Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Broschüre zu den Grundlagen der Tarifkalkulation
Berliner Wasserbetriebe lüften Schleier ein wenig
26.12.2007 (GE 24/2007, 1655) Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) haben ein paar Eckpunkte ihrer Tarifkalkulation in Form einer 20seitigen Broschüre veröffentlicht. Die BWB folgen damit dem Beispiel der BSR, die das bereits vor einem Jahr vorgemacht haben – deutlich besser und umfangreicher übrigens als die BWB. Immerhin: Es ist ein Anfang, aber noch nicht das Ende der Fahnenstange, wie die zeitgleich vorgelegten schriftlichen Urteilsbegründungen des OVG Berlin-Brandenburg zu dem von Haus & Grund Berlin und dem BBU erstrittenen Einsichtsrecht in die Tarifkalkulationen von BSR und BWB zeigen (vgl. ausführlich Seite 1664 und 1697). Das OVG hält ausdrücklich eine "außerstaatliche Kontrolle" der Tarifkalkulation für notwendig.
Die von den BWB vorgelegte Broschüre enthält in durchaus allgemeinverständlicher Form sowohl die der Tarifkalkulation zugrunde gelegten rechtlichen Bestimmungen als auch Erläuterungen zur betrieblichen Anwendungspraxis.
Wie man allerdings dann auf die Idee verfallen kann, die Tarifkalkulation beispielhaft am Tarif für die Entsorgung von Fäkalwasser aus abflußlosen Sammelgruben (!), der kaum jemanden betrifft (0,3 % der BWB-Umsätze), zu illustrieren statt an den Jedermann-Tarifen für Trink- oder Abwasser, ist schleierhaft (vgl. auch Editorial Seite 1641). Transparenz sieht anders aus. Wenigstens sind erstmals und strukturell übersichtlich die wesentlichen (keineswegs alle) Kosten- und Ertragspositionen des Jahres 2008 für alle fünf Tarife – Trink-, Schmutz-, Niederschlags- und Fäkalwasser sowie Fäkalschlamm – auf einer Seite tabellarisch mit den sich daraus ergebenden jeweiligen Entgelten dargestellt (vgl. Seite 1656).
Mit einem Blick erschließt sich so, wo die enormen Gewinne der BWB herkommen und was die Tarife Jahr für Jahr in die Höhe treibt – nicht die tatsächlichen Kosten, sondern die kalkulatorischen: Allein bei Wasser und Abwasser liegen die Ansätze für kalkulatorische Abschreibungen auf Wiederbeschaffungszeitwerte und die kalkulatorischen Zinsen auf das betriebsnotwendige Vermögen bei sage und schreibe 435,1 Mio. € für 2008, wogegen sich die Personalkosten mit 232,5 Mio. € geradezu bescheiden ausnehmen. Wenn man dabei berücksichtigt, daß der größte Teil des betriebsnotwendigen Kapitals durch die Entgelte der Kunden geschaffen wurde, für das sie nun auch noch Zinsen (2008: 7,7 %) und kalkulatorische Abschreibungen bezahlen sollen, wird klar, daß die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe – in erster Linie verantwortet durch die damalige SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing und ihren Gefolgsmann, den SPD-Fraktionsvorsitzenden Klaus Wowereit – ein geradezu gigantisches Geschäft zu Lasten Dritter war – der Berliner.
Die Kalkulation für die Regenwasserbeseitigung auf öffentlichen Grundstücken – der Senat ist kürzlich zu einer Nachzahlung von fast 300 Mio. € verurteilt worden – haben die BWB nicht vorgelegt (vgl. letzte Spalte der Tabelle), auch nicht auf unsere ausdrückliche Nachfrage, obwohl sie nach den jüngsten Entscheidungen des OVG Berlin dazu verpflichtet sind. Begründung: Es gebe einen Sondervertrag mit dem Land Berlin. Und über diesen Vertrag wird zu Lasten aller Berliner Tarifkunden geschummelt: Beim Land Berlin setzen die BWB kalkulatorische Abschreibungen auf die niedrigen (historischen) Anschaffungskosten statt auf den Wiederbeschaffungszeitwert an. Das muß Folgen haben.