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Als Teil der Hausreinigungskosten
Kosten der Beseitigung von Graffiti sind Betriebskosten
21.09.2007 (GE 18/2007, Seite 1221) Die Kosten der Beseitigung von Graffiti sind als Betriebskosten umlegbar, entschied das AG Mitte. Das gelte jedenfalls dann, wenn Graffiti als reine Verschmutzungen zu betrachten und keine Substanzverletzungen seien. Außerdem enthält die Entscheidung weitere interessante Ausführungen zur Wirksamkeit von Betriebskostenabrechnungen.
Der Fall: Die Klägerin (Vermieterin) machte gegen die Beklagte (Mieterin) Nachforderungen aus einer Betriebskostenabrechnung geltend. Gegen die Abrechnung führt die Mieterin folgendes ins Felde: Die Abrechnung setze sich unzulässigerweise aus zwei Teilabrechnungen zusammen; bei der Abrechnung der Müllkosten sei von zwei unterschiedlichen Flächen ausgegangen worden; die Grundsteuer sei unrichtig berechnet; der Ansatz von Hauswartkosten sei, weil in der Vergangenheit auch nicht abgerechnet, unzulässig, die Kosten der Graffiti-Beseitigung seien nichtabwälzbare Instandhaltungs- und keine umlagefähigen Betriebskosten, und der Ansatz von Kosten für die Ungezieferbekämpfung sei auch unzulässig, weil sie nicht in regelmäßigen Abständen anfielen. Die Vermieterin drang mit ihrem kompletten Anspruch durch.

Das Urteil: Das AG Mitte vertrat die Auffassung, die Kosten der Beseitigung von Graffiti seien Betriebskosten, es sei denn, sie dienten der Beseitigung einer Substanzverletzung nach Sachbeschädigung. Die Kosten der Beseitigung von Farbschmierereien seien Kosten der Hausreinigung.
Im Hinblick auf die anderen Einwendungen der Mieterin entschied das Gericht:
- Eine Betriebkostenabrechnung dürfe durchaus aus zwei Teilabrechnungen bestehen, wenn diese in einer Erklärung zusammengefaßt würden und Bezug aufeinander nähmen;
- die beanstandete unterschiedliche Flächenangabe habe ihren Ursprung in einem zulässigerweise gemachten Vorwegabzug für Gewerbe – das hätte zwar erläutert werden müssen, sei aber auch zumindest im Prozeßverlauf geschehen;
- die Umlage von Hauswartkosten sei im Mietvertrag vereinbart gewesen, daß Hauswartkosten in früheren Abrechnungen vergessen worden seien, schade nicht; - der Berechnung von Ungezieferbekämpfungskosten stehe nicht entgegen, daß sie nur alle drei Jahre anfielen.

