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Räumungsklage zulässig
Mieter geschäftsunfähig
27.03.2008 (GE 6/2008, 367) Zustellungen in einem Rechtsstreit gegen nicht prozessfähige Personen müssen an deren gesetzlichen Vertreter erfolgen (§ 170 ZPO). Unterbleibt das, ist die Zustellung unwirksam, selbst wenn die Prozessunfähigkeit des Gegners nicht bekannt war.
Der Fall: Die Klägerin hatte der Beklagten eine Wohnung vermietet. Sie kündigte wegen Zahlungsverzugs und klagte auf Räumung. Das AG gab der Klage durch Versäumnisurteil, das der Mieterin zugestellt wurde, statt. Monate später legte eine Betreuerin der Mieterin Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Daraufhin wurde die Klage wege unstreitiger Prozessunfähigkeit der Mieterin als unzulässig abgewiesen.

Das Urteil: Der BGH hob mit Urteil vom 9. Januar 2008 das Urteil des Landgerichts Hamburg (ZMR 2007, 197) auf und verwies darauf, dass die Frage der Wirksamkeit der Zustellung des Versäumnisurteils und der Rechtzeitigkeit des Einspruchs nichts mit der Zulässigkeit der Klage zu tun habe. Zwar führe die Klagezustellung an einen Prozessunfähigen nicht zu einer wirksamen Klageerhebung, doch könnten fehlende Sachurteilsvoraussetzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgeholt werden. Hier habe sich die Betreuerin rügelos eingelassen, so dass etwaige Verfahrensmängel geheilt seien. Das LG hätte in der Sache entscheiden müssen.

Anmerkung der Redaktion: Das Urteil ist (nur) in einem Punkt zu kritisieren. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist, die der BGH hier gewährt hat, setzt voraus, dass eine Frist versäumt wurde. Wenn die Zustellung des Versäumnisurteils nach § 170 ZPO unwirksam war, konnte keine Einspruchsfrist zu laufen beginnen; einer Entscheidung über die Wiedereinsetzung bedurfte es also nicht. Der Vermieter wird in einem solchen Fall vorsorglich wiederholte Kündigungen aussprechen, denn nicht nur die Zustellung von Klage und Versäumnisurteil an einen Geschäftsunfähigen sind unwirksam, sondern auch die Zustellung der Kündigung. Wenn daher die Kündigung nicht erneut gegenüber der Betreuerin ausgesprochen wird, müsste in einem solchen Fall das Gericht die Räumungsklage als unbegründet abweisen.

BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - VIII ZR 12/07 - Wortlaut Seite 406