachte ungewöhnliche Dekoration bei Rückgabe der Wohnung wieder zu beseitigen. Das ergebe sich allerdings nicht aus § 546 Abs. 1 BGB, weil diese Vorschrift keine Regelung darüber enthalte, in welchem Zustand die Wohnung zurückzugeben sei, da der Zustand der Wohnung für die Rückgabe selbst ohne Bedeutung sei. Nach der gesetzlichen Regelung könne der Vermieter wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache zwar Schadensersatz verlangen, nicht aber die Rücknahme der Mietsache ablehnen.

Der Mieter verletze seine Pflicht zur Rücksichtnahme nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB, wenn er die in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem Zustand zurückgebe, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert werde. Der Schadensersatzanspruch des Vermieters beruhe in diesem Fall auf §§ 535, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 242 BGB. Der Schaden des Vermieters bestehe darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen müsse. Die Mietvertragsparteien müssten bei der Gebrauchsüberlassung bzw. Nutzung der Wohnung auf die Interessen des jeweils anderen Vertragspartners Rücksicht nehmen. So habe der Mieter das berechtigte Interesse, die Wohnung während der Mietzeit nach seinem persönlichen Geschmack zu dekorieren, während das berechtigte Interesse des Vermieters dahin gehe, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspreche und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegenstehe.

Aus der Entscheidung des Senats zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung im Falle des Rauchens (GE 2008, 533) folge nichts anderes. Der Senat habe dort entschieden, dass Rauchen nicht mehr als vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache anzusehen sei („exzessives Rauchen”), wenn die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Mietsache Schäden verursachten, die über die Abnutzung der Dekoration hinausgingen und sich dementsprechend nicht mehr durch bloße Ausführung von Schönheitsreparaturen beseitigen ließen. Darum gehe es hier indessen nicht. Exzessives Rauchen führe zu einer übermäßigen Abnutzung der Mieträume, die Beseitigungsmaßnahmen erfordere, die über normale Schönheitsreparaturen hinausgingen. Um Abnutzung der Mieträume gehe es bei deren farblicher Gestaltung in ungewöhnlichen Farben jedoch nicht. Maßnahmen zu deren Beseitigung seien deshalb im Rechtssinne auch keine Schönheitsreparaturen. Das zeige schon die schlichte Überlegung, dass das berechtigte Interesse des Vermieters, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert werde, auch dann ohne Einschränkung zu bejahen sei, wenn der Mieter die Wohnung vor der Rückgabe in ungewöhnlichen Farben frisch renoviert habe.

Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Schadenshöhe begegneten keinen Bedenken. Zutreffend berücksichtige das Gericht, dass der Mieter nicht für Abnutzungserscheinungen, die auf einem vertragsgemäßen Mietgebrauch beruhten, aufzukommen habe, sondern nur die darüber hinausgehenden Mehrkosten unter Berücksichtigung eines Abzuges „neu für alt” ersetzen müsse (BGH GE 2010, 335).

Anmerkung: Vermieter sollten bei Wohnungsrückgabe sorgfältig alle denkbaren Anspruchsgrundlagen prüfen, um bei unwirksamer Vereinbarung über Schönheitsreparaturen wenigstens die sonstigen Ansprüche zu realisieren.

(Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 1 /2014, 49)