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Titel gegen Mitbesitzer nötig aber wer gehört dazu?
Räumungsvollstreckung gegen nichtehelichen Lebenspartner und gegen Kinder
13.06.2008 (GE 11/2008, 707) Zur Räumungsvollstreckung ist ein Vollstreckungstitel auch gegen den nichtehelichen Lebensgefährten erforderlich, wenn dieser Mitbesitzer der Wohnung ist. Manchmal ist der Lebensgefährte aber nicht Mitbesitzer. Für minderjährige Kinder braucht man in der Regel keinen Vollstreckungstitel, ebenso wenig wie für Kinder, die während des Mietverhältnisses volljährig geworden sind, entschied der BGH.
Der Fall: Eine Mieterin wurde zur Räumung und Herausgabe ihrer Wohnung verurteilt. Der Gerichtsvollzieher lehnte die Vollstreckung des Räumungstitels mit der Begründung ab, in der Wohnung lebten außer der Schuldnerin/Mieterin deren Lebensgefährte sowie die volljährige Tochter der Schuldnerin und der Ehemann der Tochter, gegen die kein Vollstreckungstitel vorliege. Der Vermieter legte dagegen Erinnerung ein, die das Amtsgericht zurückwies. Das angerufene Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Vermieters zurück, wogegen sich die zugelassene Rechtsbeschwerde zum BGH richtete.
Der Beschluss: Der I. Senat des BGH hob den Beschluss des Beschwerdegerichts auf und verwies die Sache zurück. Die Entscheidung darüber, ob der Gläubiger/Vermieter aus dem ausschließlich gegen die Mieterin gerichteten Urteil des Amtsgerichts die Räumungsvollstreckung betreiben könne, hänge von den Besitzverhältnissen an der zu räumenden Wohnung ab. Hierzu seien weitere tatsächliche Feststellungen des Beschwerdegerichts erforderlich.
Nach der Rechtsprechung des BGH könne der Gläubiger aus einem Räumungstitel gegen den Mieter nicht gegen den im Titel nicht aufgeführten Ehepartner vollstrecken, weil regelmäßig selbst dann beide Ehegatten Mitbesitzer der ehelichen Wohnung seien, wenn nur einer von ihnen Partei des Mietvertrages sei. Ob der Ehepartner nach materiellem Recht zur Herausgabe der Mietsache an den Gläubiger verpflichtet sei, sei nicht im formalisierten Zwangsvollsteckungsverfahren zu prüfen, sondern einer Beurteilung im Erkenntnisverfahren vorbehalten. Der Gerichtsvollzieher habe im Räumungsverfahren nur die tatsächlichen Besitzverhältnisse zu beurteilen.
Diese Grundsätze seien auf die Räumungsvollstreckung gegen einen nichtehelichen Lebensgefährten sinngemäß anzuwenden. Sei der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer der Wohnung, sei grundsätzlich auch gegen ihn ein Räumungstitel notwendig. Den Mitbesitz an der Wohnung brauche der nichteheliche Lebensgefährte nicht vom Vermieter abzuleiten. Auch die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung sei nicht unabdingbare Voraussetzung für die Begründung von Mitbesitz.
Die Ansicht des Beschwerdegerichts, der nichteheliche Lebenspartner sei grundsätzlich Mitbesitzer, halte der rechtlichen Nachprüfung aber nicht stand. Anders als bei einem Ehepaar könne bei einem nichtehelichen Lebensgefährten allein aus der Aufnahme in die Wohnung nicht auf einen Mitbesitz geschlossen werden. Vielmehr müsse anhand der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden, ob der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer oder nur Besitzdiener sei. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse habe der Gerichtsvollzieher zu prüfen.
Die Einräumung des Mitbesitzes an den nichtehelichen Lebensgefährten müsse durch eine von einem entsprechenden Willen getragene Handlung des zuvor allein besitzenden Mieters nach außen erkennbar sein. Aus den Gesamtumständen müsse sich klar und eindeutig ergeben, dass der Dritte Mitbesitzer sei, weil das Zwangsvollstreckungsverfahren formalisiert sei und der Gläubiger vor einer Verschleierung der Besitzverhältnisse durch den Schuldner zur Vereitelung der Zwangsvollstreckung geschützt werden müsse.
Anhaltspunkte, durch die sich nach außen die Einräumung des Mitbesitzes dokumentiere, seien die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten oder seine Anmeldung in der Wohnung nach den jeweiligen landesrechtlichen Meldegesetzen.
