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Denkmalschutz an der kurzen Leine
02.11.2007 (GE 21/2007, 1401) Denkmalschutzbehörden in der Bundesrepublik haben nicht einfach einen Amtssitz. Nein, sie domizilieren oder residieren, besonders gern in einem Baudenkmal. So auch das Potsdamer Denkmalschutzamt.

Denkmalschutz an der kurzen Leine

Bis vor kurzem jedenfalls war noch das frühere Kommandantenhaus, ein rund 250 Jahre altes Barockpalais, Heimstatt für die umstrittenen, weil oft überheblichen Denkmalschützer unter Andreas Kalesse. Jetzt mußte er mit seinen Mannen 500 Meter weiter in einen häßlichen und tristen Plattenbau ziehen, und niemand im Rathaus konnte glaubhaft dementieren, daß es sich dabei um eine Strafaktion handelte. Als der Fernsehmoderator Günter Jauch vom Berliner Architekten- und Ingenieurverein für sein Engagement um die Potsdamer Bausubstanz die Schinkelmedaille erhielt, nutzte er die Verleihung des Schinkelpreises zu einer öffentlichen Philippika gegen die Denkmalschützer. Seine Vorwürfe wurden später durch ein von der Potsdamer Stadtverwaltung in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigt. Der renommierte Berliner Verwaltungsrechtler Professor Ulrich Battis attestierte dem Denkmalamt – verkürzt gesagt – Willkür und Selbstherrlichkeit. Mit dem Umzug in ein Beton gewordenes Zeugnis sozialistischer Baukunst rücken die Potsdamer Denkmalschützer wieder mehr in den Blickpunkt und damit auch unter die Kontrolle der Bauverwaltung, die im selben Hause sitzt – als Bestrafung wollte die Potsdamer Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD) den Umzug aber nicht verstanden wissen. Wie auch: Eine größere Nähe zum Chef wird – jedenfalls von diesem, höchstselten aber von den Untergebenen – meist als Belohnung verstanden. Daß Potsdams oberster Denkmalschützer Andreas Kalesse sich von Vorgesetzten aber in die Suppe spucken läßt, wäre eine vorschnelle Vermutung. Das durfte Elke von Kuick-Frenz schon an dem Tage erfahren, als sie den Umzug vor der Presse verkündete. Ungerührt gab Kalesse bekannt, man versuche die emotionalen Probleme mit der neuen Behausung dadurch zu lösen, daß man auch den jetzt bezogenen Plattenbau unter Denkmalschutz stelle. Eine entsprechende Bitte sei an das Landesdenkmalamt bereits ergangen. Teilnehmer der Pressekonferenz berichten von einer entgeisterten Nachfrage der Baubeigeordneten, die das offenbar für einen mehr oder minder gelungen Witz des Denkmalamtsleiters hielt. Der aber bekräftigte ungerührt: Nein, das sei kein Spaß. Subordination sieht anders aus.
Autor: Dieter Blümmel