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Die Kunden blieben aus – Kammergericht gestand Mietminderung zu
Zugang zum Laden durch Container versperrt
14.01.2008 (GE 1/2008, 24) Bei der Vermietung von Geschäftsräumen darf das Recht des Mieters auf Minderung wegen eines Mietmangels teilweise ausgeschlossen werden. Wenn jedoch ein Ladenlokal wegen Baumaßnahmen überhaupt nicht mehr erreicht werden kann, darf auch ein Geschäftsraummieter die Miete mindern, selbst wenn die Baumaßnahmen nicht in den Verantwortungsbereich des Vermieters fallen, entschied das Kammergericht. Im konkreten Fall war das Betreten eines Ladens, der auf Laufkundschaft vor allem von Berlin-Touristen angewiesen war, durch den Bau einer U-Bahn-Strecke nicht mehr möglich, weil Container den Zugang versperrten.

Die Kunden blieben aus – Kammergericht gestand Mietminderung zu

Der Fall: Gemietet war ein Ladengeschäft, in dem Architekturfach- und Reiseliteratur, Souvenirs, Film- und Fotobedarf sowie Postkarten vertrieben wurden. Wegen des Baus einer U-Bahn-Trasse war der Zugang zu dem Geschäft wochenlang durch Baumaßnahmen und vor dem Geschäft abgestellte mehrstöckige Container nicht möglich. Der Mieter machte Mietminderung geltend und zahlte für einen bestimmten Zeitraum keine Miete. Der Vermieter klagte die Miete ein. Land- und Kammergericht wiesen die Klage ab.

Das Urteil: Der 8. Senat des KG (Einzelrichterin) entschied, das LG sei zutreffend davon ausgegangen, daß der Mietzins für den bestimmten Zeitraum auf „Null“ gemindert gewesen sei. Die vertragsgemäße Gebrauchstauglichkeit der Mieträume als Ladengeschäft sei infolge der unstreitigen Sperrung des Ladenzugangsbereichs durch Baumaßnahmen und Abstellen mehrstöckiger Container aufgehoben gewesen. Der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen sei Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung insbesondere dann, wenn Gewerberäume vermietet wurden und das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen sei. Die Zugangsbehinderung stelle auch dann einen Mangel dar, wenn sie durch vom Vermieter nicht beeinflußbare Bauarbeiten hervorgerufen werde. Diese Fallkonstellation liege insbesondere vor, wenn die öffentliche Hand beispielsweise Straßenbaumaßnahmen durchführe, die den Zugang zum Mietobjekt erheblich beeinträchtigen. § 536 BGB setze ein Verschulden des Vermieters nicht voraus. Der Minderungsanspruch sei auch nicht aufgrund der vertraglichen Regelungen im Mietvertrag ausgeschlossen.

Die Klausel
„Die Lage des Mietobjekts, die Bautätigkeit auf den Nachbargrundstücken und zur Gestaltung der öffentlichen Straßen, Wege, Plätze und Verkehrsanlagen sind dem Mieter bekannt und berechtigen in keinem Fall zur Mietminderung.“
sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Sie betreffe ihrem Wortlaut nach nur die bereits begonnene Bautätigkeit bei Abschluß des Mietvertrages im April 2003. Sie erfasse nicht neue Baumaßnahmen, die erst über ein Jahr später begonnen worden seien.

Die Regelung
„Äußere Einwirkungen durch Dritte, wie z. B. durch Verkehrsumleitungen, Aufgrabungen, Straßensperren, Geräusch-, Geruchs- und Staubbelastungen o. ä. begründen unabhängig vom Ausmaß keinen Fehler des Mietgegenstandes, sofern sie nicht vom Vermieter zu vertreten sind.“
benachteilige den Mieter unangemessen und sei deswegen nach § 307 BGB unwirksam. In Geschäftsraummietverträgen könne zwar das Mietminderungsrecht formularmäßig eingeschränkt werden. Unwirksam sei indes der vollständige Ausschluß der Gewährleistungsrechte auch in Geschäftsraummietverträgen, er stelle in jedem Fall einen Verstoß gegen die Gestaltungspflichten bei Verwendung von AGB dar und sei daher unwirksam. Kardinalpflichten, zu denen auch die Pflicht des Vermieters gehöre, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, dürften daher zugunsten des Vermieters nur ausgeschlossen werden, wenn davon vertragsuntypische und nicht vorhersehbare Schäden erfaßt würden. Die vorliegende Klausel enthalte einen umfassenden Ausschluß jeglicher Rechte des Mieters aufgrund von äußeren Einwirkungen Dritter auf die Mietsache. Die Einschränkung des Fehlerbegriffes stelle eine einseitige Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu Lasten des Mieters dar. Denn es sei nicht lediglich die Minderung ausgeschlossen, sondern dem Mieter würden auch alle weiteren Rechte (z. B. Kündigung) genommen.

KG, Urteil vom 12. November 2007 - 8 U 194/06 - Wortlaut Seite 52