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Ehegatte und Angehörige treten in Vertrag ein
Tod des Mieters und Vertragseintritt
20.11.2000 (GE 5/2000, 310) Durch § 569 a BGB wird dem Ehegatten und den Familienangehörigen, die mit dem verstorbenen Mieter einen gemeinsamen Hausstand geführt haben, ein besonderer Schutz gewährt. Er ändert bei Mietverhältnissen über Wohnraum die gesetzliche Erbfolge. Danach gehen die Mietverträge nicht gem. § 1922 BGB auf den Erben, sondern auf die nach § 569 a Abs. 1 und 2 BGB eintrittsberechtigten Personen über. Die Sonderrechtsnachfolge hat auch dann Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge, wenn der Ehegatte oder Familienangehörige Erbe ist. Das gilt ebenfalls, wenn es sich um einen Alleinerben handelt.
Durch § 569 a BGB werden die in das Mietverhältnis eintretenden Personen in die Lage versetzt, den Mietvertrag fortzusetzen, eine überschuldete Erbschaft jedoch auszuschlagen. Sie können andererseits auch die Erbschaft annehmen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen. Aus dem Zusammenhang von § 569 a BGB ergibt sich, daß dem Ehegatten der Vorrang beim Vertragseintritt zusteht. Er schließt andere Familienangehörige aus.
Sofern keine eintrittsberechtigten Personen vorhanden sind, können Erbe und Vermieter gem. § 569 Abs. 1 BGB kündigen.

Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis
Mietverhältnis und Tod des Mieters
Erforderlich ist, daß ein Mietvertrag über Wohnraum besteht. Da § 569 a BGB ein bestehendes Mietverhältnis voraussetzt, erfolgt kein Eintritt in ein Abwicklungsverhältnis.
Die Vorschrift kommt auch beim Tode eines von mehreren Mietern zur Anwendung (OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 18. Oktober 1989, DWW 1989, S. 352).

Begriff des Ehegatten
Ehegatte ist nur derjenige, der mit dem Mieter noch verheiratet ist. Dies beurteilt sich nach den Bestimmungen des Eherechts. Die Eigenschaft endet, wenn die Ehe geschieden oder rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist. Auch auf den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist § 569 a Abs. 1 BGB nicht anwendbar.

Begriff des gemeinsamen
Hausstandes
Das Eintrittsrecht nach § 569 a Abs. 1 und 2 BGB setzt voraus, daß ein gemeinsamer Hausstand geführt wird. Für die Annahme dieses Merkmals sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten ausschlaggebend. An die Erfordernisse sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Daher ist ein ständiges Zusammenleben nicht erforderlich. Vorübergehende berufliche Trennung hindert nicht die Annahme eines gemeinsamen Hausstandes. Es kommt darauf an, daß die Wohnung der Mittelpunkt der gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsführung ist.
Ist ein Ehegatte ausgezogen, so ist ein gemeinsamer Hausstand nicht mehr gegeben.

Ablehnungsrecht des Ehegatten
Der Ehegatte kann nach § 569 a Abs. 1 S. 2 BGB innerhalb eines Monats, nachdem er vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber erklären, daß er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will. Macht der Ehegatte von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch, so gilt sein Eintritt in den Mietvertrag als nicht erfolgt. Das bedeutet, daß er rückwirkend keine Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis erworben hat. Er ist daher vom Zeitpunkt des Todes des Mieters an nicht zur Mietzahlung verpflichtet. Von da an tritt rückwirkend entweder der Familienangehörige (§ 569 a Abs. 2 BGB) oder der Erbe (§ 1922 BGB) in den Mietvertrag ein.
Hat der Mieter allein mit dem überlebenden Ehegatten in der Wohnung gelebt, so wird, wenn dieser den Eintritt ablehnt, das Mietverhältnis mit dem Erben fortgesetzt. Dem Erben steht kein Widerspruchsrecht zu.
Die Ablehnung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Da es sich bei ihr nicht um eine Kündigung handelt, bedarf sie nicht der Schriftform des § 564 a BGB. Maßgebend für den Beginn der Ablehnungsfrist ist die positive Kenntnis vom Tod des Mieters.

Eintritt von Familienangehörigen
Allgemeines
Wird die Wohnung vom Mieter zusammen mit einem oder mehreren Familienangehörigen bewohnt, so treten sie nach § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis ein. Dasselbe gilt, wenn der überlebende Ehegatte dem Eintritt in den Mietvertrag gem. § 569 a Abs. 1 S. 2 BGB widersprochen hat. Die Familienangehörigen setzen das Mietverhältnis nicht fort, wenn der Ehegatte eingetreten ist, der Vertrag aber durch ihn oder den Vermieter gekündigt wird.

Begriff des Familienangehörigen
Die Abgrenzung des Begriffs des Familienangehörigen ist sehr umstritten. Mit Rücksicht auf den Schutzzweck von § 569 a BGB wird er von der h. M. weit ausgelegt (BGH, Rechtsentscheid vom 13. Januar 1993, GE 1993, 361). Unstreitig gehören dazu die Personen, die mit dem Mieter verwandt und verschwägert sind. Hierbei kommt es nicht auf den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft an. Darüber hinaus werden Adoptivkinder und Pflegekinder als Familienangehörige angesehen.

