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Trouble um Diepgen-Ehrung
21.09.2007 (GE 18/2007, Seite 1209) Eberhard Diepgen, der Anfang September 65 Jahre alt geworden ist, ist zwar nicht mehr im Amt, aber doch noch in Würden (er ist u. a. Ehrenvorsitzender der Berliner CDU), und demnächst wird eine neue hinzukommen: Er wird der 298. Träger des Berliner Verdienstordens.

Trouble um Diepgen-Ehrung

Diesen Orden gibt es seit genau 20 Jahren, gestiftet anläßlich der Berliner 750-Jahr-Feier vom damaligen Senat, an dessen Spitze der künftige Ordensträger Eberhard Diepgen stand. Daß man nicht noch zwei weitere Würdenträger fand, die man vor Diepgen hätte einschieben können, um ihn zum 300. Ordensritter zu machen, ist vielleicht nur Zufall, möglicherweise aber auch feinsinniger sozialdemokratischer Regie zu verdanken. Bei solchen Kleinigkeiten sind unsere Politiker meistens ganz groß. Man darf gespannt sein, wie Diepgens Nachfolger Klaus Wowereit bei der Ordensübergabe den Spagat bewältigen wird: Eberhard Diepgens "hervorragende Verdienste um die Stadt" (das ist Voraussetzung für die Ordensverleihung) zu würdigen, wo doch eben dieser Wowereit seine Karriere ausgerechnet der Fähigkeit verdankte, Diepgens Fehlleistungen (Bankenskandal, Haushaltsverschuldung etc.) publikumswirksam zu geißeln. Aber das wird nicht Wowereits einzige Hürde sein. Bei seinem Koalitionspartner, den Linken, löste die beabsichtigte Ehrung für Diepgen mächtiges Bauchgrimmen aus. Das dürfte allerdings zu bewältigen sein, eilten doch unfreiwillig Ewiggestrige dem Berliner Regierungschef zu Hilfe: Der Abgeordnete Wolfgang Brauer aus der Berliner Linksfraktion kam mit einem ironischen Kompensationsvorschlag: Wenn man Diepgen den Berliner Verdienstorden verleihe, sei es nur recht und billig, dem früheren DDR-Staatslenker Erich Honecker ein Berliner Ehrengrab zu gönnen, weil ja nicht nur unter Diepgen, sondern auch unter Honecker "nicht alles schlecht" gewesen sei. Mit der Argumentation freilich wurden in Deutschland schon ganz andere politische Schurken verteidigt. Denjenigen, der letzten Endes für den Schießbefehl an der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze verantwortlich war, wenn auch nur ironisch für ein Ehrengrab vorzuschlagen, um einen zu diskreditieren, dem zwar sicherlich nicht alles gelungen ist, der aber im Vergleich zu Honecker eine Lichtgestalt war, ist schon ein gutes Stück Sittenverfall. Solche Einlassungen dürften es Wowereit leicht machen, die Widerstände gegen Diepgens Ehrung in den Reihen seines bockigen Koalitionärs zu überwinden.
Autor: Dieter Blümmel