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Bürger, schlagt die Tonnen
20.11.2000 (GE 5/2000, 293) So ist das eben, wenn man die Katze im Sack kauft. Kaum öffnet man den Sack, zeigt sie die Krallen. Die Rede ist von den privatisierten Berliner Wasserbetrieben. Die Tinte unter den Verträgen ist noch nicht trocken, schon zeigt sich, daß unsere Warnungen berechtigt waren:
Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer, der viele Einfamilienhauseigentümer und Grundstücksnutzer im Ostteil Berlins vertritt, beklagt deutlich sinkende Aktivitäten der Wasserbetriebe bei den Abwasseranschlüssen (rund 60.000 Grundstücke im Ostteil sind noch ohne Kanalisationsanschluß). Der Grund für die Investitionszurückhaltung liegt auf der Hand: Die Wasserbetriebe mußten bekanntlich im Rahmen der Privatisierung eine fünfjährige Preisstabilitätsgarantie abgeben. Da nutzen Investitionen jetzt nichts, weil sie nicht auf die Preise durchschlagen dürfen. Das hebt man sich für die Zeit nach Ende der Preisstabilität auf, bis dahin wird nur das Allernotwendigste geflickt. Zu gegebener Zeit wird daran zu erinnern sein, wem wir das verdanken. …
Kaum sind die Wasserbetriebe privatisiert, wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Diesmal sind die Berliner Stadtreinigungsbetriebe dran.
Angeblich bereitet ausgerechnet in einem Moment, in dem auf dem Sektor Müllbeseitigung die Karten neu gemischt werden und noch niemand so recht weiß, wie künftig mit den Siedlungsabfällen umgegangen wird, der Berliner Senat einen Vertrag mit den Berliner Stadtreinigungsbetrieben vor, der diesen für 20 Jahre ihre bisherige Monopolstellung garantieren soll. Als Gegenleistung sollen die Stadtreinigungsbetriebe dem Land Berlin die voraussichtlichen Gewinne der nächsten 20 Jahre in einer Summe ausbezahlen. Und das, obwohl der Senat nicht einmal seiner gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen ist, bis Ende 1999 einen fortgeschriebenen Landesabfallplan vorzulegen.
Ist das Land Berlin im Besitz einer sensationellen Weltneuheit, des PPPP-Systems („Professional-Prophetic-Profit-Projection-System“)? Wer für 20 Jahre Gewinne eines Unternehmens voraussagen kann, sollte sich diese Fähigkeit besser patentieren lassen und an der Börse vermarkten, als sich die Erlaubnis, die Ausbeutung der Berliner durch Monopolstellung weiterbetreiben zu dürfen, mit ein paar Notgroschen für den Landeshaushalt honorieren zu lassen.
Denn mehr als ein Paar Notgroschen werden das nicht sein, die aus der Stadtreinigung herauszuholen sind. Nicht etwa deshalb, weil dieser Eigenbetrieb im Interesse der Bürger besonders kostenbewußt arbeiten würde und deshalb Gewinne schmal blieben, sondern weil er offenbar angesichts schwerer Altlasten - das betrifft Personalüberhänge ebenso wie gewerkschaftslastige Firmenphilosophie und gewisse Politikabhängigkeiten - nicht besser arbeiten kann.
Oder wie anders sollte man es sich erklären, daß den BSR im Jahr durchschnittlich 1 Milliarde DM zur Kapitalverwaltung zur Verfügung stehen, aus denen sie 1998 knapp 29 Mio. DM Finanzergebnis erwirtschafteten, was bekanntlich einer Verzinsung von 2,9 % entspricht und in jedem anderen Unternehmen vergleichbarer Größenordnung dazu führt, daß der Finanzvorstand seinen Hut nehmen muß. Wenn man dann noch weiß, daß die BSR an den Gewährsträger (Land Berlin) 4 % für das bereitgestellte Eigenkapital und ein Landesdarlehen zahlt, fragt man sich, was da eigentlich abgeht?
Hätten die BSR ihre liquiden Mittel verwandt, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Land zu tilgen, und den weiteren Versuch gemacht, übliche Erträge auf dem Kapitalmarkt zu erzielen (selbst mündelsichere Bundeswertpapiere hätten 4,4 % gebracht), hätten die BSR 1998 (Jahr des letzten Geschäftsberichts) ein Ergebnis von 160 Mio. DM erzielt. Sie hätten damit jeden Berliner - vom Baby bis zum Greis - um knapp 50 DM im Jahr entlastet.
