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Auslegung von Einzelmerkmalen der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel
Von abschließbaren Müllstandsflächen über kleine Waschbecken bis hin zur bevorzugten Citylage
25.04.2008 (GE 8/2008, 506) Das AG Charlottenburg und in der Berufung das LG Berlin befassten sich mit verschiedenen Merkmalen der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel. Danach gilt: Eine Müllstandsfläche muss nicht selbst abschließbar sein, es reicht aus, wenn sie nur über einen verschlossenen Zugang erreichbar ist, zu dem nur Mieter Schlüssel haben. Parkett und Stuck müssen sich in gutem Zustand befinden, um wohnwerterhöhend zu wirken. Ein Handwaschbecken mit den Abmaßen 49 x 35 cm sei nicht als zu klein zu bezeichnen, ein Badezimmer mit 1,37 m Fliesenspiegel gelte bei einer Gesamthöhe von 2,20 m als überwiegend gefliest. Und schließlich: Das Rheinische Viertel um den Rüdesheimer Platz gilt nicht als bevorzugte Citylage.
Der Fall: Der Vermieter wollte die Miete für eine Wohnung im sog. Rheinischen Viertel (Gartenterrassenstadt), das um den Rüdesheimer Platz in Berlin-Wilmersdorf liegt, erhöhen. Die dortigen viergeschossigen Mietshäuser enthalten großbürgerliche Wohnungen mit überwiegend fünf und mehr Zimmern und sind in Anlehnung an den englischen Landhausstil gestaltet.
Der auf Zustimmung in Anspruch genommene Mieter stimmte der Mieterhöhung nicht zu. Der Streit ging im Wesentlichen darum, ob bestimmte Merkmale der Orientierungshilfe des Berliner Mietspiegels vorlagen.
Das Amtsgericht Charlottenburg hielt das Mieterhöhungsverlangen für formell wirksam, obwohl der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen die pauschalen Betriebskostenwerte aus dem Mietspiegel angegeben habe. Aufgrund der Rechtsprechung des BGH führe das nicht zur formellen Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens.
Zu den wohnwerterhöhenden Merkmalen entschied das Gericht: das vorhandene Handwaschbecken mit den Abmaßen 49 x 35 cm sei nicht als zu klein einzustufen. Das geflieste Bad mit einer Fliesenhöhe von 1,37 m bei 2,20 m Gesamthöhe habe als überwiegend gefliest zu gelten. In vier Räumen der Fünf-Zimmer-Wohnung befinde sich aufwendiger Stuck, der vom Vermieter gestellt sei. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht dadurch, dass der Mieter mehrere Farbschichten von den einzelnen Stuckelementen abgewaschen habe.
Die Wohnung liege auch in einer bevorzugten Citylage. Das Wohnhaus befinde sich in fußläufiger Nähe zur Steglitzer Schloßstraße mit einer Vielzahl von Einkaufsstätten und Restaurants.
Die mit einer bewachsenen Pergola gestaltete Müllstandsfläche sei deshalb abschließbar im Sinne der Orientierungshilfe zum Mietspiegel, weil der Zugang zum Innenhof und damit zur Müllstandsfläche nur durch die abgeschlossene Hauseingangstür möglich sei, so dass nur die Bewohner des Grundstücks den Bereich nutzen könnten und fremde Personen von der Nutzung ausgeschlossen seien. Es komme nicht darauf an, dass die Müllbehältnisse durch einen Zaun mit einer abschließbaren Tür vom übrigen Innenhof getrennt abgestellt würden.
Auch das Sondermerkmal hochwertiger Bodenbelag liege weil ein Parkettboden vorhanden sei vor und führe zu einem Zuschlag von 0,24 /m2. Der Mieter könne mit seinem Vorbringen, das Parkett habe sich zu Beginn des Mietverhältnisses in einem abgewohnten Zustand befunden, stellenweise sei es bis auf das blanke Holz verbraucht gewesen, nicht durchdringen, da der Vortrag zu unsubstantiiert sei.
Das Berufungsurteil: Das Landgericht Berlin, ZK 65 (Einzelrichterin), schloss sich zunächst dem Amtsgericht in seiner Bewertung der abschließbaren Müllstandsfläche an.