Die danach notwendigen Feststellungen seien allerdings auch nicht in einem Fall entbehrlich, in dem der Schuldner die Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung dem Vermieter nicht angezeigt hat, weil es grundsätzlich nur auf die vom Gerichtsvollzieher zu beurteilenden tatsächlichen Besitzverhältnisse ankomme. Die Beweislast für eine Begründung von Mitbesitz durch ihren Lebensgefährten treffe die Schuldnerin/Mieterin, wenn sie als Mieterin zunächst Alleinbesitz an der Wohnung begründet habe und ein Mitbesitz des Lebensgefährten geltend gemacht werden solle.
Unzutreffend sei auch die Ansicht des Beschwerdegerichts, der Vermieter benötige zur Räumung der Wohnung auch einen Vollstreckungstitel gegen die Tochter der Mieterin und deren Ehemann. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenlebten, hätten grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam genutzten Wohnung. Für eine Räumungsvollstreckung reiche deshalb ein Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus. Die Besitzverhältnisse an der Wohnung, in der die Familie lebe, änderten sich im Regelfall auch nicht, wenn das Kind volljährig werde und mit seinen Eltern weiterhin zusammen wohne. In diesem Fall blieben die nach Erreichen der Volljährigkeit weiter in der elterlichen Wohnung lebenden Kinder im Regelfall Besitzdiener, ohne dass es darauf ankomme, ob die Kinder unter der Adresse gemeldet seien und der Vermieter die tatsächlichen Verhältnisse kenne. Etwas anderes könne nur gelten, wenn eine Änderung der Besitzverhältnisse volljähriger Kinder an der elterlichen Wohnung nach außen eindeutig erkennbar geworden sei. Dazu müssten vom Beschwerdegericht weitere Feststellungen getroffen werden. Dass die volljährige Tochter der Schuldnerin verheiratet sei und mit ihrem Ehepartner in der Wohnung der Schuldnerin/Mieterin lebe, besage nichts über die tatsächlichen Besitzverhältnisse. Der Umstand, dass die Tochter mit ihrem Ehemann keine eigene Wohnung bezogen habe, sondern in der Wohnung der Schuldnerin weiterlebe, könne umgekehrt auch für den Fortbestand eines Besitzverhältnisses zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochter sprechen, wie es bei minderjährigen Kindern angenommen werde. In diesem Fall habe die Tochter keinen eigenen Mitbesitz neben der Schuldnerin begründet und sei Besitzdienerin geblieben.
Anmerkung: Der BGH setzt die Linie zur Räumungsvollstreckung gegen eine im Räumungstitel nicht aufgeführte Person fort und bezieht sich auf das Urteil des IX. Senats des BGH vom 25. Juni 2004 (GE 2004, 1094). Danach kann aus einem Räumungstitel gegen den Mieter einer Wohnung nicht gegen einen im Titel nicht aufgeführten Dritten vollstreckt werden, wenn dieser Mitbesitzer der zu räumenden Wohnung ist. In dem damals zugrunde liegenden Fall handelte es sich um den Ehemann der Mieterin, der selbst nicht Mitmieter war. Diese Rechtsprechung dehnt der BGH jetzt auch auf einen nichtehelichen Lebensgefährten des Mieters aus was sich aber auch schon aus dem Leitsatz des BGH zu der Entscheidung aus dem Jahre 2004 ergab. Nach § 854 Abs. 1 BGB wird der Besitz einer Sache durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. Es kommt besitzrechtlich nicht darauf an, ob ein Recht zum Besitz besteht, ob also vorliegend die Mieterin ihren Lebensgefährten zu Recht in die Wohnung aufgenommen hat. Es kommt lediglich auf die tatsächliche Sachherrschaft an, die nach außen erkennbar sein muss. Im Gegensatz dazu übt ein Besitzdiener (§ 855 BGB) die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Es kommt also auf die Weisungsabhängigkeit im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses an.
