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Gewährleistung am Bau trotz Ohne-Rechnung-Abrede
Mangelhafte Werkleistung: Auftraggeber kann auch bei Schwarzarbeit Ansprüche geltend machen
26.06.2008 (GE 12/2008, 769) Wer Werkleistungen „schwarz“ erbringen lässt, kann – entgegen landläufiger Meinung – bei mangelhafter Werkleistung Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Auftragnehmer geltend machen, entschied der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs. Der BGH hatte in zwei Fällen zu entscheiden, welche Folgen sich bei mangelhafter Werkleistung für Ansprüche des Auftraggebers ergeben, wenn der Auftragnehmer seine Leistungen aufgrund eines Werkvertrags mit einer sog. Ohne-Rechnung-Abrede erbracht hat.
Die Fälle: Im Verfahren VII ZR 42/07 hatte der Kläger den Beklagten beauftragt, die Terrasse seines Hauses abzudichten und mit Holz auszulegen. Wegen eines kurze Zeit nach Beendigung der Arbeiten eingetretenen Wasserschadens in der unter der Terrasse gelegenen Einliegerwohnung machte der Kläger Gewährleistungsrechte geltend.
Im Verfahren VII ZR 140/07 war der Beklagte mit Vermessungsarbeiten für den Neubau des Einfamilienhauses der Kläger beauftragt. Nach deren Behauptung sind ihr Haus und ihr Carport infolge eines Vermessungsfehlers des Beklagten falsch platziert worden. Sie verlangten Ersatz des ihnen dadurch entstandenen Schadens.
In beiden Fällen hatten die Parteien vereinbart, dass für die zu erbringenden Leistungen keine Rechnung gestellt werden sollte. Im Hinblick auf diese Ohne-Rechnung-Abrede haben die Gerichte in beiden Instanzen der jeweiligen Klagepartei die geltend gemachten Gewährleistungsrechte wegen Nichtigkeit des Werkvertrags abgesprochen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ohne-Rechnung-Abrede diene der Steuerhinterziehung und sei damit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Dies habe die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zur Folge, da nicht belegt sei, dass dieser bei ordnungsgemäßer Rechnungsstellung zu denselben Konditionen abgeschlossen worden wäre.

Die Urteile: Der Bundesgerichtshof hat die Urteile der Berufungsgerichte aufgehoben, soweit zu Lasten der jeweiligen Klagepartei entschieden wurde, und den Rechtsstreit an die Berufungsgerichte zurückverwiesen.
Der BGH teilt zwar die Auffassung der Vorinstanzen, dass die wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtige Ohne-Rechnung-Abrede nur dann nicht zu einer Gesamtnichtigkeit des Werkvertrags führt, wenn der Vertrag bei vereinbarter ordnungsgemäßer Rechnungslegung zu denselben Konditionen, insbesondere zu derselben Vergütung abgeschlossen worden wäre.
Ob in den beiden Streitfällen die Ohne-Rechnung-Abrede die Gesamtnichtigkeit der Werkverträge zur Folge hat, konnte der BGH jedoch offenlassen. Er griff stattdessen auf den das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben zurück, der auch für nichtige Rechtsgeschäfte gelte, weshalb die Berufung auf die Nichtigkeit eines Vertrages auch eine unzulässige Rechtsausübung darstellen könne.
Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben sei den beklagten Auftragnehmern die Berufung darauf versagt. Dies ergebe sich aus der besonderen Interessenlage, die typischerweise bei derartigen mit Ohne-Rechnung-Abrede geschlossenen Bauverträgen dann bestehe, wenn der Auftragnehmer seine Werkleistung am Anwesen des Auftraggebers in mangelhafter Weise erbracht oder sich seine mangelhafte Leistung – wie bei Vermessungsarbeiten – im Bauwerk niedergeschlagen habe. Die sich hieraus ergebenden Folgen für den Auftraggeber ließen sich durch Regeln über die Rückabwicklung eines nichtigen Vertrages nicht wirtschaftlich sinnvoll bewältigen.
Dieser Umstand und das daraus resultierende besondere Interesse des Auftraggebers an vertraglichen, auf die Mängelbeseitigung gerichteten Gewährleistungsrechten lägen für den Auftragnehmer offen zutage. Er verhalte sich deshalb treuwidrig, wenn er sich in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrags gerichteten Verhalten darauf berufe, dass er wegen der auch seinem eigenen gesetzwidrigen Vorteil dienenden Ohne-Rechnung-Abrede und wegen einer daraus resultierenden Gesamtnichtigkeit des Werkvertrags für seine mangelhaften Leistungen nicht gewährleistungspflichtig sei.
Diese Grundsätze führten in beiden vom Senat zu entscheidenden Fällen dazu, dass dem Auftragnehmer die Berufung auf eine Gesamtnichtigkeit des Werkvertrages wegen der Gesetzwidrigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede versagt war.

BGH, Urteile vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07 - und VII ZR 140/07 - Wortlaut Seite 790, 789