Anders als die Vorinstanz vertrat das Landgericht jedoch die Ansicht, dass die Wohnung nicht in einer bevorzugten Citylage liege. Dafür reiche es nicht aus, dass bekannte Berliner Einkaufslagen (z. B. Steglitzer Schloßstraße) durch längere Fußmärsche oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos erreicht werden könnten. Das zeichne die Wohnlage nicht vor anderen innerstädtischen Wohnlagen aus. Eine bevorzugte Citylage setze voraus, dass sie mit ihrer Infrastruktur in Bezug auf Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen und Restaurants etc. eine über den unmittelbaren Wohngebietsbereich hinausgehende Bedeutung habe und deshalb auch Besucher und Touristen anziehe. Das sei hier nicht der Fall.
Dem Amtsgericht könne auch nicht darin gefolgt werden, es käme nicht darauf an, in welchem Zustand sich der Stuck bei Anmietung befunden habe, denn auch insoweit müsse sich dieser in einem guten Zustand befinden. Es sei nicht ersichtlich, dass dieses im Mietspiegel genannte positive Merkmal den guten Zustand nur für die getäfelte Wandverkleidung fordern würde. Die sprachliche Gestaltung lasse eine Einschränkung nicht erkennen, so dass hier davon ausgegangen werde, dass auch der Stuck in einem guten Zustand sein müsse. Davon könne hier nicht ausgegangen werden.
Die Berufung sei auch erfolgreich, soweit sie sich gegen den für das Sondermerkmal hochwertiger Bodenbelag in Form des Parketts berücksichtigten Zuschlag richte, denn es sei davon auszugehen, dass sich das Parkett bei Anmietung der Wohnung nicht in einem guten Zustand i. S. d. Mietspiegels befunden habe, weil es infolge der Abnutzung abgeschliffen und neu versiegelt werden musste. Ein guter Zustand sei nicht (mehr) gegeben, wenn Instandsetzungsarbeiten vorgenommen werden müssten. Das habe die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben.
Anmerkung: Die Ausführungen des Landgerichts sind teilweise diskussionswürdig und sollten Anlass für den nächsten Mietspiegel sein, Definitionen zu präzisieren. Das bezieht sich vorliegend auf das Sondermerkmal des hochwertigen Bodenbelags und auf das wohnwerterhöhende Merkmal im Rahmen der Orientierungshilfe aufwendige Deckenverkleidung (Stuck).
Grundsätzlich gilt bei der Einordnung einer Wohnung im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens, dass behebbare Mängel nicht mindernd berücksichtigt werden dürfen, vielmehr über die Mängelhaftung nach §§ 536 ff. BGB zu regulieren sind (vgl. Schach in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl. 2007, § 558 Rdn. 27 ff.). Ein Parkettboden stellt grundsätzlich einen hochwertigen Bodenbelag dar. Wenn er sich nicht mehr in einem guten Zustand befindet, hat der Mieter gegen den Vermieter einen entsprechenden Instandsetzungsanspruch nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Insofern ist die Definition laut Berliner Mietspiegel, dass sich der Bodenbelag in einem guten Zustand befinden muss, um den Zuschlag auszulösen, inkonsequent. Zumindest ist er unklar und bedarf jedenfalls einer einschränkenden, differenzierenden Betrachtung. Hat der Mieter die Wohnung in (positiver) Kenntnis eines bestimmten Mangels übernommen, kann der Erfüllungsanspruch ausgeschlossen sein. Dann haben nämlich die Vertragsparteien einen bestimmten Zustand der Mietsache als vertragsgemäß vereinbart (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. April 2007 - XII ZR 139/05 - = GE 2007, 843). Ein solcher Ausschluss des Erfüllungsanspruchs dürfte jedoch eher die Ausnahme sein. Hat demgemäß ein Mieter einen Anspruch, dass der Parkettboden (wieder) in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt wird, kann das bei einem Mieterhöhungsverlangen nicht dazu führen, dass das Sondermerkmal des hochwertigen Bodenbelages außer Betracht bleibt.
Das Problem des möglicherweise bestehenden Erfüllungsanspruchs bezieht sich auch auf das wohnwerterhöhende Merkmal der getäfelten Wandverkleidung in gutem Zustand. Hat der Mieter einen Erfüllungsanspruch, dürfte es nicht darauf ankommen, ob die getäfelte Wandverkleidung in gutem Zustand oder instandsetzungsbedürftig ist. Im Übrigen bezieht sich dem klaren Wortlaut der Definition nach der erforderliche gute Zustand nur auf die Wandverkleidung, nicht auf die aufwendige Deckenverkleidung in Form von Stuck. Auch hier besteht Klarstellungsbedarf.