Zu den zu treffenden Feststellungen gibt der BGH einige Hinweise. Ob diese in der Praxis grundlegend weiterführen, ist zu bezweifeln. Bestimmte äußere Umstände können allenfalls Indizwirkung haben mit der Folge, dass ein Vermieter gut beraten ist, jede in der Wohnung befindliche Person zur Räumung mit in Anspruch zu nehmen. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse hat nämlich der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan zu prüfen. Hierzu muss sich zwar aus den Gesamtumständen klar und eindeutig ergeben, dass der Dritte die unmittelbare Sachherrschaft hat. Geht der Gerichtsvollzieher davon bei der Räumungsvollstreckung aus und lehnt diese mangels Vollstreckungstitel gegen den Dritten ab, müssen die Besitzverhältnisse (und nicht das Recht zum Besitz) im Verfahren der Erinnerung vom Vollstreckungsgericht geprüft werden. Hierzu nennt der BGH Anhaltspunkte, durch die sich nach außen die Einräumung des Mitbesitzes dokumentieren könne und nennt dazu die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten ohne seine Anmeldung in der Wohnung nach den jeweiligen landesrechtlichen Meldegesetzen.
Wichtiger Hinweis
Aber auch wenn diese Anhaltspunkte nicht vorliegen, kann trotzdem Besitz vorliegen. In diesem Zusammenhang führt der BGH jedoch an, dass im Zwangsvollstreckungsrecht auch der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB gelte und gibt dazu einen Fingerzeig: Etwas anderes könnte sich ergeben, wenn der Vermieter vor Einleitung des Räumungsprozesses bei dem Mieter nach weiteren in der Wohnung lebenden Personen fragt, um diese in die Klage einbeziehen zu können und der Mieter keine, eine falsche oder eine unvollständige Auskunft erteilt. Mit anderen Worten: Vor Beginn eines Räumungsprozesses sollte der Vermieter den Mieter nach weiteren in der Wohnung lebenden Personen fragen. Der Mieter ist nach mietrechtlichen Grundsätzen verpflichtet, dazu Auskunft zu geben. Je nachdem muss der Vermieter dann entscheiden, wen er in den Räumungsprozess mit einbezieht. Die entsprechende Frage an den Mieter ist auch für den Umstand interessant, in dem in der Räumungsvollstreckung plötzlich Personen auftreten, von denen bisher nicht die Rede war, die dem Vermieter unbekannt sind (und die möglicherweise vom Mieter mit der Behauptung des Mitbesitzes herangezogen worden sind, um die Räumungsvollstreckung zu verhindern).
Zum Regelfall, dass minderjährige Kinder nicht Mitbesitzer, sondern Besitzdiener sind und es eines Vollstreckungstitels gegen diese nicht bedarf, bezieht sich der BGH auf die dazu existierende allgemeine Meinung. Das bezieht sich auch auf volljährig gewordene Kinder (vgl. den Beschluss des AG Mitte in GE 2007, 153, in dem nach Erlass des Vollstreckungstitels gegen den Mieter das mit einwohnende Kind volljährig geworden war). Steht schon vor dem Räumungsprozess gegen den Mieter fest, dass volljährige Kinder in der Wohnung leben, sollten auch die volljährigen Kinder auf Räumung verklagt werden.
BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 - Wortlaut Seite 727
Der Beschluss: Der I. Senat des BGH hob den Beschluss des Beschwerdegerichts auf und verwies die Sache zurück. Die Entscheidung darüber, ob der Gläubiger/Vermieter aus dem ausschließlich gegen die Mieterin gerichteten Urteil des Amtsgerichts die Räumungsvollstreckung betreiben könne, hänge von den Besitzverhältnissen an der zu räumenden Wohnung ab. Hierzu seien weitere tatsächliche Feststellungen des Beschwerdegerichts erforderlich.
Nach der Rechtsprechung des BGH könne der Gläubiger aus einem Räumungstitel gegen den Mieter nicht gegen den im Titel nicht aufgeführten Ehepartner vollstrecken, weil regelmäßig selbst dann beide Ehegatten Mitbesitzer der ehelichen Wohnung seien, wenn nur einer von ihnen Partei des Mietvertrages sei. Ob der Ehepartner nach materiellem Recht zur Herausgabe der Mietsache an den Gläubiger verpflichtet sei, sei nicht im formalisierten Zwangsvollsteckungsverfahren zu prüfen, sondern einer Beurteilung im Erkenntnisverfahren vorbehalten. Der Gerichtsvollzieher habe im Räumungsverfahren nur die tatsächlichen Besitzverhältnisse zu beurteilen.
Diese Grundsätze seien auf die Räumungsvollstreckung gegen einen nichtehelichen Lebensgefährten sinngemäß anzuwenden. Sei der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer der Wohnung, sei grundsätzlich auch gegen ihn ein Räumungstitel notwendig. Den Mitbesitz an der Wohnung brauche der nichteheliche Lebensgefährte nicht vom Vermieter abzuleiten. Auch die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung sei nicht unabdingbare Voraussetzung für die Begründung von Mitbesitz.
