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Unterschiedliche Nutzergruppen mit unterschiedlicher Messtechnik
Art der notwendigen Heizkosten-Vorerfassung
11.09.2008 (GE 17/2008, 1092) Werden beim Betrieb von Zentralheizungen oder bei gewerblicher Wärmelieferung die Heiz- und Warmwasserkosten der Nutzer nicht mit gleichen Ausstattungen erfasst, muss zunächst eine Vorerfassung der Nutzergruppen mit gleicher Ausstattung erfolgen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV). Diese Vorerfassung erfordert, dass der Anteil jeder Nutzergruppe am Gesamtverbrauch durch einen gesonderten Zähler erfasst wird. Das gilt auch dann, wenn nur zwei Nutzergruppen vorhanden sind. In diesem Fall genügt es nicht, dass nur der Anteil einer Nutzergruppe am Gesamtverbrauch gemessen und der Anteil der anderen Nutzergruppe am Gesamtverbrauch in der Weise errechnet wird, dass vom Gesamtverbrauch der gemessene Anteil der einen Nutzergruppe abgezogen wird. So der Bundesgerichtshof, der damit recht genüsslich eine Heizkostenabrechnung der - auch anonymisiert unschwer erkennbaren - Abrechnungsfirma t. auseinandernimmt.
Der Fall: Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerinnen in deren Wohn- und Geschäftshaus. Das Haus, in dem sich außer der Wohnung der Beklagten drei weitere Wohnungen sowie ein Geschäft befinden, wird mit Fernwärme beheizt. Die bezogene Fernwärme wird zunächst insgesamt von einem Wärmemengenzähler erfasst. Der für das Geschäftslokal abgezweigte Anteil wird durch einen weiteren Zähler festgehalten. Der auf die vier Wohnungen entfallende Anteil wird nicht durch einen gesonderten Zähler erfasst. In den Wohnungen sind die Heizkörper mit Heizkostenverteilern ausgestattet.
Die Heizkosten wurden zu 30 % verbrauchsunabhängig nach dem jeweiligen Anteil der beheizten Flächen an der gesamten beheizbaren Nutzfläche und zu 70 % nach Verbrauch verteilt (vereinbart bzw. zunächst praktiziert war eine Verteilung von 50 : 50). Die Verbrauchskosten wurden in der Weise auf das Geschäft und die vier Wohnungen verteilt, dass der auf das Geschäft entfallende (und gemessene) Anteil von der für das Haus insgesamt bezogenen Wärmemenge abgezogen wird. Der Differenzbetrag wird nach den von den Heizkostenverteilern gemessenen Stricheinheiten auf die vier Wohnungen verteilt. Die Beklagte hat geforderte Nachzahlungen verweigert. Das AG hatte der Klage des Vermieters nur in geringem Umfang stattgegeben, das LG dagegen in vollem Umfang. In der Revision erreichte die Mieterin eine Verringerung ihrer Zahlungslast, weil der BGH die Heizkostenabrechnung für inhaltlich falsch hielt und das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkV (15 % Kürzung bei nicht verbrauchsabhängiger Abrechnung) anwandte.
Das Urteil: Die ausschlaggebende Rolle spielte dabei die vom BGH vorgenommene Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV. Danach sind bei Zentralheizungen und gewerblicher Wärmelieferung dann, wenn der Verbrauch der versorgten Nutzer nicht mit gleichen Ausstattungen erfasst wird, zunächst durch Vorerfassung vom Gesamtverbrauch die Anteile der Gruppen von Nutzern zu erfassen, deren Verbrauch mit gleichen Ausstattungen erfasst wird. Ein solcher Fall lag hier vor. Für die Gewerbeeinheit war ein Wärmezähler installiert, für die vier Wohnungen gab es nur Heizkostenverteiler. Nach § 6 Abs. 2 HeizkV sind in einem solchen Fall die gesamten Heizkosten zunächst mindestens zu 50 % nach dem Verhältnis der erfassten Anteile am Gesamtverbrauch und im Übrigen gegebenenfalls nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum auf die Nutzergruppen zu verteilen (Sätze 1 und 2) und anschließend die Kostenanteile der Nutzergruppen auf der Grundlage der Verbrauchserfassung gemäß § 7 HeizkV auf die einzelnen Nutzer zu verteilen (Satz 3 in Verbindung mit Abs. 1). Dem seien die Heizkostenabrechnungen der Firma t. schon im Ausgangspunkt nicht gerecht geworden, weil darin die Gesamtkosten der Heizung nicht in einem ersten Schritt mindestens zu 50 % der im Wege der Vorerfassung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV erfassten Anteile am Gesamtverbrauch auf die einzelnen Nutzergruppen verteilt wurden (wie der BGH rechnet, siehe unten).