Wann eine bevorzugte Citylage vorliegt, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Ob nun die Wohngegend um den Rüdesheimer Platz wegen ihrer Nähe zur Schloßstraße noch wohnwerterhöhend im Sinne der Orientierungshilfe anzusehen ist, ob es sich also noch um eine fußläufige Nähe handelt, mag zweifelhaft sein und in der hiesigen Betrachtung auch bleiben.
AG Charlottenburg, Urteil vom 16. Januar 2007 - 218 C 228/06; LG Berlin, Berufungsurteil vom 14. Dezember 2007 - 65 S 80/07 - Wortlaut Seite 542
Der auf Zustimmung in Anspruch genommene Mieter stimmte der Mieterhöhung nicht zu. Der Streit ging im Wesentlichen darum, ob bestimmte Merkmale der Orientierungshilfe des Berliner Mietspiegels vorlagen.
Das Amtsgericht Charlottenburg hielt das Mieterhöhungsverlangen für formell wirksam, obwohl der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen die pauschalen Betriebskostenwerte aus dem Mietspiegel angegeben habe. Aufgrund der Rechtsprechung des BGH führe das nicht zur formellen Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens.
Zu den wohnwerterhöhenden Merkmalen entschied das Gericht: das vorhandene Handwaschbecken mit den Abmaßen 49 x 35 cm sei nicht als zu klein einzustufen. Das geflieste Bad mit einer Fliesenhöhe von 1,37 m bei 2,20 m Gesamthöhe habe als überwiegend gefliest zu gelten. In vier Räumen der Fünf-Zimmer-Wohnung befinde sich aufwendiger Stuck, der vom Vermieter gestellt sei. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht dadurch, dass der Mieter mehrere Farbschichten von den einzelnen Stuckelementen abgewaschen habe.
Die Wohnung liege auch in einer bevorzugten Citylage. Das Wohnhaus befinde sich in fußläufiger Nähe zur Steglitzer Schloßstraße mit einer Vielzahl von Einkaufsstätten und Restaurants.
Die mit einer bewachsenen Pergola gestaltete Müllstandsfläche sei deshalb abschließbar im Sinne der Orientierungshilfe zum Mietspiegel, weil der Zugang zum Innenhof und damit zur Müllstandsfläche nur durch die abgeschlossene Hauseingangstür möglich sei, so dass nur die Bewohner des Grundstücks den Bereich nutzen könnten und fremde Personen von der Nutzung ausgeschlossen seien. Es komme nicht darauf an, dass die Müllbehältnisse durch einen Zaun mit einer abschließbaren Tür vom übrigen Innenhof getrennt abgestellt würden.
Auch das Sondermerkmal hochwertiger Bodenbelag liege weil ein Parkettboden vorhanden sei vor und führe zu einem Zuschlag von 0,24 /m2. Der Mieter könne mit seinem Vorbringen, das Parkett habe sich zu Beginn des Mietverhältnisses in einem abgewohnten Zustand befunden, stellenweise sei es bis auf das blanke Holz verbraucht gewesen, nicht durchdringen, da der Vortrag zu unsubstantiiert sei.
Das Berufungsurteil: Das Landgericht Berlin, ZK 65 (Einzelrichterin), schloss sich zunächst dem Amtsgericht in seiner Bewertung der abschließbaren Müllstandsfläche an.
Anders als die Vorinstanz vertrat das Landgericht jedoch die Ansicht, dass die Wohnung nicht in einer bevorzugten Citylage liege. Dafür reiche es nicht aus, dass bekannte Berliner Einkaufslagen (z. B. Steglitzer Schloßstraße) durch längere Fußmärsche oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos erreicht werden könnten. Das zeichne die Wohnlage nicht vor anderen innerstädtischen Wohnlagen aus. Eine bevorzugte Citylage setze voraus, dass sie mit ihrer Infrastruktur in Bezug auf Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen und Restaurants etc. eine über den unmittelbaren Wohngebietsbereich hinausgehende Bedeutung habe und deshalb auch Besucher und Touristen anziehe. Das sei hier nicht der Fall.