Die Ansicht des Beschwerdegerichts, der nichteheliche Lebenspartner sei grundsätzlich Mitbesitzer, halte der rechtlichen Nachprüfung aber nicht stand. Anders als bei einem Ehepaar könne bei einem nichtehelichen Lebensgefährten allein aus der Aufnahme in die Wohnung nicht auf einen Mitbesitz geschlossen werden. Vielmehr müsse anhand der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden, ob der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitzer oder nur Besitzdiener sei. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse habe der Gerichtsvollzieher zu prüfen.
Die Einräumung des Mitbesitzes an den nichtehelichen Lebensgefährten müsse durch eine von einem entsprechenden Willen getragene Handlung des zuvor allein besitzenden Mieters nach außen erkennbar sein. Aus den Gesamtumständen müsse sich klar und eindeutig ergeben, dass der Dritte Mitbesitzer sei, weil das Zwangsvollstreckungsverfahren formalisiert sei und der Gläubiger vor einer Verschleierung der Besitzverhältnisse durch den Schuldner zur Vereitelung der Zwangsvollstreckung geschützt werden müsse.
Anhaltspunkte, durch die sich nach außen die Einräumung des Mitbesitzes dokumentiere, seien die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten oder seine Anmeldung in der Wohnung nach den jeweiligen landesrechtlichen Meldegesetzen.
Die danach notwendigen Feststellungen seien allerdings auch nicht in einem Fall entbehrlich, in dem der Schuldner die Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten in die Wohnung dem Vermieter nicht angezeigt hat, weil es grundsätzlich nur auf die vom Gerichtsvollzieher zu beurteilenden tatsächlichen Besitzverhältnisse ankomme. Die Beweislast für eine Begründung von Mitbesitz durch ihren Lebensgefährten treffe die Schuldnerin/Mieterin, wenn sie als Mieterin zunächst Alleinbesitz an der Wohnung begründet habe und ein Mitbesitz des Lebensgefährten geltend gemacht werden solle.
Unzutreffend sei auch die Ansicht des Beschwerdegerichts, der Vermieter benötige zur Räumung der Wohnung auch einen Vollstreckungstitel gegen die Tochter der Mieterin und deren Ehemann. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern zusammenlebten, hätten grundsätzlich keinen Mitbesitz an der gemeinsam genutzten Wohnung. Für eine Räumungsvollstreckung reiche deshalb ein Vollstreckungstitel gegen die Eltern aus. Die Besitzverhältnisse an der Wohnung, in der die Familie lebe, änderten sich im Regelfall auch nicht, wenn das Kind volljährig werde und mit seinen Eltern weiterhin zusammen wohne. In diesem Fall blieben die nach Erreichen der Volljährigkeit weiter in der elterlichen Wohnung lebenden Kinder im Regelfall Besitzdiener, ohne dass es darauf ankomme, ob die Kinder unter der Adresse gemeldet seien und der Vermieter die tatsächlichen Verhältnisse kenne. Etwas anderes könne nur gelten, wenn eine Änderung der Besitzverhältnisse volljähriger Kinder an der elterlichen Wohnung nach außen eindeutig erkennbar geworden sei. Dazu müssten vom Beschwerdegericht weitere Feststellungen getroffen werden. Dass die volljährige Tochter der Schuldnerin verheiratet sei und mit ihrem Ehepartner in der Wohnung der Schuldnerin/Mieterin lebe, besage nichts über die tatsächlichen Besitzverhältnisse. Der Umstand, dass die Tochter mit ihrem Ehemann keine eigene Wohnung bezogen habe, sondern in der Wohnung der Schuldnerin weiterlebe, könne umgekehrt auch für den Fortbestand eines Besitzverhältnisses zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochter sprechen, wie es bei minderjährigen Kindern angenommen werde. In diesem Fall habe die Tochter keinen eigenen Mitbesitz neben der Schuldnerin begründet und sei Besitzdienerin geblieben.
