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Michael Naumann: Austeilen mit Stil
27.03.2008 (GE 6/2008, 350) Der Mann hat Stil. Schon am Wahlabend hatte der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann seinem Unmut über den Linksschwenk seines Parteivorsitzenden Kurt Beck in der Woche vor der Wahl in einer für ihn überdeutlichen Weise vor laufenden Kameras Raum gegeben. Schließlich hatte ihn der Jäger aus der Pfalz als Heckenschütze aus dem eigenen Lager Prozentpunkte gekostet.
Wie man jetzt lesen konnte, hat es Naumann nicht bei der hanseatisch kühlen öffentlichen Kritik belassen, sondern sich auch den obligatorischen öffentlichen Glückwunsch nebst Presseauftrieb am Tag nach der Wahl, bei dem die Spitzenkandidaten aus den Landtagswahlen noch einmal öffentlich vom Parteivorsitzenden gestreichelt werden, mehr oder minder verbeten. Glückwünsche und Blumen für Naumann gab es stattdessen von SPD-Parteivize Walter Steinmeier; Kurt Beck hatte angeblich wegen eines Schnupfens absagen lassen, womit die Kausalität eine andere war als zunächst dargestellt: Beck hat offenbar nicht wegen eines Schnupfens abgesagt, sondern war verschnupft, weil Naumann den Fototermin mit Beck abgesagt hatte. Das hat Stil, zeigt aber auch, dass Naumann um die beste Langzeitstrategie weiß: Arbeite grundsätzlich mit anderen Menschen zusammen, aber lass Dir nichts gefallen und bestrafe nichtkooperatives Verhalten eines anderen unmittelbar im nächsten Spielzug getreu den Erkenntnissen des Politologen Robert Axelrod.
Autor: Dieter Blümmel