Dem Amtsgericht könne auch nicht darin gefolgt werden, es käme nicht darauf an, in welchem Zustand sich der Stuck bei Anmietung befunden habe, denn auch insoweit müsse sich dieser in einem guten Zustand befinden. Es sei nicht ersichtlich, dass dieses im Mietspiegel genannte positive Merkmal den guten Zustand nur für die getäfelte Wandverkleidung fordern würde. Die sprachliche Gestaltung lasse eine Einschränkung nicht erkennen, so dass hier davon ausgegangen werde, dass auch der Stuck in einem guten Zustand sein müsse. Davon könne hier nicht ausgegangen werden.
Die Berufung sei auch erfolgreich, soweit sie sich gegen den für das Sondermerkmal hochwertiger Bodenbelag in Form des Parketts berücksichtigten Zuschlag richte, denn es sei davon auszugehen, dass sich das Parkett bei Anmietung der Wohnung nicht in einem guten Zustand i. S. d. Mietspiegels befunden habe, weil es infolge der Abnutzung abgeschliffen und neu versiegelt werden musste. Ein guter Zustand sei nicht (mehr) gegeben, wenn Instandsetzungsarbeiten vorgenommen werden müssten. Das habe die durchgeführte Beweisaufnahme ergeben.
Anmerkung: Die Ausführungen des Landgerichts sind teilweise diskussionswürdig und sollten Anlass für den nächsten Mietspiegel sein, Definitionen zu präzisieren. Das bezieht sich vorliegend auf das Sondermerkmal des hochwertigen Bodenbelags und auf das wohnwerterhöhende Merkmal im Rahmen der Orientierungshilfe aufwendige Deckenverkleidung (Stuck).
Grundsätzlich gilt bei der Einordnung einer Wohnung im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens, dass behebbare Mängel nicht mindernd berücksichtigt werden dürfen, vielmehr über die Mängelhaftung nach §§ 536 ff. BGB zu regulieren sind (vgl. Schach in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl. 2007, § 558 Rdn. 27 ff.). Ein Parkettboden stellt grundsätzlich einen hochwertigen Bodenbelag dar. Wenn er sich nicht mehr in einem guten Zustand befindet, hat der Mieter gegen den Vermieter einen entsprechenden Instandsetzungsanspruch nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Insofern ist die Definition laut Berliner Mietspiegel, dass sich der Bodenbelag in einem guten Zustand befinden muss, um den Zuschlag auszulösen, inkonsequent. Zumindest ist er unklar und bedarf jedenfalls einer einschränkenden, differenzierenden Betrachtung. Hat der Mieter die Wohnung in (positiver) Kenntnis eines bestimmten Mangels übernommen, kann der Erfüllungsanspruch ausgeschlossen sein. Dann haben nämlich die Vertragsparteien einen bestimmten Zustand der Mietsache als vertragsgemäß vereinbart (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. April 2007 - XII ZR 139/05 - = GE 2007, 843). Ein solcher Ausschluss des Erfüllungsanspruchs dürfte jedoch eher die Ausnahme sein. Hat demgemäß ein Mieter einen Anspruch, dass der Parkettboden (wieder) in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt wird, kann das bei einem Mieterhöhungsverlangen nicht dazu führen, dass das Sondermerkmal des hochwertigen Bodenbelages außer Betracht bleibt.
Das Problem des möglicherweise bestehenden Erfüllungsanspruchs bezieht sich auch auf das wohnwerterhöhende Merkmal der getäfelten Wandverkleidung in gutem Zustand. Hat der Mieter einen Erfüllungsanspruch, dürfte es nicht darauf ankommen, ob die getäfelte Wandverkleidung in gutem Zustand oder instandsetzungsbedürftig ist. Im Übrigen bezieht sich dem klaren Wortlaut der Definition nach der erforderliche gute Zustand nur auf die Wandverkleidung, nicht auf die aufwendige Deckenverkleidung in Form von Stuck. Auch hier besteht Klarstellungsbedarf.
Wann eine bevorzugte Citylage vorliegt, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung. Ob nun die Wohngegend um den Rüdesheimer Platz wegen ihrer Nähe zur Schloßstraße noch wohnwerterhöhend im Sinne der Orientierungshilfe anzusehen ist, ob es sich also noch um eine fußläufige Nähe handelt, mag zweifelhaft sein und in der hiesigen Betrachtung auch bleiben.
AG Charlottenburg, Urteil vom 16. Januar 2007 - 218 C 228/06; LG Berlin, Berufungsurteil vom 14. Dezember 2007 - 65 S 80/07 - Wortlaut Seite 542
Autor: Klaus Schach