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Hundekot adé
14.12.2007 (GE 23/2007, 1576) Was der Maler George Grosz mit pointiertem Blick und Pinselstrich wohl aus dem gemacht hätte, was die Berliner Stadtreinigungsbetriebe und die Wall AG kürzlich auf dem nach dem Maler benannten Berliner Platz am Kurfürstendamm trieben?
Wir wissen es nicht, aber ganz sicher begreifen sich die beiden Unternehmen als "Stützen der Gesellschaft", wenn auch nicht in dem Sinn, wie ihn George Grosz in seinem berühmtestens Bild, das diesen Titel trägt, verwirklicht hat. Jedenfalls übergaben Vera Gäde-Butzlaff, die Vorstandsvorsitzende der BSR, und Daniel Wall, Vorstandsvorsitzender des Berliner Stadtmöbel-Herstellers, auf dem George-Grosz-Platz eine von 50 "Dog-Service-Stelen" an den Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler, und den Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Ekkehard Band. Was heißt schon übergaben? Sie "präsentierten und weihten" sie ein, wie es in einer Presseerklärung hieß, was immer da unter Einweihen verstanden worden sein mag. Wir waren nicht dabei. Wir lesen nur, daß es um einen "großen Beitrag zur Sauberkeit in der Hauptstadt" geht. Und natürlich um Hundekot, die Geißel, mit der uns unsere Vierbeiner täglich hunderttausendfach schlagen, und den keiner mag, obwohl das Reinlatschen ja angeblich Glück bringen soll, wenn man dem Volksmund glaubt. Weshalb die Berliner angesichts so vieler Gelegenheiten zu den glücklichsten Menschen auf dem Erdenrund gerechnet werden müßten. Zum Glück wollen Wall und die BSR uns von derlei Aberglauben ein wenig befreien. Zumindest in den beiden genannten Gebieten und für ein Jahr "kostenlos", was wohl bedeuten soll, daß nicht die Hundehalter, sondern wir alle dafür blechen sollen. Jedenfalls hört sich "Dog-Service-Stelen" (Englisch + Griechisch) im Vergleich zu "Hundetoiletten" (Deutsch + Französisch) ziemlich postmodern an. In den Stelen gibt es umweltfreundliche natürlich Papiertüten, die sich "schaufelartig" entfalten, den Hunde-Restmüll aufnehmen und so verpackt wieder in der Stele landen können bitte nicht in dem Teil, der die Papiertüten enthält! Die Bedienung funktioniere auch "per Fußpedal" und erspare "jeglichen Hautkontakt". Wenn man nicht gerade barfuß geht und nicht ohnehin der Meinung ist, daß in erster Linie der Kot-Kontakt verhindert werden soll. Auf 50 bleiben wir mal bei der Art der Namensgebung "Human-Service-Stelen" kommen wir in den beiden Bezirken noch nicht. Aber kommt Zeit, kommt Wall. Zur Reduzierung der Hundehaufen in der Stadt gäbe es allerdings auch andere Wege: eine Verzehnfachung der Hundesteuer beispielsweise. Jetzt sind wir nur noch gespannt, wann der erste den griechischen Begriff "Stele" (= Grabsäule) wörtlich nimmt und nicht das Produkt, sondern den Verursacher entsorgt.
Autor: Dieter Blümmel