Darüber hinaus krankten die Heizkostenabrechnungen der Firma t. weiter daran, dass es an einer den Anforderungen von § 5 Abs. 1 Satz 1 HeizkV entsprechenden Vorerfassung der Anteile der unterschiedlich ausgestatteten Nutzergruppen am Gesamtverbrauch fehle, weil lediglich der Anteil der Gewerbeeinheit am Gesamtverbrauch durch einen Wärmezähler erfasst, der der Wohnung aber lediglich errechnet werde.
Vorerfassung bedeute Messung durch ein geeignetes Gerät, so der BGH. Erfassen bedeute messen, nicht berechnen. Dem werde eine Differenzberechnung nicht gerecht, weil sie durch eine Summierung von Messungenauigkeiten des Wärmezählers für die Gewerbeeinheit und des Eingangszählers, selbst wenn sich die Messungenauigkeiten innerhalb der zulässigen Messtoleranzen hielten, zu einer erheblichen Abweichung von dem tatsächlichen Verbrauch in der Gewerbeeinheit und insbesondere in den vier Wohnungen führen könne.
Die Anwendung von § 5 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2 HeizkV sei im vorliegenden Fall auch nicht über § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a HeizkV ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind die §§ 3 bis 7 HeizkV, soweit sie sich auf die Versorgung mit Wärme beziehen, nicht anzuwenden auf Räume, bei denen unter anderem die Erfassung des Wärmeverbrauchs nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist. Die Klägerinnen hatten nämlich vorgetragen, dass der Einbau eines dritten Wärmezählers für den Verbrauch der vier Wohnungen nach den Angaben eines mit der Heizungsanlage des Hauses vertrauten Fachunternehmens nicht möglich sei und einen Umbau der gesamten Heizungsanlage mit Kosten von 10.000 erfordere.
Diesen Vortrag hielt der BGH nicht für schlüssig. Besagter Fachmann habe nur im Zusammenhang mit der Installation eines dritten Wärmezählers einen Gesamtumbau der Heizung empfohlen, aber nicht für zwingend gehalten; insoweit gäben die hohen Kosten nichts für die Unzumutbarkeit der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung her.
Von den inhaltlichen Fehlern der Heizkostenabrechnung könnten nur noch die unzutreffende Verteilung der Gesamtkosten der Heizung auf Grund- und Verbrauchskosten sowie die falsche Größe der beheizbaren Fläche des Hauses berichtigt werden, nicht aber die unterbliebene Vorerfassung. Zum Ausgleich seien deshalb die Heizkostenabrechnungen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkV um 15 % zu kürzen.
Anmerkung: Vorweg gesagt sei, die Entscheidung überzeugt nicht. Die Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV (Vorerfassung) durch den BGH ist zwar vertretbar; zwingend ist sie nicht. Der Begriff erfassen ist nicht wie der BGH meint gleichbedeutend mit messen, sondern bedeutet ein deutliches Weniger gegenüber dem Messen. Die Heizkostenverordnung selbst begnügt sich überwiegend mit einer Technik unterhalb des Messens. Die Auffassung des BGH hat außerdem den Nachteil, dass mit jedem zusätzlichen Messgerät bei der Vorerfassung zusätzliche Messtoleranzfehler auftreten können. Die Behauptung des BGH, mögliche Verfälschungen des Ergebnisses fielen bei Verwendung mehrerer Messgeräte geringer aus als bei einer Differenzberechnung, ist wissenschaftlich nicht belastbar (und wird auch vom BGH nicht belegt). Die Auffassung des BGH in dieser Frage steht im Übrigen auch in schwer erklärbarem Kontrast zu seiner sonstigen Haltung bei Betriebskostenabrechnungen, wo er immer wieder darauf hingewiesen hat, dass der Mieter keinen Anspruch auf Pfenniggenauigkeit habe.
