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Beim Wasser ist nur das Wasser klar
26.12.2007 (GE 24/2007, 1641) Alle Jahre wieder kommt das Christuskind – aber leider auch eine Erhöhung der Wasser- und Abwasserpreise in Berlin, seit das ehemals landeseigene Unternehmen nur noch zur einen Hälfte dem Land, zur anderen aber privaten Großanlegern gehört. Und die verteilen keine, sondern sie wollen Geschenke.

Beim Wasser ist nur das Wasser klar

In diesem Jahr eines in Form einer Preiserhöhung von 1,9 % ab Januar 2008.
Solange kein Wettbewerb herrscht, müssen und dürfen die Verbraucher bei Monopolisten besonders auf die Preise achten und darauf, wie sie zustande kommen. Das OVG Berlin-Brandenburg hat das in seinen drei Entscheidungen gegen die BSR und die Berliner Wasserbetriebe gerade wieder eindrucksvoll bestätigt (vgl. Seite 1697) und von der Notwendigkeit einer "außerstaatlichen Kontrolle" gesprochen.
Daß sie deshalb unter einem dauerhaften Erklärungsdruck stehen, wissen die Monopolisten natürlich. Sie versuchen zu reagieren, je nach Mentalität der Vorstände und/oder der Aufsichtsgremien allerdings mit unterschiedlichem "Transparenzverhalten."
Mit dem Vorstand der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) sind die Verbraucher – derzeit – recht gut bedient. Schon vor über einem Jahr hat der Betrieb eine umfangreiche Broschüre zur Erläuterung seiner Tarifkalkulation vorgelegt. In den letzten beiden Jahren hatte ich nie Probleme, wenn es um die Erläuterung oder Vertiefung von Zahlenmaterial wie beispielsweise die Verwendung von Überdeckungen aus Entgelteinnahmen oder ähnliches ging. Stets hat der BSR-Vorstand binnen 24 Stunden reagiert und Zahlen oder Erläuterungen geliefert. Daß solche Offenheit in der Vergangenheit alles andere als selbstverständlich war, wissen die Leser dieser Zeitschrift.
Anders sieht das mit den Berliner Wasserbetrieben aus. Schon die Eigentümerstruktur scheint ein „Garant“ für die erkennbare Neigung zur Scheintransparenz zu sein. Dieser Tage – just, als das OVG Berlin-Brandenburg seine Urteilsbegründungen zum Einsichtsrecht in die Kalkulationsunterlagen von BSR und BWB veröffentlichte – legten die Berliner Wasserbetriebe ein dünnes Heftchen von 20 Seiten zu den Grundlagen ihrer Tarifkalkulation und eine einseitige Excel-Tabelle mit der Tarifkalkulation für 2008 vor. Das zeitliche Zusammentreffen – Urteile/Kalkulationsbroschüre – sei reiner Zufall, versichern die Wasserbetriebe, und ich glaube ihnen das, denn angesichts der Urteile hätte das Kalkulationsbroschürchen nicht so dürftig ausfallen dürfen, wie es ausgefallen ist.
Und wer bei den Wasserbetrieben auf die Idee verfallen ist, die Kostenkalkulation stellvertretend ausgerechnet am Beispiel des Tarifs für abflußlose Kläranlagen statt für die Regeltarife Trinkwasser oder Abwasser zu erläutern, sollte sich mal auf seinen Geisteszustand überprüfen lassen.
Schön ist jedenfalls, daß anhand der Grobkalkulationstabelle (siehe Seite 1656) endlich jeder auf einen Blick sieht, wie die Gewinne der Wasserbetriebe entstehen: durch Ansatz fiktiver Kosten (kalkulatorische Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen), wo es auch ein neues Senatsgeschenk gibt, denn der Zinssatz steigt von bisher 7,30 auf 7,77 %. Allein das führt 2008 zu Mehreinnahmen von knapp 20 Millionen Euro!
Auffällig an der von den BWB präsentierten Kalkulationstabelle ist auch, daß die Tabelle zwar die Kalkulationsgrundlage für den privaten Regenwasseranteil enthält, nicht aber für den vom Land zu zahlenden Anteil. Meine Bitte an die BWB, mir die Zahlen nachzuliefern, weil nur so nachprüfbar sei, ob Private nicht zugunsten des Landes unzulässigerweise schlechter behandelt würden, wurde vom Vorstand höflich, aber bestimmt abgelehnt. Was man zu verbergen hat, erschließt sich durch Nachdenken: Ich bin mir ziemlich sicher, daß bei der Kalkulation für den vom Land gezahlten Anteil an der Regenwasserabgabe die Tarife nach dem alten Schema berechnet und die kalkulatorischen Abschreibungen nicht, wie neuerdings bei den Tarifen für Grundstückseigentümer, nach den (hohen) Wiederbeschaffungszeitwerten kalkuliert werden, sondern nach den (niedrigen) historischen Anschaffungswerten. Mit dieser "verdeckten Gewinnentnahme" spart das Land ein paar Millionen im Jahr, die als überhöhte Kosten beim privaten Regenwasserentgelt untergeschoben werden. Wollen wir wetten?
Autor: Dieter Blümmel