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Der Kampf der Klauseln
Regine Paschkes (VRi'inLG) Unjuristische Betrachtungen
29.11.2007 (GE 22/2007, 1497) In Flora, Fauna – und im Mietrecht herrscht purer Darwinismus. Der brutalste Überlebenskampf findet derzeit im Bereich der (Schönheitsreparatur-) Klauseln statt. Im kleingedruckten Mikrokosmos der Mietvertrags-AGB wird summiert, verdrängt und notfalls infiziert, was das Zeug – respektive das Recht – hergibt.

Der Kampf der Klauseln

Selbst biologische Waffen scheinen erlaubt: "Der Bestand der Schönheitsreparaturklausel kann daher nur unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Summierungseffekts in Gefahr geraten. Die Problematik der Summierung ist streng von derjenigen der Infektion zu trennen …" (Artz, NZM 2006, 924).
Das bisherige Motto lautet: "Klausel gegen Klausel", wird vom BGH periodisch wiederholt und kennt letztendlich keine Gnade. Mimikry ist überlebenstechnisch von Vorteil – wer transparent ist, wird vom Feind nicht gefunden: "Die Formulierung der Klausel … gibt damit dem Vermieter zumindest die Möglichkeit, den Mieter auf eine unangemessen hohe Quote in Anspruch zu nehmen, ohne daß der Mieter dem unter Hinweis auf den Wortlaut der Klausel entgegentreten könnte. Das soll durch das nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich normierte Transparenzgebot verhindert werden …" (BGH vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Auch Flexibilität kann das Überleben als Klausel im Dschungel der Mietvertrags-AGB erleichtern – was weich und biegsam ist, wird nämlich nicht gebrochen: "Die Klausel in § 10 Ziff. 6 des Mietvertrags ist allerdings nicht bereits deshalb unwirksam, weil die ihr zugrunde liegende, in § 10 Ziff. 3 des Formularvertrags geregelte Schönheitsreparaturverpflichtung des Mieters einen 'starren' Fristenplan enthielte und diese Klausel daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wäre … Denn § 10 Ziff. 3 des Mietvertrags, wonach sich der Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen 'im allgemeinen' innerhalb der nach der Nutzungsart der Räume gestaffelten Fristen von drei, fünf bzw. sieben Jahren auszuführen, enthält einen – zulässigen – flexiblen Fristenplan …" (BGH vom 18. Oktober 2006 - VIII ZR 52/06, GE 2006, 1542).
Richtig gefährlich wird es erst in dunkler Zukunft, wenn extraterrestrische Wesen in schwarzen Roben aus dem Südwesten des Imperiums zum Finale versuchen werden, endgültig die Macht über das Klauselwerk zu erlangen in der unbeirrbaren Absicht, es endgültig in die Flucht zu schlagen (= Order 08): Verzweifelt werden sich verschiedene Klauseln bemühen, ihr Gesicht so zu ändern, auf daß sie unerkannt und damit unentdeckt bleiben – aber es wird ihnen nichts nützen, denn "ein bißchen Überleben" gibt es hier nicht: "Dies wäre indessen eine inhaltliche Veränderung der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen und damit der Sache nach eine geltungserhaltende Reduktion der unangemessenen Formularvertragsregelung, die auch dann nicht zulässig ist, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche Ausgestaltung wie hier in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind …" (BGH vom 28. März 2007 - VIII ZR 199/06, GE 2007, 717). Sie werden alle aufgespürt, und der intergalaktische Konflikt droht zu eskalieren. Die künstliche Intelligenz der AGB vermag letztendlich dem Angriff der Hüter des Rechts nicht standzuhalten.
Zwar ohne Laserschwert, aber nicht minder effektiv "Im Namen des Volkes" wird schließlich noch der allerletzten Schönheitsreparatur-Klausel der Garaus gemacht. Und so hat zu guter Letzt selbst die hartnäckige Quotenklausel ein Einsehen in die bittere Realität der juristischen Niederlage und gibt auf; sie und die anderen AGB räumen das Feld für den neuen Herrscher, den § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, der dann mit milder Güte die Mietvertrags-Welt beherrscht. Die alten Fristen-, Quoten- und Wie-sie-alle-heißen-Klauseln aber verbringen ihr Dasein von Stund an in einem Lichtjahre entfernten Parallel-universum, das in der Datei "Es war einmal …" abgelegt ist.
Alles, was gegen die Natur ist, hat auf die Dauer keinen Bestand.
Charles Darwin