Anwendung auf nichteheliche
Lebensgemeinschaft
Nach h. M. (BGH, Rechtsentscheid vom 13. Januar 1993, a. a. O.) tritt mit dem Tode des Mieters auch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entsprechend § 569 a Abs. 2 S. 1 BGB in das Mietverhältnis ein.
Nicht entsprechend anwendbar ist die Vorschrift auf gleichgeschlechtliche und ihrer Art nach nur vorübergehend angelegte Partnerschaften (BGH, a. a. O.). Es sind allerdings Gesetzentwürfe in der parlamentarischen Beratung, nach denen § 569 a Abs. 2 BGB auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften Anwendung finden soll.

Ablehnungsrecht der
Familienangehörigen
Der in das Mietverhältnis eingetretene Familienangehörige hat nach § 569 a Abs. 2 S. 3 BGB das Recht, die Fortsetzung des Mietvertrages durch Erklärung gegenüber dem Vermieter abzulehnen. Ist der Eintritt mehrerer Familienangehöriger erfolgt, so kann jeder die Erklärung für sich abgeben (§ 569 a Abs. 2 S. 3 2. Halbs. BGB). Die Ablehnungsfrist beträgt einen Monat. Sie beginnt jedoch nicht schon mit der Kenntnis vom Tode des Mieters. Dem Familienangehörigen muß ferner bekannt sein, daß der in das Mietverhältnis eintrittsberechtigte Ehegatte den Eintritt abgelehnt hat.

Haftung der eintritts-
berechtigten Personen
Sind mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis eingetreten, so können sie die Rechte aus dem Mietvertrag nur gemeinsam ausüben. Für die nach dem Tode des Mieters entstandenen mietvertraglichen Verpflichtungen haften sie als Gesamtschuldner (§ 569 a Abs. 2 S. 4 und 5 BGB).
Durch § 569 a Abs. 3 BGB wird die Haftung für Mietverbindlichkeiten für die Zeit bis zum Tod des Mieters geregelt. Danach haften der Ehegatte oder die Familienangehörigen, wenn sie in das Mietverhältnis eingetreten sind, neben dem Erben als Gesamtschuldner. Der Vermieter kann daher nach § 421 BGB wählen, wen er in Anspruch nehmen will. Zu den Verbindlichkeiten gehören insbesondere rückständige Mieten, Betriebskosten und Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung.
Da die Haftung nach § 569 a Abs. 3 BGB nur den Eintritt in das Mietverhältnis voraussetzt, kann der Sonderrechtsnachfolger vom Vermieter bereits in Anspruch genommen werden, bevor die Frist für die Ablehnungserklärung abgelaufen ist.
Dem Erben stehen fällige Ansprüche zu, die bis zum Tode des Mieters gegen den Vermieter entstanden sind. Hierzu zählen u. a. Aufwendungsersatzansprüche (§ 538 Abs. 2 BGB), Ansprüche wegen notwendiger und nützlicher Verwendungen (§ 547 Abs. 1 und 2 BGB) sowie wegen überhöhter Miete (§§ 812 BGB, 5 WiStG).
Will der Ehegatte oder der Familienangehörige die Haftung nach § 569 a Abs. 3 BGB vermeiden, so muß er den Eintritt in das Mietverhältnis ablehnen.

Mietvorauszahlung des
verstorbenen Mieters
Falls der Mieter eine Mietvorauszahlung geleistet hat, die im Zeitpunkt des Todes noch nicht abgewohnt ist, hat der Erbe nach § 569 a Abs. 4 BGB gegen den Ehegatten oder den Familienangehörigen einen Anspruch auf Herausgabe dessen, was er infolge der Vorausleistung erspart hat. Voraussetzung ist, daß der Ehegatte oder ein Familienangehöriger in das Mietverhältnis eingetreten ist. Ferner muß eine Mietvorauszahlung vorliegen. Der Begriff deckt sich mit dem in § 557 a BGB. Er umfaßt nicht nur die reine Miete, sondern auch andere Gegenleistungen, die im voraus für die Überlassung der Mietsache erbracht werden.
Sind mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis eingetreten, so haften sie für die nicht abgewohnte Mietvorauszahlung gegenüber dem Erben als Gesamtschuldner.

Kündigungsrecht des Vermieters
Durch § 569 a Abs. 5 BGB wird dem Vermieter ein außerordentliches befristetes Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeräumt. Die Kündigung kann nur für den erstmöglichen Termin mit der gesetzlichen Frist von rd. drei Monaten (§ 565 Abs. 5 BGB) erfolgen. Die Frist beginnt, wenn entweder die Erklärungsfrist nach § 569 a Abs. 1 S. 2 bzw. Abs. 2 S. 3 BGB abgelaufen ist oder der Eingetretene erklärt, er werde den Mietvertrag fortsetzen.
Nach h. M. ist der Begriff des wichtigen Grundes nicht zwingend mit dem gleichzusetzen, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Die Anforderungen an ihn sollen denen des § 549 Abs. 2 BGB entsprechen. Entscheidend ist, ob dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses zugemutet werden kann.
Die h. M. (vgl. OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 23. Dezember 1983, WuM 1984, S. 43) verlangt auch bei einer Kündigung nach § 569 a Abs. 5 BGB ein berechtigtes Interesse i. S. von § 564 b BGB. Allerdings ist davon auszugehen, daß bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person des in das Mietverhältnis eingetretenen Mieters in der Regel auch ein berechtigtes Interesse nach § 564 b BGB gegeben ist.
Sind mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis eingetreten, dann kann der Vermieter wegen der Einheit des Vertrages nur allen kündigen. Es reicht jedoch aus, daß der wichtige Grund in der Person eines Familienangehörigen vorliegt.
Autor: Dr. Hans-Herbert Gather