Anmerkung: Daß die früher eingängige Volksweisheit "Nur Narrenhände beschmieren Tisch und Wände" heute unverändert gilt, kann jeder Vermieter leidvoll bestätigen, dessen Haus von angeblichen Künstlern mit Graffiti-Schmierereien verziert wurde. Versucht der Vermieter dann, die Kosten für die Graffiti-Beseitigung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung umzulegen, sind die Mietervertreter die ersten, welche die Umlegbarkeit der Betriebskosten unter Hinweis auf angebliche Instandhaltungskosten ablehnen. Diese pauschale Behauptung wird dann ebenso ungeprüft von den meisten Gerichten übernommen (vgl. AG Köln WM 2001 515). Diesem pauschalen Vorbringen ist das Amtsgericht Mitte mit der Entscheidung mutig entgegengetreten und hat die Kosten der Graffiti-Beseitigung nicht der Instandhaltung zugeordnet, sondern den Kosten der Gebäudereinigung.
Das überzeugt. Nach der Definition der Betriebskostenverordnung sind Instandhaltungskosten nur solche Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterungs- und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen, § 1 Abs. 2 Ziff. 2 BetrKV.
Die Graffiti-Beseitigung im Hausflur oder an der Fassade ist keine Maßnahme zur Beseitigung eines Mangels, der durch die bestimmungsgemäße oder außergewöhnlich Abnutzung von Teilen des Gebäudes hervorgerufen wurde – etwa wie verschlissenes Linoleum im Hausflur, das durch ständiges Begehen abgenutzt wird und dann irgendwann erneuert werden muß. Das Aufbringen von Graffiti führt auch nicht zu einer Alterung von Gebäudeteilen. Anders als eine Aufzugsanlage, die technisch veralten kann und dann eben erneuert werden muß, werden Fassade oder Hausflur selbst durch Graffiti-Schmierereien keinem Alterungsprozeß unterworfen. Deren Funktion als Dämmung und Schutz vor Witterungsunbilden wird durch Graffiti nicht beeinträchtigt. Bei Graffiti handelt es sich auch nicht um Witterungseinwirkungen – im Gegenteil: Wind und Wetter können in der Regel Graffiti leider nichts anhaben.
Bei den Beseitigungskosten handelt es sich auch um regelmäßig auftretende Kosten im Sinne des § 1 BetrKV. Wie ein Gang durch Berlin verdeutlicht, ist in fast allen Bezirken stetig und ständig und immer wieder neu mit Gebäudeverunreinigungen durch Graffiti zu rechnen. Wenn jedoch Graffiti immer wieder auftreten, ist auch der Vermieter immer wieder gehalten, diese zu beseitigen – sei es, weil er den Wert seiner Immobilie erhalten will, sei es, weil er aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften (vgl. § 9 Abs. 3 BauO Bln) dazu gezwungen wird. Damit handelt es sich um regelmäßig anfallende Kosten, die genauso regelmäßig anfallen wie die Reinigung eines verschmutzten Hausflurs. Der Unterschied besteht lediglich darin, daß Hausflure i. d. R. in kürzeren Zeitabständen gereinigt werden müssen. Derartig laufende Kosten der Unterhaltung des Gebäudes sind jedoch grundsätzlich, auch wenn sie in längeren periodisch wiederkehrenden Zeitabschnitten anfallen, als Betriebskosten umlegbar.
In Rechtsprechung und Literatur wird die Umlegbarkeit von Sperrmüllabfuhren unter Hinweis darauf bejaht, daß sich dieser sachwidrige Umgang der Mieter eingebürgert habe, so daß von einem bestimmungsgemäßen Gebrauch auszugehen sei, mit der Folge, daß der Vermieter notgedrungen regelmäßig für eine Abfuhr zu sorgen hat. Für die regelmäßige Beseitigung von Graffiti kann meines Erachtens nichts anderes gelten (vgl. auch Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., Rn. 150, 146 zu § 556 BGB). Wie auch bei der regelmäßigen Sperrmüllabfuhr wird auch der Vermieter im Rahmen der Graffiti-Beseitigung aufgrund äußerer Umstände gezwungen, diese Arbeiten regelmäßig vornehmen zu lassen, will er sich nicht Minderungsansprüchen der Mieter ausgesetzt sehen (vgl. AG Charlottenburg GE 2007 [3] 227).
Daß es sich bei der Beseitigung von Graffiti auch nicht zwingend um Instandhaltung handeln muß, verdeutlicht auch der Streit darüber, ab wann bei Graffiti-Schmierereien von einer Sachbeschädigung auszugehen ist. Da teilweise vertreten wird, Graffiti stellten nicht ohne weiteres eine Sachbeschädigung dar, diese folge zum Teil erst aus der anschließenden Reinigung, wenn dabei die Substanz der betroffenen Wand Schaden nehme (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O. Rn. 170), wird in der Literatur bei den Kosten in der Sach- und Haftpflichtversicherung die pragmatische Auffassung vertreten, daß es dem Vermieter nicht zuzumuten ist, einen Auslegungsstreit darüber zu führen, ob ein Graffiti noch nicht oder schon als Sachbeschädigung zu bewerten sei. Auch im Rahmen der Gebäudereinigungskosten würde es zu einer Überdifferenzierung führen, wenn der Vermieter im Rahmen der Betriebskostenabrechnung gezwungen würde, zunächst Art und Umfang der Graffiti jedes Mal zu dokumentieren, um dann Jahre später vor Gericht darüber streiten zu können, ob ein Graffito eine Sachbeschädigung und seine Beseitigung somit einer Instandhaltung darstellt.
Da überdies auch in anderen Bereichen Instandhaltungskosten im Rahmen der Betriebskostenabrechnung nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind (z. B. bei der Gartenpflege [Nr. 10 der BetrKV] sowie bei jeder Form von Wartungskosten für Wassermengenregler, Heizungen, Warmwasserregler, Aufzug und Gemeinschaftsantenne), wird deutlich, daß ein pauschaler Verweis auf Instandhaltung nicht geeignet ist, den grundsätzlich bestehenden Anspruch des Vermieters auf Umlage der Kosten der Graffiti-Beseitigung zu Fall zu bringen.

AG Mitte, Urteil vom 27. Juli 2007 - 11 C 35/07 - Wortlaut Seite 1259
Autor: RA Thomas Schulze