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Keine Extrawurst
Nachbarrecht gilt auch unter Wohnungseigentümern
29.11.2007 (GE 22/2007, 1526) Ist Wohnungseigentümern oder Bruchteilseigentümern an räumlich abgegrenzten Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks ein Sondernutzungsrecht zur Benutzung als Garten eingeräumt worden, gelten für "Nachbarstreitigkeiten" die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechts entsprechend, entschied der BGH.
Der Fall: Wohnungseigentümern in einer Reihenhausanlage wurde jeweils ein räumlich abgegrenzter Teil der hinter den Reihenhäusern liegenden Gartenfläche durch Vereinbarung zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Die Gartenfläche gehörte nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern stand im Bruchteilseigentum der Wohnungseigentümer. Die Eigentümer zweier aneinandergrenzender Reihenhäuser kamen sich wegen der vorhandenen Anpflanzung in die Haare. Der eine verlangte, daß der Nachbar eine Reihe von Bäumen und Sträuchern, die nahe der Grenze zu seinem eigenen Gartenteil standen, entfernen bzw. herunterschneiden sollte. Die erstinstanzlichen Gerichte hatten der Klage auf Beseitigung bzw. Rückschnitt der Bäume im wesentlichen stattgegeben und angenommen, daß die Vorschriften des landesrechtlichen Nachbarrechtsgesetzes (in diesem Fall Nordrhein-Westfalen) entsprechend anzuwenden seien, obwohl es zwischen den Eigentümern der beiden Reihenhäuser keine Grenze im Sinne des Nachbarrechtsgesetzes gab. Der BGH folgte dieser Auffassung.

Das Urteil: Bei Wohnungseigentümern – und das sei nahezu unbestritten – werde angenommen, daß bei Streitigkeiten über die Bepflanzung unmittelbar benachbarter Gartenteile, an denen jeweils einem der Eigentümer ein Sondernutzungsrecht zustehe, nachbarrechtliche Vorschriften – etwa die über Grenzabstände von Bäumen und Sträuchern – entsprechend Anwendung fänden. Dieser Auffassung folgt auch der BGH.
Für Bruchteilseigentümergemeinschaften – wie im vorliegenden Fall – gelte, so der BGH, grundsätzlich nichts anderes. Bruchteilseigentümer seien im Hinblick auf "ihre" Teilflächen wie Alleineigentümer anzusehen, weshalb zwischen ihnen ein nachbarschaftsähnliches Verhältnis bestehe. Dieses rechtfertige die Anwendung nachbarrechtlicher Vorschriften – und zwar sowohl die des Bundesrechts als auch die – zuweilen präziser gefaßten (z. B. was die Ausschlußfrist für die Geltendmachung nachbarrechtlicher Ansprüche betrifft) des Landesrechts.
Grundsätzlich möglich ist es auch, daß bei Bruchteilseigentum oder Wohnungseigentum u. U. sogar noch weitergehende Rücksichtnahmepflichten gelten als im allgemeinen Nachbarrecht, wenn entsprechende Anhaltspunkte (etwa in Form von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer) vorliegen.

BGH, Urteil vom 28. September 2007 - V ZR 276/06 - Wortlaut Seite 1560