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Mietrückstände
Betreuer haftet bei unterlassener Sonderkündigung
20.11.2000 (GE 20/2000, 1363) Unterläßt ein Betreuer - etwa ein Sozialarbeiter - pflichtwidrig, das Mietverhältnis eines Betreuten zu kündigen, haftet er auf Schadensersatz.
Der Fall: Ein Ehepaar hatte eine Wohnung gemietet. Erst starb der Mann, dann starb die Frau. Da ihr Sohn, der Alleinerbe war und eine eigene Wohnung in einem anderen Stadtbezirk hatte, nicht in der Lage war, seine eigenen Angelegenheiten ordentlich zu regeln, war vom Vormundschaftsgericht deshalb ein Betreuer (Sozialarbeiter) eingesetzt worden, dessen Aufgabe es war, sich um das Vermögen des Sohnes, um dessen Rentenangelegenheiten und um die Regelung des Nachlasses zu kümmern. Nach dem Tod der Mutter wurde die Miete eine Zeitlang von ihrem Sohn weitergezahlt, weil der die Wohnung der Mutter nicht aufgeben wollte. Nach ein paar Monaten stellte der Sohn allerdings die Mietzahlungen ein. Der vom Vormundschaftsgericht eingesetzte Betreuer erfuhr von der geerbten Wohnung und den inzwischen angelaufenen Mietrückständen, unterließ aber eine Kündigung, da der betreute Sohn einer Kündigung, die der Betreuer für notwendig hielt, ausdrücklich widersprach. Erst viel später nach fristloser Kündigung des Vermieters wurde die Wohnung zurückgegeben. Der Vermieter erwirkte alsdann einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, in dem die Schadensersatzansprüche des Betreuten gegen den Betreuer wegen der unterlassenen Kündigung gepfändet wurden. Darauf gestützt erhob er Zahlungsklage gegen den Betreuer.
Das Urteil: Das Landgericht Berlin gab mit Urteil vom 20. Dezember 1999 der Zahlungsklage statt. Das Landgericht stellte fest, daß der Betreuer seine Pflichten zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen des Betreuten verletzt hatte, da er das wirtschaftlich unsinnige geerbte Mietverhältnis nicht gekündigt hatte. Eine entgegenstehende „Weisung“ des Betreuten war unbeachtlich, denn schließlich war ja der Betreuer gerade deshalb eingesetzt worden, weil der Betreute seine Vermögensangelegenheit nicht selbst wahrnehmen konnte. Mit der erforderlichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zur Kündigung nach § 1907 BGB sei zu rechnen gewesen; der Betreuer hafte also auf Unterlassung der Sonderkündigung nach § 569 BGB. Das Sonderkündigungsrecht des Erben des Mieters ist allerdings fristgebunden; nach der Rechtsprechung muß der Erbe etwa zwei Wochen nach Kenntnis vom Tod des Mieters das Kündigungsrecht ausüben. Das Landgericht meinte hier - sehr weitgehend -, nach der Kenntnis von allen Umständen sei dem Betreuer ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten zur Überlegung einzuräumen. Wenn der Erbe des verstorbenen Mieters psychisch krank oder geistig behindert ist (§ 1896 BGB), muß der Vermieter also noch Monate oder gar Jahre nach dem Tod mit der Ausübung des Sonderkündigungsrechts durch den Betreuer rechnen.
LG Berlin, Urteil vom 20. Dezember 1999 - 34.O.433/99.
Den Wortlaut des gesamten Urteils finden Sie abgedruckt in der Zeitschrift GE (Nr./Jahr/Seite) 20/2000, 1394.