Ob die vom BGH vorgenommene Auslegung des § 12 Abs. 1 HeizkV zutreffend ist, ist zweifelhaft. Die sprachlich misslungene Vorschrift lautet:
Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen.
Klar wäre die Vorschrift, würde sie wie folgt lauten:
Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten um 15 vom Hundert zu kürzen.
Die Wiederholung (bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten) macht bei Lichte besehen keinen Sinn, es sei denn, man würde das 15 %ige Kürzungsrecht des Mieters nur für den Teil der Kosten bejahen, der verbrauchsabhängig abzurechnen wäre (aber nicht wird), und den nach festem Maßstab z. B. der Wohnfläche abzurechnenden Teil ungekürzt beließe. So interpretiert der BGH die Vorschrift indes nicht. Er kürzt die gesamten auf den Mieter entfallenden Heizkosten um 15 %.
Außerdem: Der BGH-Entscheidung ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass der Mieter das ihm zustehende Kürzungsrecht geltend gemacht hat. Die Kürzung tritt nämlich nicht automatisch ein (Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten Rdn. 6318). Der Nutzer muss dieses Recht ausdrücklich geltend machen (Schmidt-Futterer/Lammel, Rdn. 13 zu § 12 HeizkV; a. A. Schmid, a.a.O., der schlüssiges Verhalten z. B. durch Zahlung eines gekürzten Nachzahlungsbetrages ausreichen lässt). Im Falle eines Rechtsstreits muss der Nutzer entsprechend vortragen. Dem Gericht ist es versagt, von Amts wegen eine eingeklagte Nachforderung aus einer nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung um 15 % zu kürzen (Schmidt-Futterer/Lammel, a.a.O; Kinne, Heizung und Heizkostenabrechnung, Rdn. C 223).
Eine Geltendmachung durch schlüssiges Verhalten scheidet vorliegend aus, denn der Mieter hat schlicht überhaupt keine Nachzahlung aus der Heizkostenabrechnung geleistet.
Schließlich stellt man überrascht fest, dass der BGH am Ende seiner Ausführungen und seine vorigen Ausführungen (fehlerhafte und unkorrigierbare Vorerfassung) vergessend eine verbrauchsabhängige Ersatzabrechnung durchführt. Er legt dabei die von ihm verworfene Vorerfassung zugrunde und zieht ebenso die in den einzelnen Wohnungen abgelesenen Werte der Heizkostenverteiler heran. Da darf man nun rätseln, was für eine Abrechnung das ist: eine verbrauchsabhängige? Eine nicht verbrauchsabhängige (nur letztere führt zum Kürzungsrecht)? Eine zwar nicht in vollem Einklang mit den Vorschriften der HeizkV stehende doch letzten Endes verbrauchsabhängige Abrechnung? Und was ist dann mit dem pauschalen Kürzungsrecht?
BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 57/07 - Wortlaut Seite 1120
Die Heizkosten wurden zu 30 % verbrauchsunabhängig nach dem jeweiligen Anteil der beheizten Flächen an der gesamten beheizbaren Nutzfläche und zu 70 % nach Verbrauch verteilt (vereinbart bzw. zunächst praktiziert war eine Verteilung von 50 : 50). Die Verbrauchskosten wurden in der Weise auf das Geschäft und die vier Wohnungen verteilt, dass der auf das Geschäft entfallende (und gemessene) Anteil von der für das Haus insgesamt bezogenen Wärmemenge abgezogen wird. Der Differenzbetrag wird nach den von den Heizkostenverteilern gemessenen Stricheinheiten auf die vier Wohnungen verteilt. Die Beklagte hat geforderte Nachzahlungen verweigert. Das AG hatte der Klage des Vermieters nur in geringem Umfang stattgegeben, das LG dagegen in vollem Umfang. In der Revision erreichte die Mieterin eine Verringerung ihrer Zahlungslast, weil der BGH die Heizkostenabrechnung für inhaltlich falsch hielt und das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkV (15 % Kürzung bei nicht verbrauchsabhängiger Abrechnung) anwandte.