Aber so rechnen die BSR nicht, weil sie nicht so rechnen müssen. Die Politik hat dem Unternehmen einen großen Zaun um sein beschauliches Paradies gebaut und jeden Veränderungsdruck - sprich: Wettbewerb - von ihm abgehalten. Und offensichtlich wird das auch die nächsten 20 Jahre so bleiben, wenn die Bürger Berlins nicht endlich die Tonnen schlagen.
Kaum sind die Wasserbetriebe privatisiert, wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Diesmal sind die Berliner Stadtreinigungsbetriebe dran.
Angeblich bereitet ausgerechnet in einem Moment, in dem auf dem Sektor Müllbeseitigung die Karten neu gemischt werden und noch niemand so recht weiß, wie künftig mit den Siedlungsabfällen umgegangen wird, der Berliner Senat einen Vertrag mit den Berliner Stadtreinigungsbetrieben vor, der diesen für 20 Jahre ihre bisherige Monopolstellung garantieren soll. Als Gegenleistung sollen die Stadtreinigungsbetriebe dem Land Berlin die voraussichtlichen Gewinne der nächsten 20 Jahre in einer Summe ausbezahlen. Und das, obwohl der Senat nicht einmal seiner gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen ist, bis Ende 1999 einen fortgeschriebenen Landesabfallplan vorzulegen.
Ist das Land Berlin im Besitz einer sensationellen Weltneuheit, des PPPP-Systems („Professional-Prophetic-Profit-Projection-System“)? Wer für 20 Jahre Gewinne eines Unternehmens voraussagen kann, sollte sich diese Fähigkeit besser patentieren lassen und an der Börse vermarkten, als sich die Erlaubnis, die Ausbeutung der Berliner durch Monopolstellung weiterbetreiben zu dürfen, mit ein paar Notgroschen für den Landeshaushalt honorieren zu lassen.
Denn mehr als ein Paar Notgroschen werden das nicht sein, die aus der Stadtreinigung herauszuholen sind. Nicht etwa deshalb, weil dieser Eigenbetrieb im Interesse der Bürger besonders kostenbewußt arbeiten würde und deshalb Gewinne schmal blieben, sondern weil er offenbar angesichts schwerer Altlasten - das betrifft Personalüberhänge ebenso wie gewerkschaftslastige Firmenphilosophie und gewisse Politikabhängigkeiten - nicht besser arbeiten kann.
Oder wie anders sollte man es sich erklären, daß den BSR im Jahr durchschnittlich 1 Milliarde DM zur Kapitalverwaltung zur Verfügung stehen, aus denen sie 1998 knapp 29 Mio. DM Finanzergebnis erwirtschafteten, was bekanntlich einer Verzinsung von 2,9 % entspricht und in jedem anderen Unternehmen vergleichbarer Größenordnung dazu führt, daß der Finanzvorstand seinen Hut nehmen muß. Wenn man dann noch weiß, daß die BSR an den Gewährsträger (Land Berlin) 4 % für das bereitgestellte Eigenkapital und ein Landesdarlehen zahlt, fragt man sich, was da eigentlich abgeht?
Hätten die BSR ihre liquiden Mittel verwandt, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Land zu tilgen, und den weiteren Versuch gemacht, übliche Erträge auf dem Kapitalmarkt zu erzielen (selbst mündelsichere Bundeswertpapiere hätten 4,4 % gebracht), hätten die BSR 1998 (Jahr des letzten Geschäftsberichts) ein Ergebnis von 160 Mio. DM erzielt. Sie hätten damit jeden Berliner - vom Baby bis zum Greis - um knapp 50 DM im Jahr entlastet.
Aber so rechnen die BSR nicht, weil sie nicht so rechnen müssen. Die Politik hat dem Unternehmen einen großen Zaun um sein beschauliches Paradies gebaut und jeden Veränderungsdruck - sprich: Wettbewerb - von ihm abgehalten. Und offensichtlich wird das auch die nächsten 20 Jahre so bleiben, wenn die Bürger Berlins nicht endlich die Tonnen schlagen.
Autor: Dieter Blümmel