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Ein Christ hätte noch gefehlt
10.03.2009 (GE 05/2009, 278) Das hätte gerade noch gefehlt: Dass angesichts der Religionsfeindlichkeit des Berliner Senats um Klaus Wowereit ausgerechnet ein Christ Nachfolger unseres geliebten Finanzsenators Dr. Thilo Sarrazin wird, der künftig in Frankfurt die anderen Vorstände der Deutschen Bundesbank und die Medienlandschaft mit seinen Aphorismen zur Lebensweisheit beglückt.

Ein Christ hätte noch gefehlt

Christ, also Harald Christ, tagelang als aussichtsreichster Sarrazin-Nachfolger gehandelt, wurde es nicht. Damit, dass er etwas nicht wurde, hat der 37-jährige Multimillionär seine Erfahrungen: Im Juli 2007 hatte ihn der Aufsichtsrat der auf eine Luxusklientel spezialisierten Weberbank ab 1. Oktober 2007 zum Vorstandsvorsitzenden bestellt, aber dabei die Rechnung ohne die Krämerseelen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) gemacht, die bei dieser Personalie mit der selben Intensität hin- wie sie bei den Geschäften von Hypo Real Estate, IKB oder der Depfa wegsahen. Christ erfülle nicht die Anforderungen der Finanzaufsicht, hieß es knapp, statt Vorstandsvorsitzender wurde er Generalbevollmächtigter, aber nur für ein paar Monate, dann ging er und trug fortan die Bezeichnung „ehemaliger designierter Vorstandsvorsitzender der Weberbank“, die er dann zwei Monate später kaufen wollte. Kleingeld dafür hätte er gehabt, denn der aus sogenannten kleinen Verhältnissen Stammende (Vater Opel-Arbeiter, Mutter Hausfrau) hat auch ohne Abitur und Studium über eine Industriekaufmanns-Lehre eine tolle Karriere hingelegt (die Deutsche Bank lehnte Christ trotz guter Zeugnisse und Testergebnisse als Lehrstellenbewerber ab, weil sein „familiärer Hintergrund“ nicht zur Bankklientel passe): Mit 30 war er beim Hamburger Fondsanbieter HCI eingestiegen und hatte sich überwiegend mit Aktien bezahlen lassen – fünf Jahre später stieg er als Multimillionär aus. 100 Millionen Euro sei er schwer, wird über ihn geschrieben – vor der Finanzkrise hat er schon mal gesagt, das könne man vergessen, es sei eher mehr. Ob Klaus Wowereit den Hamburger Genossen Harald Christ (dort war er Schatzmeister) überhaupt gefragt hat, weiß man nicht genau. Hamburger Genossen sagen ja, Christ selber behauptet nein. Ist auch egal, denn in der SPD und in den ihr nahestehenden Kreisen gibt es genug Millionäre, da brauchte Klaus Wowereit bloß seine Angel ein wenig weiter westlich auszuwerfen und hatte – schwupp – den nächsten dicken Fisch an der Angel. Und den konnte er auch landen. Ulrich Nußbaum heißt der künftige Berliner Finanzsenator und übernimmt damit ein Amt, das er in Bremen unter dem SPD-Bürgermeister Henning Scherf schon einmal ein paar Jahre bekleidete, bis ihn die dortige SPD aufforderte, sich endlich ein Parteibuch zu besorgen. Das wollte und brauchte der begüterte Fischgroßhändler nicht und schmiss hin. Ob der Mann was für Berlin ist, wird man sehen – es gibt schönere Dinge im Leben als das Finanzsenatorendasein in Berlin. Die künftige Kollegin im Senat, Katrin Lompscher, kritisierte schon mal vorab, dass der Neue mit einem 25 Liter Benzin pro 100 Kilometer schluckenden Bentley durch die Lande brause (wofür sich ein Hartz-IV-Empfänger nach einschlägigen Berechnungen bekanntlich eine Woche über Wasser halten kann). Sehn se, Herr Nußbaum, det is Berliner Herzlichkeit. Im Übrigen kommen bei den Hamburger und Bremer Calvinisten Leute wie Christ oder Nußbaum besser an als bei den Berliner Prekariern. Die können sich jedenfalls darauf verlassen, dass ihnen der künftige Finanzsenator nicht mehr vorrechnet, wie man sich mit 4 Euro am Tag vollwertig und gesund ernährt.
Autor: Dieter Blümmel