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Die Macke „Gerechtigkeit“
14.12.2007 (GE 23/2007, 1569) Anläßlich des jüngsten Gerichtes soll über Gerechte und Ungerechte geurteilt werden – nicht hier und nicht heute. Das hindert die Leute nicht daran, schon hier und heute permanent nach "Gerechtigkeit" zu rufen.

Die Macke „Gerechtigkeit“

Hartz IV ist ungerecht, die Abschaffung der Pendlerpauschale ist ungerecht, die Erhöhung des Rentenalters auf 67 ist ungerecht – und so geht es endlos weiter. Der Gewinn der einen ist ungerecht, der Verlust der anderen auch.
Es gibt eine dezentere Variante für Ungerechtigkeit, etwa in der Form, daß etwas "nicht gerechtfertigt" ist: die Gehälter von Vorstandschefs, die Diäten der Abgeordneten – aber auch die Erhöhung von Benzin-, Strom-, Wasser- und Fahrkartenpreisen. Werden dagegen Kindergartenplätze gratis angeboten, so ist es wiederum ungerecht, den Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, keinen finanziellen Ausgleich zu zahlen.
Was zeigen uns diese Beispiele? Sie zeigen nicht, daß es überall und ständig "ungerecht" zuginge in diesem Lande – nein, sie zeigen nur eines: daß der Vorteil der anderen und die eigene Benachteiligung als "ungerecht" empfunden werden – oder noch einfacher: Alles, was ich nicht kriege, andere aber haben, ist – "ungerecht".
Man sieht – es geht in Wahrheit gar nicht um die vermeintliche "Gerechtigkeit", es geht vielmehr um den eigenen Vorteil. Mehr noch: Es kann um gar nichts anderes gehen, denn Gerechtigkeit ist als absolute Größe gar nicht definierbar. Selbst wenn nämlich in einer Gesellschaft alle das gleiche Gehalt bekämen, so wäre das herzlich ungerecht bei Betrachtung der Leistungsunterschiede zwischen Faulen und Fleißigen, Schwachen und Starken, Betrügern und Betrogenen. Und weil das so ist, bleibt es bei der auf die biblische Ewigkeit gemünzten Feststellung: Gerechtigkeit gibt es (vielleicht) im Himmel – und sonst nirgendwo! Amen!
Die Konsequenz? Gerechtigkeitskämpfe sind in Wahrheit Machtkämpfe, Verteilungskämpfe. Am besten verdeutlicht das wohl die Idee von der "Steuergerechtigkeit". Dabei sind Steuern hoch oder niedrig, progressiv oder linear – gerecht sind sie nie. Immobilieneigentümer können ein Lied davon singen. Angefangen bei der Grunderwerbsteuer über die Grundsteuer bis zur Erbschaftsteuer: Von einer "gerechten" Belastung der jeweils Betroffenen kann nie die Rede sein – das liegt auch gar nicht mehr in der Absicht des Gesetzgebers, sofern es diese Absicht je gegeben haben sollte. Denn warum der Verkauf eines Grundstücks in Berlin mit 4,5 %, in Potsdam dagegen nur mit 3,5% belastet ist, entzieht sich normaler Logik. Hier wie auch bei den meisten anderen Steuern gilt vielmehr eine andere konsequentere Erkenntnis: Hol Dir das Geld, wo Du es kriegst – zwangsweise, denn freiwillig zahlt kein Mensch auch nur einen Euro an diese Umverteilungsmaschinerie namens Staat.
Weshalb auch alle Überwachungssysteme vervollkommnet werden, die die moderne Technik hergibt. Beschwert sich der Bürger, daß ihm das Finanzamt jederzeit in seine Bankkonten hineinschauen könnte, so guckt ihn der zuständige Beamte verständnislos an und fragt: Na und? Is was? Denn auch hier findet ja ein Kampf statt, nichts anderes. Der Fiskus will viel haben, der Bürger will alles behalten, denn er ist der Meinung, er, der Bürger, wisse am besten, was mit seinem Geld anzufangen sei.
Ganz besonders in Sachen Erbschaftsteuer. Da wird sonntags der Mittelstand (der ja auch Grundvermögen besitzt) gestreichelt, ab Montag wird er dann geschröpft. Ungerecht? Nein, Normalverhalten!
Autor: Dietmar Otremba