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Eigentumswohnung zum "Verzehr geeignet"
27.11.2000 (GE 16/2000, 1049) Trotz Börsenfieber und Aktienboom steht der Wunsch, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, auf der Präferenzskala der privaten Haushalte in unserem Lande nach wie vor an erster Stelle.
Das Wohnen im Eigentum, Sicherheit vor Kündigung, Familienfreundlichkeit und freiere Entfaltungs- und Gestaltungsmöglichkeiten als in einer Mietwohnung sind die Gründe, weshalb nach wie vor der Trend zum Eigenheim und zur Eigentumswohnung anhält.
Diesen Trend hat erst jüngst eine im Bankenauftrag erteilte Studie bestätigt. Danach halten 81 % der Befragten im Alter von 25 und 55 Jahren die eigengenutzte Immobilie für die beste, weil auch wertbeständigste Möglichkeit der eigenen Altersvorsorge. Die weitaus überwiegende Mehrheit (70 %) sprach sich für das freistehende Einfamilienhaus aus, jeder Fünfte gab der Eigentumswohnung den Vorzug, und jeder Zehnte würde sich für ein Reihenhaus entscheiden.
Die vermietete Immobilie als Altersvorsorge liegt nach dieser Umfrage in der Rangfolge zwar deutlich hinter der eigengenutzten Immobilie, den Wertpapieranlagen, der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Rentenversicherung, aber mit 64 % immer noch vor der Kapital-Lebensversicherung mit 60 % und sonstigen Sparanlagen mit nur 47 %.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich verständlich, daß sich die Kredit- und Bausparwirtschaft insbesondere die privat genutzte Immobilie ebenso wie die vermietete Eigentumswohnung als Geschäftsfeld auch dann noch erhalten möchte, wenn die Anspar-, die Finanzierungs- und die Tilgungsphasen abgeschlossen sind, der Immobilieneigentümer sich also - jetzt schuldenfrei - dem direkten Geschäftskontakt entzogen hat, der Werbeslogan „Nie mehr Miete zahlen“ also endgültig verpufft ist.
Nun ist es noch gar nicht so lange her, da hatten wir an dieser Stelle über einen anderen Slogan berichtet, mit dem die nunmehrigen „Alteigentümer“ aufs Neue ins Visier genommen werden.
Die Sorge der Immobiliengesellschaft einer großen Bank, daß „Grundbesitz im Alter zu einer immer größeren Belastung werden kann“, und ihr nachfolgender, wohlmeinender Expertenrat „Rechtzeitige Vermögensumschichtung garantiert Ihnen einen sorgenfreien Lebensabend“ machen deutlich, daß das Immobilieneigentum sich immer für Geschäfte zu eignen scheint und man am Haus- und Wohnungseigentümer ein Leben lang verdienen kann.

Wie einfalls- und ideenreich man allerdings sein muß, um wettbewerbsfähig zu bleiben und der Konkurrenz immer eine Nasenlänge voraus zu sein, zeigt ein neuer Vorstoß, aus Bauspar-Bankkreisen.
Danach können künftig - Pressezitat - „Millionen von betagten Haus- und Wohnungsbesitzern aufatmen“. Die Dresdner Bauspar AG wird als erstes Unternehmen die Lösung anbieten: Die eigene Immobilie im Alter ohne Nachteile „verzehren“. Allen über 60jährigen lmmobilieneigentümern wird damit eine passable Zusatzrente angeboten, um langgehegte Wünsche zu erfüllen.
Eine Immobilien-Treuhandgesellschaft finanziert, dem Marktwert der Immobilie entsprechend - abzüglich eines Sicherheitsabschlages die Prämie für eine private Rentenversicherung. Der Eigentümer erhält eine lebenslange Zusatzrente, bleibt aber gleichzeitig wohnberechtigt in seinem Haus oder seiner Wohnung. Erst im Todesfall geht das Objekt in das Eigentum der Treuhandgesellschaft über bzw. wird von ihr „vermarktet“.

Noch sind diese Pläne nicht ganz ausgereift, weder juristisch noch steuerlich „abgeklopft“. Aber sie sind auf dem Tisch. Doch schon jetzt drängt sich ein böser Gedanke auf: Hofft man darauf, daß sich der Eigentümer beim „Verzehr“ verschluckt, damit aus dieser Idee auch wirklich ein lukratives Geschäft wird?
Ich hoffe, daß Sie lange leben!
Autor: Dipl.-Volkswirt Volker Bielefeld