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OLG Braunschweig zur Mietpreisüberhöhung
"Ausnutzung" einer Mangellage erforderlich; Mieter muß vergebliche Wohnungssuche darlegen
24.11.2000 (GE 6/2000, 391) Die Anwendung des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) erfordert, daß zwei tatbestandliche Voraussetzungen nebeneinander erfüllt sein müssen:
1. Der Vermieter muß vorsätzlich oder leichtfertig ein unangemessen hohes Mietentgelt für Wohnräume fordern, wobei als ein solches i. d. R. die Überschreitung der ortsüblichen Miete um mehr als 20 % gilt.
2. Der Vermieter muß zur Erzielung dieses Entgeltes ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen ausgenutzt haben.
In der Vergangenheit haben sich die Gerichte vielfach damit begnügt, die unter 2. genannte Voraussetzung als gottgegeben vorhanden zu unterstellen, und nur zu prüfen, ob auch die rechnerische Überschreitung der ortsüblichen Miete vorlag. Inzwischen nimmt aber die Rechtsprechung immer mehr beide Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 WiStG ernst. Neuestes Beispiel dafür ist ein negativer Rechtsentscheid des OLG Braunschweig vom 21. Oktober 1999.
Bei der Frage, ob ein geringes Angebot („Mangellage“) an vergleichbaren Räumen bestehe, sei grundsätzlich auf den Teilmarkt abzustellen, zu dem die Wohnung gehöre, erklärte das OLG. Das Landgericht hatte die Auffassung vertrete, in Braunschweig gebe es überhaupt keine Teilmärkte, eine Überzeugung, die sich das Landgericht aufgrund vieler Sachverständigengutachten gebildet hätte, was das OLG zur Frage veranlaßte, wie sich denn das Fachgericht überhaupt dem Wirtschaftsstrafgesetz nähern wolle, das doch ausdrücklich von nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage vergleichbaren Räumen spreche. Zwischen allen Zeilen der Entscheidung ist herauszulesen, daß das OLG Zweifel an der Feststellung des LG hatte, ganz Braunschweig sei eine Wohnungseinheitssoße.
Jedenfalls stellte das OLG Braunschweig klar, wenn schon kein Teilmarkt bestehe - das wäre also als erstes festzustellen -, dann müsse das Landgericht eben irgendwie anders prüfen, ob das Tatbestandmerkmal des geringen Angebots erfüllt sei oder nicht. Geprüft werden müsse das.
In einem zweiten Schritt habe das Gericht, so das OLG Braunschweig, alsdann zu prüfen, ob der Vermieter die Mangellage ausgenutzt habe. Das bloße Fordern einer überhöhten Miete reiche dafür nicht aus.
Wörtlich erklärte das OLG - und der Satz gehört ins Stammbuch auch vieler Berliner Mietrichter geschrieben -:
„Würden ein geringes Angebot an vergleichbaren Wohnräumen und die Forderung einer objektiv überhöhten Miete für sich allein schon ausreichen, um den § 5 Abs. 1 Wirtschaftsstrafgesetz anzuwenden, so wäre das Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung überflüssig … Das Merkmal des Ausnutzens fehlt nach verbreiteter Auffassung, wenn der Mieter nicht deswegen die überhöhte Miete zu zahlen bereit ist, weil er aufgrund der Marktlage sonst keinen angemessenen Wohnraum finden könnte, sondern deswegen, weil es ihm darauf ankommt, gerade diese Wohnung oder eine Wohnung dieser Art oder Lage anzumieten. Deswegen wird verlangt, daß der Mieter seine ergebnislosen Bemühungen um eine andere Wohnung darlegt.“
Die Mietberufungskammern des Landgerichts Berlin sind gehalten, dem zu folgen. Anderenfalls ist eine Vorlage zum Rechtsentscheid aus Verfassunsgründen geboten.
OLG Braunschweig
Beschluß (negativer Rechtsentscheid)
21. Oktober 1999
- 1 Re-Miet 3/99 -
Den Wortlaut des gesamten Urteils finden Sie abgedruckt in der Zeitschrift DAS GRUNDEIGENTUM (Nr./Jahr/Seite) 6/2000, 408.