Das Urteil: Die ausschlaggebende Rolle spielte dabei die vom BGH vorgenommene Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV. Danach sind bei Zentralheizungen und gewerblicher Wärmelieferung dann, wenn der Verbrauch der versorgten Nutzer nicht mit gleichen Ausstattungen erfasst wird, zunächst durch Vorerfassung vom Gesamtverbrauch die Anteile der Gruppen von Nutzern zu erfassen, deren Verbrauch mit gleichen Ausstattungen erfasst wird. Ein solcher Fall lag hier vor. Für die Gewerbeeinheit war ein Wärmezähler installiert, für die vier Wohnungen gab es nur Heizkostenverteiler. Nach § 6 Abs. 2 HeizkV sind in einem solchen Fall die gesamten Heizkosten zunächst mindestens zu 50 % nach dem Verhältnis der erfassten Anteile am Gesamtverbrauch und im Übrigen gegebenenfalls nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum auf die Nutzergruppen zu verteilen (Sätze 1 und 2) und anschließend die Kostenanteile der Nutzergruppen auf der Grundlage der Verbrauchserfassung gemäß § 7 HeizkV auf die einzelnen Nutzer zu verteilen (Satz 3 in Verbindung mit Abs. 1). Dem seien die Heizkostenabrechnungen der Firma t. schon im Ausgangspunkt nicht gerecht geworden, weil darin die Gesamtkosten der Heizung nicht in einem ersten Schritt mindestens zu 50 % der im Wege der Vorerfassung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV erfassten Anteile am Gesamtverbrauch auf die einzelnen Nutzergruppen verteilt wurden (wie der BGH rechnet, siehe unten).
Darüber hinaus krankten die Heizkostenabrechnungen der Firma t. weiter daran, dass es an einer den Anforderungen von § 5 Abs. 1 Satz 1 HeizkV entsprechenden Vorerfassung der Anteile der unterschiedlich ausgestatteten Nutzergruppen am Gesamtverbrauch fehle, weil lediglich der Anteil der Gewerbeeinheit am Gesamtverbrauch durch einen Wärmezähler erfasst, der der Wohnung aber lediglich errechnet werde.
Vorerfassung bedeute Messung durch ein geeignetes Gerät, so der BGH. Erfassen bedeute messen, nicht berechnen. Dem werde eine Differenzberechnung nicht gerecht, weil sie durch eine Summierung von Messungenauigkeiten des Wärmezählers für die Gewerbeeinheit und des Eingangszählers, selbst wenn sich die Messungenauigkeiten innerhalb der zulässigen Messtoleranzen hielten, zu einer erheblichen Abweichung von dem tatsächlichen Verbrauch in der Gewerbeeinheit und insbesondere in den vier Wohnungen führen könne.
Die Anwendung von § 5 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2 HeizkV sei im vorliegenden Fall auch nicht über § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a HeizkV ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind die §§ 3 bis 7 HeizkV, soweit sie sich auf die Versorgung mit Wärme beziehen, nicht anzuwenden auf Räume, bei denen unter anderem die Erfassung des Wärmeverbrauchs nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist. Die Klägerinnen hatten nämlich vorgetragen, dass der Einbau eines dritten Wärmezählers für den Verbrauch der vier Wohnungen nach den Angaben eines mit der Heizungsanlage des Hauses vertrauten Fachunternehmens nicht möglich sei und einen Umbau der gesamten Heizungsanlage mit Kosten von 10.000 erfordere.
Diesen Vortrag hielt der BGH nicht für schlüssig. Besagter Fachmann habe nur im Zusammenhang mit der Installation eines dritten Wärmezählers einen Gesamtumbau der Heizung empfohlen, aber nicht für zwingend gehalten; insoweit gäben die hohen Kosten nichts für die Unzumutbarkeit der verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnung her.
Von den inhaltlichen Fehlern der Heizkostenabrechnung könnten nur noch die unzutreffende Verteilung der Gesamtkosten der Heizung auf Grund- und Verbrauchskosten sowie die falsche Größe der beheizbaren Fläche des Hauses berichtigt werden, nicht aber die unterbliebene Vorerfassung. Zum Ausgleich seien deshalb die Heizkostenabrechnungen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkV um 15 % zu kürzen.