Anmerkung: Der BGH setzt die Linie zur Räumungsvollstreckung gegen eine im Räumungstitel nicht aufgeführte Person fort und bezieht sich auf das Urteil des IX. Senats des BGH vom 25. Juni 2004 (GE 2004, 1094). Danach kann aus einem Räumungstitel gegen den Mieter einer Wohnung nicht gegen einen im Titel nicht aufgeführten Dritten vollstreckt werden, wenn dieser Mitbesitzer der zu räumenden Wohnung ist. In dem damals zugrunde liegenden Fall handelte es sich um den Ehemann der Mieterin, der selbst nicht Mitmieter war. Diese Rechtsprechung dehnt der BGH jetzt auch auf einen nichtehelichen Lebensgefährten des Mieters aus was sich aber auch schon aus dem Leitsatz des BGH zu der Entscheidung aus dem Jahre 2004 ergab. Nach § 854 Abs. 1 BGB wird der Besitz einer Sache durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. Es kommt besitzrechtlich nicht darauf an, ob ein Recht zum Besitz besteht, ob also vorliegend die Mieterin ihren Lebensgefährten zu Recht in die Wohnung aufgenommen hat. Es kommt lediglich auf die tatsächliche Sachherrschaft an, die nach außen erkennbar sein muss. Im Gegensatz dazu übt ein Besitzdiener (§ 855 BGB) die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Es kommt also auf die Weisungsabhängigkeit im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses an.
Zu den zu treffenden Feststellungen gibt der BGH einige Hinweise. Ob diese in der Praxis grundlegend weiterführen, ist zu bezweifeln. Bestimmte äußere Umstände können allenfalls Indizwirkung haben mit der Folge, dass ein Vermieter gut beraten ist, jede in der Wohnung befindliche Person zur Räumung mit in Anspruch zu nehmen. Die tatsächlichen Besitzverhältnisse hat nämlich der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan zu prüfen. Hierzu muss sich zwar aus den Gesamtumständen klar und eindeutig ergeben, dass der Dritte die unmittelbare Sachherrschaft hat. Geht der Gerichtsvollzieher davon bei der Räumungsvollstreckung aus und lehnt diese mangels Vollstreckungstitel gegen den Dritten ab, müssen die Besitzverhältnisse (und nicht das Recht zum Besitz) im Verfahren der Erinnerung vom Vollstreckungsgericht geprüft werden. Hierzu nennt der BGH Anhaltspunkte, durch die sich nach außen die Einräumung des Mitbesitzes dokumentieren könne und nennt dazu die Anzeige des Mieters an den Vermieter von der beabsichtigten oder erfolgten Aufnahme des nichtehelichen Lebensgefährten ohne seine Anmeldung in der Wohnung nach den jeweiligen landesrechtlichen Meldegesetzen.
Wichtiger Hinweis
Aber auch wenn diese Anhaltspunkte nicht vorliegen, kann trotzdem Besitz vorliegen. In diesem Zusammenhang führt der BGH jedoch an, dass im Zwangsvollstreckungsrecht auch der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB gelte und gibt dazu einen Fingerzeig: Etwas anderes könnte sich ergeben, wenn der Vermieter vor Einleitung des Räumungsprozesses bei dem Mieter nach weiteren in der Wohnung lebenden Personen fragt, um diese in die Klage einbeziehen zu können und der Mieter keine, eine falsche oder eine unvollständige Auskunft erteilt. Mit anderen Worten: Vor Beginn eines Räumungsprozesses sollte der Vermieter den Mieter nach weiteren in der Wohnung lebenden Personen fragen. Der Mieter ist nach mietrechtlichen Grundsätzen verpflichtet, dazu Auskunft zu geben. Je nachdem muss der Vermieter dann entscheiden, wen er in den Räumungsprozess mit einbezieht. Die entsprechende Frage an den Mieter ist auch für den Umstand interessant, in dem in der Räumungsvollstreckung plötzlich Personen auftreten, von denen bisher nicht die Rede war, die dem Vermieter unbekannt sind (und die möglicherweise vom Mieter mit der Behauptung des Mitbesitzes herangezogen worden sind, um die Räumungsvollstreckung zu verhindern).
Zum Regelfall, dass minderjährige Kinder nicht Mitbesitzer, sondern Besitzdiener sind und es eines Vollstreckungstitels gegen diese nicht bedarf, bezieht sich der BGH auf die dazu existierende allgemeine Meinung. Das bezieht sich auch auf volljährig gewordene Kinder (vgl. den Beschluss des AG Mitte in GE 2007, 153, in dem nach Erlass des Vollstreckungstitels gegen den Mieter das mit einwohnende Kind volljährig geworden war). Steht schon vor dem Räumungsprozess gegen den Mieter fest, dass volljährige Kinder in der Wohnung leben, sollten auch die volljährigen Kinder auf Räumung verklagt werden.
BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - I ZB 56/07 - Wortlaut Seite 727
Autor: Klaus Schach