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Unentschieden
Unjuristische Betrachtungen einer Vorsitzenden Richterin am Landgericht
14.07.2008 (GE 13/2008, 810) Anpfiff im Duell der Vermieter gegen die Mieter: Das Stadion ist ausverkauft, denn es geht um alles oder – wie meistens – um nichts, was natürlich jeden interessiert. Beide Mannschaften sind bestens vorbereitet und schenken sich nichts.

Unentschieden

Anstoß für die Vermieter, die das Spiel mit einem furiosen Angriff auf die Schönheitsreparaturen eröffnen, weil sie die Überbürdung derselben von Gesetzes wegen auf die Mieter herbeizaubern wollen.
Die Mieter halten dagegen und reagieren mit geschlossener Verteidigung, kontern blitzschnell durch eine Überraschungsattacke auf die Minderung, deren Erheblichkeitsschwelle fallen soll. Das stößt auf erbitterten Widerstand des Gegners, der sogleich die Zerrüttungskündigung des Mietverhältnisses in den Raum spielt, was schließlich dazu führt, dass der Mietervertreter, der das Schmerzensgeld bei Bagatellmängeln verdribbelt, von zwei Gegnern erfolgreich in die Zange genommen wird. Plötzlich ist es passiert – die Räumungsvollstreckung ohne Kostenvorschuss rollt langsam ins gegnerische Tor, weil der Torhüter der Mieter durch das Pfeifkonzert einer Gruppe von Gerichtsvollziehern auf den Rängen abgelenkt war.
Es folgt Powerplay der Vermieter, die jetzt die Angabepflicht von Drittmitteln im Mieterhöhungsverlangen überrollen. Als der Pfiff zur Halbzeitpause ertönt, tobt die Menge und fordert vom Schiedsrichter den gerichtlich verordneten Vergleich.
In der zweiten Hälfte des Spiels überraschen die Mieter mit vorzüglicher Raumdeckung der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 BGB, in die Tiefe des Wirtschaftlichkeitsgebots gehenden Pässen und einigen Torchancen, während sich die Vermieter mitsamt der Orientierungshilfe schlicht hinten rein stellen. Durch einen gekonnten Doppelpass erreicht die zeitlich unbegrenzte Räumungsfrist den Strafraum der Vermieter, deren Verteidiger die Notbremse zieht, was mit Hilfe einer spektakulären Blutgrätsche – nämlich der radikalen Verkürzung der Regelfristen für die Schönheitsreparaturen auf drei, fünf und sieben Monate – auch gelingt. Obwohl der in der Pause eingewechselte Joker der Mieter wiederholt gedoppelt wird, vermag er es schließlich doch, die Abschaffung des Eigenbedarfs sang- und klanglos durch einen Lupfer zu versenken.
Der Rest sind Stockfehler und Holzerei, auch ein Fallrückzieher der Vermieter, mit dem der Pauschalabzug für die nichtumlagefähigen Hauswartkosten wieder eingeführt werden soll, bleibt ohne Erfolg. Es wird auf beiden Seiten gemauert, was das Zeug hält – ein Pressschlag gegen den Mietspiegel 2007 führt zu einer kurzen Behandlungspause der Beteiligten, ein Hammerschuss des Mieter-Stürmers gegen das Wärmecontracting geht auf die Tribüne, während der Mittelfeldspieler der Vermieter sich beim Fummeln mit der Quotenklausel verzettelt. Durch einen Abstauber der Mieter landet zwar noch die Verlängerung der Schonfrist auf zwei Jahre im Netz, der Treffer wird aber wegen soeben geänderter Abseitsregel nicht gezählt.
Beim Abpfiff ertönen Schmährufe der Zuschauer, die den Schiri des Hoyzerns bezichtigen. Beide Mannschaften legen Einspruch beim Verband in Karlsruhe ein. Um die andauernde Wiederholung des Spiels zu vermeiden, lässt dieser durch den Mund einer allseits respektierten Kitzbüheler Lichtgestalt schließlich ein rechtskräftiges Unentschieden verkünden.
„Es steht 1 : 1, aber genauso gut könnte es umgekehrt stehen.“ Heribert Fassbender (ARD)
Autor: Regine Paschke