Anmerkung: Vorweg gesagt sei, die Entscheidung überzeugt nicht. Die Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkV (Vorerfassung) durch den BGH ist zwar vertretbar; zwingend ist sie nicht. Der Begriff erfassen ist nicht wie der BGH meint gleichbedeutend mit messen, sondern bedeutet ein deutliches Weniger gegenüber dem Messen. Die Heizkostenverordnung selbst begnügt sich überwiegend mit einer Technik unterhalb des Messens. Die Auffassung des BGH hat außerdem den Nachteil, dass mit jedem zusätzlichen Messgerät bei der Vorerfassung zusätzliche Messtoleranzfehler auftreten können. Die Behauptung des BGH, mögliche Verfälschungen des Ergebnisses fielen bei Verwendung mehrerer Messgeräte geringer aus als bei einer Differenzberechnung, ist wissenschaftlich nicht belastbar (und wird auch vom BGH nicht belegt). Die Auffassung des BGH in dieser Frage steht im Übrigen auch in schwer erklärbarem Kontrast zu seiner sonstigen Haltung bei Betriebskostenabrechnungen, wo er immer wieder darauf hingewiesen hat, dass der Mieter keinen Anspruch auf Pfenniggenauigkeit habe.
Ob die vom BGH vorgenommene Auslegung des § 12 Abs. 1 HeizkV zutreffend ist, ist zweifelhaft. Die sprachlich misslungene Vorschrift lautet:
Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen.
Klar wäre die Vorschrift, würde sie wie folgt lauten:
Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten um 15 vom Hundert zu kürzen.
Die Wiederholung (bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten) macht bei Lichte besehen keinen Sinn, es sei denn, man würde das 15 %ige Kürzungsrecht des Mieters nur für den Teil der Kosten bejahen, der verbrauchsabhängig abzurechnen wäre (aber nicht wird), und den nach festem Maßstab z. B. der Wohnfläche abzurechnenden Teil ungekürzt beließe. So interpretiert der BGH die Vorschrift indes nicht. Er kürzt die gesamten auf den Mieter entfallenden Heizkosten um 15 %.
Außerdem: Der BGH-Entscheidung ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass der Mieter das ihm zustehende Kürzungsrecht geltend gemacht hat. Die Kürzung tritt nämlich nicht automatisch ein (Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten Rdn. 6318). Der Nutzer muss dieses Recht ausdrücklich geltend machen (Schmidt-Futterer/Lammel, Rdn. 13 zu § 12 HeizkV; a. A. Schmid, a.a.O., der schlüssiges Verhalten z. B. durch Zahlung eines gekürzten Nachzahlungsbetrages ausreichen lässt). Im Falle eines Rechtsstreits muss der Nutzer entsprechend vortragen. Dem Gericht ist es versagt, von Amts wegen eine eingeklagte Nachforderung aus einer nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung um 15 % zu kürzen (Schmidt-Futterer/Lammel, a.a.O; Kinne, Heizung und Heizkostenabrechnung, Rdn. C 223).
Eine Geltendmachung durch schlüssiges Verhalten scheidet vorliegend aus, denn der Mieter hat schlicht überhaupt keine Nachzahlung aus der Heizkostenabrechnung geleistet.
Schließlich stellt man überrascht fest, dass der BGH am Ende seiner Ausführungen und seine vorigen Ausführungen (fehlerhafte und unkorrigierbare Vorerfassung) vergessend eine verbrauchsabhängige Ersatzabrechnung durchführt. Er legt dabei die von ihm verworfene Vorerfassung zugrunde und zieht ebenso die in den einzelnen Wohnungen abgelesenen Werte der Heizkostenverteiler heran. Da darf man nun rätseln, was für eine Abrechnung das ist: eine verbrauchsabhängige? Eine nicht verbrauchsabhängige (nur letztere führt zum Kürzungsrecht)? Eine zwar nicht in vollem Einklang mit den Vorschriften der HeizkV stehende doch letzten Endes verbrauchsabhängige Abrechnung? Und was ist dann mit dem pauschalen Kürzungsrecht?
BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 - VIII ZR 57/07 - Wortlaut Seite 1120
Autor: Dieter Blümmel